Zunächst einmal möchte ich vorwegnehmen, dass die Begriffe „Prädikatsadjektiv“ und „Adjektivadverb“ in etablierten Grammatiken (wie Duden-Grammatik, Helbig-Buschas „Deutsche Grammatik“ oder die Grammatik des Instituts der deutschen Sprache) nicht verwendet werden und daher Ihre Frage, ob Prädikatsadjektiv oder Adjektivadverb, nicht in einer Entweder-oder-Struktur beantwortet werden kann.
Doch durch Ihre Vorschläge wird sichtbar, welche Elemente die Schwierigkeit der Zuordnung ausmachen: „Verfügbar“ zeigt eine Anlehnung an die Adjektive, da es das klassische Derivativ
-bar aufweist und nach Kasus, Numerus und Genus flektiert werden kann, zugleich aber an das Adverb, da es in Ihrem konkreten Fall nicht flektiert wird (sondern das Partizip II „gemachten“). Schließlich gibt es Anzeichen für ein Prädikat, da eine enge Bindung von „verfügbar“ an das Verb „machen“ besteht, das hier im Partizip II realisiert ist.
Aus der Perspektive der
Wortartbestimmung handelt es sich bei „verfügbar“ um ein
Adjektiv. Dies ist besonders an der Endung -bar deutlich, welche eine typische Ableitung aus einem Verb anzeigt (verfügen => verfügbar).
Beispiel
lesen => les
bar
ansprechen => ansprech
bar
brauchen => brauch
bar
Wie andere Adjektive kann „verfügbar“ attributiv (I) und prädikativ (II; also als Ergänzung zum Verb, das ohne das Prädikativum nicht die jeweilige Bedeutung ausdrücken kann) gebraucht werden.
Beispiel
(I) die verfügbaren Rohstoffe
(II) Die Rohstoffe sind verfügbar.
„Verfügbar“ ist also
kein Adverb (da es flektiert werden kann) und auch
kein Prädikat (da es keine Elemente von verbaler Flexion, wie zum Beispiel Personalendungen, aufweist).
Nachdem nun die Wortartfrage geklärt ist, soll „verfügbar“ in seinem Satzumfeld
syntaktisch analysiert werden.
„Verfügbar“ ist Bestandteil der Partizipialattributstruktur („gemacht“). Partizipiale Attribute ziehen häufig weitere Attribute mit sich, die wiederum von ihnen abhängig sind.
Beispiel
das
von mir an den zuständigen Offizier übergebene Beweisstück
der
von mir für meine Familie mit Liebe gebackene Kuchen
In Ihrem Beispielsatz ist „verfügbar“ innerhalb seiner Präpositionalgruppe
Attribut zweiten Grades.
Anhang 63
Solche Attribute sind i.d.R. nicht flektiert, auch dann nicht, wenn es sich um adjektivische Attribute handelt
Beispiel
Der
schnell laufende Hund (schnell = Attribut 2. Grades, nicht flektiert)
Gemäß der traditionellen Grammatikauffassung kann in diesem Kontext nicht mehr gesagt werden, als dass es sich der Wortart nach um ein Adjektiv und konkret im syntaktischen Umfeld um ein Attribut zweiten Grades handelt. Will man die Besonderheit dieses Attributs erklären, die eine eindeutige Zuordnung erschwert, muss man darüber hinaus auf die Entwicklung dieser Konstruktion, also auf die Ebene des „Ausgangssatzes“ dieser Partizipialkonstruktion verweisen.
Wenn man die Funktion von „verfügbar“ im Satzumfeld genauer betrachtet, fällt auf, dass „verfügbar“ dem Partizip II „gemachten“ erst seine Bedeutung gibt. Der Sinn von „bereitstellen“ entsteht erst aus dem Zusammenspiel vom Adjektiv „verfügbar“ und dem Partizip „gemachten“. Diese enge Bindung lässt sich durch die Auflösung der Partizipialstruktur auf der einfachen Satzebene genauer beleuchten:
Beispiel
Jemand
macht die Rohstoffe
verfügbar.
Der Frühling
macht die Bäume
grün.
Die Angelegenheit
macht mich
neugierig.
Ich
esse den Teller
leer.
In den Beispielen wird deutlich, dass das Prädikat „macht“ alleine nicht den Sinn herstellen kann, der getroffen werden soll. Die Elemente „verfügbar“, „grün“ „neugierig“ und „leer“ sind in den Beispielsätzen
Prädikativa, d.h. sie „füllen“ das Prädikat hinsichtlich seiner Bedeutung aus. Da sie sich hier auf die (Akkusativ-)Objekte (die Rohstoffe, die Bäume, mich, den Teller) beziehen und diese spezifizieren, nennt man sie
„Objektsprädikativa“.
Wird der Satz jedoch passivisch ausgedrückt, sind die Verhältnisse nicht mehr so transparent wie im aktivem Pendant.
Beispiel
Die Rohstoffe werden verfügbar gemacht.
Der Teller wird leer gegessen.
Hier nimmt „verfügbar“ (bzw. „leer“) Bezug auf das Subjekt (in den Beispielen unterstrichen) und ist dementsprechend ein
Subjektsprädikativum.
In Ihrem konkreten Beispiel bezieht sich „verfügbar“ auf das Partizip II von machen,
„gemachten“. Das
Partizip II ist
passivisch.
Beispiel
Lisa macht ihr Bett.
Das Bett ist gemacht.
Lisa legt sich in ihr
gemachtes Bett.
Daher lässt sich die Konstruktion mit dem Partizip II sehr gut mit dem „Ausgangssatz“ im Passiv vergleichen. Diese Merkmale vom passivischen Satz („verfügbar“ als Subjektsprädikativum)
Beispiel
Die Rohstoffe werden verfügbar gemacht
Die verfügbar gemachten Rohstoffe
bleiben bei Übertragung in eine passivische partizipiale Konstruktion (Partizip II) auf Attributebene erhalten und sichtbar.