Sie möchten durch Ihren Beitrag in Erfahrung bringen, wieso man, konkret an Ihrem Beispiel festgemacht, nicht
Kann es sein, ob… fragen kann. Hierzu schauen wir uns zunächst die Subjunktionen
ob und
dass an, gehen anschließend zu Subjekt- und Objektsätzen über und werfen zum Schluss einen Blick auf das Modalverb
können und den Modalausdruck
möglich.
Im Allgemeinen haben
Subjunktionen die Funktion, Nebensätze oder Infinitivgruppen syntaktisch einem übergeordneten Satz unterzuordnen. Typisch für Nebensätze ist die
Verbletztstellung, die automatisch eintritt, sobald der Satz untergeordnet wird:
(1) Anna und Tom gehen ins Schwimmbad. Es ist sehr heiß. (Verbzweitstellung)
(2) Anna und Tom gehen ins Schwimmbad, [weil] es sehr heiß ist. (Verbletztstellung)
Auch die Wörter
dass und
ob gehören in die Gruppe der Subjunktionen. Sie können zur Bildung von Subjekt-, Objekt- und Attributsätzen dienen (wie wir später noch besprechen werden). Die beiden Subjunktionen unterscheiden sich jedoch darin, nach welchen Ausdrücken sie gebraucht werden.
Dass steht nach
Ausdrücken der Sicherheit, während
ob nach
Ausdrücken der Unsicherheit, der Frage und
des Zweifels verwendet wird (nachzulesen in der Dudengrammatik unter Randnummer 942).
(3) Frau Müller weiß, dass sie ihren Job gut erledigt. (weiß = Ausdruck der Sicherheit)
(4) Frau Müller fragt sich, ob sie ihren Job gut erledigt. (fragt sich = Ausdruck der Unsicherheit, des Zweifels)
(5) Weißt du, ob Frau Müller ihren Job gut erledigt?
(5’) Weißt du, dass Frau Müller ihren Job gut erledigt?
Die Beispielvarianten (5) und (5’) sollen den Bedeutungsunterschied noch einmal in Hinblick auf das
Wissensgefälle aufzeigen: In (5) ist sich der Fragende unsicher, ob Frau Müller ihren Job gut erledigt. Über die Frage möchte er sich selbst Informationen einholen und erhofft sich, diese von seinem Gegenüber zu erhalten. Im Unterschied dazu weiß der Fragende in (5’) sicher, dass Frau Müller dies tut. Die Frage dient daher primär dazu, sein Gegenüber zu informieren bzw. sich selbst über das Wissen seines Gegenübers zu informieren. Sie können diese Bedeutungsunterscheidung auch auf Ihr Beispiel übertragen:
(6) Weißt du, ob es morgen regnet? (Regnet es morgen? = Interesse am Sachverhalt)
(6’) Weißt du, dass es morgen regnet? (Weißt du [das]? = Interesse am Wissen des Gegenübers)
Für das allgemeine Verständnis des Satzes beleuchten wir nun die funktionale Perspektive. Hierbei halten wir uns jedoch kurz, um nicht von Ihrer Frage abzukommen:
Wie bereits ankündigt, können die Subjunktionen
dass und
ob Subjekt-, Objekt- und
Attributsätze einleiten. Anhand Ihres Beispiels: Das Verb
wissen fordert eine Person, die etwas weiß, und einen zu wissenden Gegenstand. Beispiel (7) soll nun zeigen, dass auch Sätze die Funktion von Satzgliedern übernehmen können.
(7) Du [Subjekt] weißt [Prädikat] alles [Akkusativobjekt].
(7‘) Du [Subjekt] weißt [Prädikat], dass die Erde rund ist [Akkusativobjekt].
* Du weißt. [Was weißt du?]
Nun zu Ihrer eigentlichen Frage:
(8) Kann es sein, dass es morgen regnet?
* Kann es sein, ob es morgen regnet?
Bei
kann handelt es sich um ein
Modalverb mit dem
Merkmal Möglichkeit. Eine alternative Formulierung mit
Modalausdruck (
möglich) lautet:
(8’) Ist es möglich, dass es morgen regnet?
Möglich sein bedeutet zunächst, dass der Sachverhalt (
dass es regnen wird) relativ zu dem, was der Sprecher weiß, nicht ausgeschlossen ist. Darüber hinaus enthalten Fragen wie diese (
Kann es sein…?) die implizite Annahme, dass es bspw. in Bezug auf (8) regnen wird. Sie dienen demnach eher der Vergewisserung, ob diese Annahme richtig ist. Auch bei der folgenden Frage hat sich der Sprecher (im Kontext eines Gesprächs) bereits darauf festgelegt, dass der Hörer sehr wahrscheinlich etwas verloren hat:
(9) Entschuldigung, kann es sein, dass Sie etwas verloren haben?
An dieser Stelle kann man auch die Verwendungsweise von
dass im Zusammenhang mit Ausdrücken der Sicherheit anführen, denn die vom Sprecher erwartete Antwort sollte positiv ausfallen.
(10) Kannst du mir sagen, ob es morgen regnet?
In dieser Frage bildet eine Form von
können gemeinsam mit
sagen das Prädikat. Hier fällt die Antwort variabler aus, da der Sprecher sich nicht sicher sein kann, ob der Hörer (im Falle eines Gesprächs) genauere Angaben dazu machen kann. Zu einer Modalaussage (Aussage mit Modalausdruck) umformuliert, hieße die Frage:
(10’) Ist es möglich, dass du mir sagen kannst, ob es morgen regnet?
Können und damit einhergehend das Merkmal
Möglichkeit nehmen in dieser Frage ausschließlich Bezug auf das Verb
sagen. Auch in diesem Fall besteht die implizite Vorannahme, der Hörer könne dem Sprecher mitteilen, ob es morgen regnet (der Sprecher ist sich diesbezüglich relativ sicher und hegt wenig Zweifel daran). Deswegen folgt in der Reformulierung nach dem Modalausdruck
möglich ebenfalls ein mit
dass eingeleiteter Nebensatz.
Nun ein letztes Beispiel:
(11) Es kann doch nicht sein, dass es morgen regnet!
(11’) Es ist unmöglich, dass es morgen regnet!
Eventuell werden durch die Verneinung des Satzes die impliziten Annahmen über den Sachverhalt (
dass es regnet) noch einmal deutlicher. Kontextualisiert man diesen Satz, so ist sich der Sprecher ziemlich sicher, dass es morgen nicht regnen wird. Zu einer Frage umformuliert:
(12) Kann es nicht sein, dass es morgen regnet?
(12’) Ist es unmöglich, dass es morgen regnet?
Hier vergewissert sich der Sprecher im Kontext einer Unterhaltung, ob es wirklich ausgeschlossen ist, dass es morgen regnet. Das bedeutet, er hat bereits die implizite Annahme, dass es vielleicht regnen könnte.
Fazit: Die Frage (
Kann es sein, ob es morgen regnet) ist aufgrund der impliziten Vorannahme, die der Sprecher bereits getroffen hat (
dass es morgen regnet), nicht möglich. In diesem Fall muss notwendigerweise die Subjunktion
dass gewählt werden, da der Sprecher sich zu dem Zeitpunkt, zu dem er die Frage stellt, schon relativ sicher ist, dass es regnen wird, sich durch die Frage jedoch bei seinem Gegenüber diesbezüglich vergewissern möchte.
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