• Unsere Icons

    Grammatikfragen stellen sich häufig dann ein, wenn mehrere Varianten eines Phänomens existieren und man sich deshalb fragt, welche der Varianten die richtige ist. Beispielsweise gibt es für die Bildung des Partizips II des Verbs winken zwei Varianten: gewinkt und gewunken.
    Die Existenz von mehreren Varianten kann verschiedene Ursachen haben. Wir wollen versuchen, dies bei der Beantwortung Ihrer Fragen zu berücksichtigen. Deshalb „sortieren“ wir unsere Erklärungen in die folgenden vier Bereiche: Sprachsystem, Sprachgeschichte, Sprachgebrauch und Sprachvariation. Damit Sie diese Erklärungsmuster immer wieder erkennen können, haben wir den vier Bereichen Icons zugewiesen.

    Sprachsystem

    Das Zahnradsymbol soll in der Antwort darauf hinweisen, dass es für Ihr grammatisches Problem eine sprachsystematische Erklärung gibt. Oftmals ermöglicht das Sprachsystem des Deutschen die Bildung verschiedener Varianten, jedoch müssen nicht alle dieser möglichen Varianten auch im Sprachgebrauch verankert sein.

    Beispiel:
    Der Zweifelsfall „Heißt es gewinkt oder gewunken?“ basiert auf der Frage, ob das Partizip II von winken schwach bzw. regelmäßig (gewinkt) oder stark bzw. unregelmäßig gebildet wird (gewunken). Das Deutsche verfügt prinzipiell über beide Formen der Partizipienbildung, also die schwache Bildung mit ge – t und ohne Veränderung des Stammvokals sowie die starke Bildung mit ge – en und Veränderung des Stammvokals. Beim Verb winken sind grundsätzlich beide Formen möglich, wie auch der Blick auf ähnliche Verben zeigt: hinken – gehinkt, schminken – geschminkt (beide schwach), aber: sinken – gesunken, trinken – getrunken (beide stark). Die Präteritumsformen von winken werden jedoch schwach gebildet (ich winkte, nicht: ich wank).
     


    Sprachgeschichte

    Neben der Uhr finden Sie Erklärungen zum sprachgeschichtlichen Hintergrund Ihres Zweifelsfalls. Hier wird darauf eingegangen, ob der grammatische Zweifelsfall auf einem abgeschlossenen oder derzeit noch laufenden Sprachwandelprozess beruht.

    Beispiel:
    Bei winken liegt offenbar der seltene Fall vor, dass sich zur ursprünglich (im Althochdeutschen) schwachen Form des Partizips II allmählich eine starke Form hinzu entwickelt hat. Dieser Vorgang ist seit dem Mittelhochdeutschen belegt. Seitdem dominierte von Zeit zu Zeit die schwache, dann wieder die starke Variante, d.h. das Verb winken hat seine Flexionsklasse im Laufe der Sprachgeschichte mehrmals gewechselt. Es ist also schon immer ein „schwankungsanfälliges“ Verb gewesen, sodass wir uns nicht wundern müssen, dass auch heute Zweifel bezüglich der Klassenzugehörigkeit aufkommen können.
     


    Sprachgebrauch

    Das Männchen mit der Sprechblase leitet den Teil der Erklärung ein, der sich mit dem tatsächlichen Sprachgebrauch befasst, d.h. mit der Frage, welche der Varianten von heutigen Sprechern/Schreibern favorisiert wird. Gegebenenfalls wird an dieser Stelle auch darauf eingegangen, in welchen Kontexten die eine oder andere Variante bevorzugt verwendet wird.

    Beispiel:
    Anhand von Textsammlungen und Umfragen lässt sich feststellen, dass die starke Form gewunken heutzutage häufiger verwendet wird als die schwache (je nach Datenquelle 60-80% gewunken gegenüber 20-40% gewinkt).
     


    Sprachvariation

    Das Puzzlesymbol steht für sprachliche Variation. In diesem Teil der Erklärung wird gezeigt, ob die eine Variante in der Standardsprache bevorzugt wird und die andere womöglich einer anderen Varietät des Deutschen (z.B. Umgangssprache, Jugendsprache, Dialekt usw.) zugeordnet werden kann.

    Beispiel:
    Während im niederdeutschen Raum (= in etwa oberhalb von Köln, Kassel und Wittenberg) immer die Form gewinkt dominierte, war gewunken im mittel- und oberdeutschen Raum lange Zeit weit verbreitet. Dennoch stufte die Dudengrammatik gewunken bis vor kurzem noch als „mundartlich“ ein. Ob diese regionalen Unterschiede auch heute noch bestehen, ist fraglich, daher stehen die Varianten gewinkt/gewunken in den letzten beiden Auflagen der Dudengrammatik ohne Einschränkung als gleichberechtigt nebeneinander.