Wie ich auf die Frage gestoßen bin:
Brief
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Wie ich auf die Frage gestoßen bin:
Brief
Die Beantwortung Ihrer Frage ist Teil eines Forschungsprojekts zur Verständlichkeit von grammatischen Erklärungen. Wir bitten Sie deshalb darum, im Anschluss an die Lektüre der Antwort die Tools zur Bewertung (Fragebogen, Sternchenfunktion, Antwortoption) zu nutzen.
Sie möchten in Ihrer Frage die grammatische Korrektheit des von Ihnen dargebotenen Satzes überprüfen, besonders die der mit „auf“ eingeleiteten Präpositionalgruppe.
Hierzu werde ich zunächst auf die Konstruktion einer mit der Präposition „auf“ eingeleiteten Präpositionalgruppe in Verbindung mit dem Verb „warten“ eingehen. Anschließend soll die Hinzufügung eines Artikels (und die Frage welchen Artikels) thematisiert werden.
Sprachsystem
"Auf“ gehört in die Wortartenkategorie der Präpositionen. Präpositionen verbinden sich in der Regel mit Nominalgruppen. Diese der Präposition unmittelbar nachfolgenden Nominalgruppen werden von der Präposition „regiert“, d.h. im Kasus festgelegt.
Die meisten Präpositionen regieren nur einen bestimmten Kasus,
Beispiel
Sie kommt aus einem kleinen Dorf. (die Präposition „aus“ regiert den Dativ)
Die Gäste bummeln durch den Kurort. (die Präposition „durch“ regiert den Akkusativ)
einige regieren mehrere Kasus:
Beispiel
Ich stelle das Buch in diesen Schrank. (Präposition „in“ + Akkusativ)
Das Buch steht in diesem Schrank. (Präposition „in“ + Dativ)
Präpositionen können in jedem Fall nicht den Nominativ regieren, sie können also nicht mit einem Nominativ verbunden werden.
Das Verb „warten“ kann mit der Präposition „auf“ verbunden werden. Hierbei entsteht erst die Bedeutung im Sinne von „eine irgendwielange Zeit irgendwo in der Erwartung von etwas zubringen“:
Beispiel
Ich warte die Maschine (= ich pflege die Maschine).
Ich warte auf Lisa (= ich bringe eine gewisse Zeit irgendwo in der Erwartung zu, dass Lisa kommt).
Die Präposition „auf“ ist hier mit dem Verb verbunden und von diesem festgelegt. Die oben angegebene Bedeutung kommt erst durch die Verbindung mit der durch „auf“ eingeleiteten Präpositionalgruppe zustande. Bei Ersetzen der Präposition geht der Sinn verloren.
Beispiel
Ich warte auf Lisa.
Ich warte auf den Termin.
*Ich warte von Lisa.
Ich warte für Lisa (= Ich warte in irgendeiner Weise zugunsten von Lisa; nicht in Erwartung von etwas)
In dieser Konstruktion regiert die Präposition „auf“ den Akkusativ.
Bezogen auf Ihr Beispiel
Beispiel
Ich werde auf neuer Termin warten
kann bis hier festgehalten werden:
a) Die Präposition „auf“ kann nicht mit einer Nominalgruppe im Nominativ verbunden werden. Ihre Konstruktion „auf neuer Termin“ kann also nicht grammatisch korrekt sein(, da „neuer Termin“ im Nominativ steht).
b) Das Verb „warten“ im Sinne von „eine irgendwielange Zeit irgendwo in der Erwartung von etwas zubringen“ erfordert also eine Kombination mit der Präposition „auf“, die eine Nominalgruppe im Akkusativ regiert. => warten + auf + Nominalgruppe im Akkusativ
Die Nominalgruppe „neuer Termin“ muss also im Akkusativ realisiert werden. Als Zwischenergebnis erhalten wir somit:
Beispiel
Ich werde auf neuen Termin warten.
Nun stellt sich das Problem des Artikels. Deutsche Substantive bzw. Nominalgruppen werden in der Regel von einem Artikel begleitet. Hierzu wird nach Helbig-Buscha auch der sog. Nullartikel gezählt, bei dem der Artikel „leer“ ist, also nicht angezeigt wird.
Beispiel
Ich warte auf Lisa. (Nullartikel; d.h. kein Artikel)
Ich trinke gerne Bier. (Nullartikel; d.h. kein Artikel)
Artikelwörter (auch Nullartikel) setzen das von ihnen begleitete Substantiv bzw. die von ihnen begleitete Nominalgruppe in einen Kontext seiner außersprachlichen Realität. In Ihrem Beispiel haben Sie den Nullartikel gewählt.
Beispiel
Ich warte auf neuer Termin (mit falschem Kasus)
Ich warte auf neuen Termin (mit korrektem Kasus)
Andere Optionen wären der bestimmte (definite) oder der unbestimmte (indefinite) Artikel:
Beispiel
Ich warte auf den neuen Termin (bestimmter Artikel)
Ich warte auf einen neuen Termin (unbestimmter Artikel)
Der Nullartikel wird im Singular beispielsweise bei Eigennamen verwendet
Beispiel
Ich warte auf Lisa
oder bei Stoffbezeichnungen einer unbestimmten Menge des Stoffes im Singular.
Beispiel
Er trinkt gern Bier
Er steht auch bei Bezeichnungen des Berufs, der Funktion, der Nationalität und der Weltanschauung in Konstruktionen vom Typ Nominativ + sein / werden + Nominativ (1,2) oder Nominativ + Verb + als + Nominativ (3,4).
Beispiel
(1) Er ist Bürgermeister.
(2) Er wird Arzt.
(3) Sie arbeitet als Kellnerin.
(4) Er handelt als Christ.
Da in Ihrem Beispiel „warten auf“ weder mit Eigennamen noch mit unbestimmten Stoffbezeichnungen kombiniert wird noch eine oben beschriebene Konstruktion mit sein-werden oder als dargestellt ist, kommt der Nullartikel für Ihr Beispiel nicht in Frage.
Ob Sie einen bestimmten oder unbestimmten Artikel hinzufügen, hängt von den kommunikativen Bedingungen ab.
Der bestimmte Artikel (den) signalisiert die Identifizierung (=die „Eindeutigmachung“) von Objekten der außersprachlichen Realität. Angenommen, Patientin X hat die Wahl zwischen einem alten Termin (, der ihr nicht gut passt) und einem neuen Termin, der bereits zeitlich terminiert ist, könnte sie sagen
Beispiel
Ich werde auf den neuen Termin warten.
und würde auf den bestimmten, eindeutig identifizierten neuen Termin rekurrieren.
Angenommen die Patientin müsste einen vereinbarten Termin absagen, hätte aber noch keinen vereinbarten, zeitlich festgelegten neuen Termin. In diesem Fall wäre der unbestimmte Artikel semantisch korrekt:
Beispiel
Ich werde auf einen neuen Termin warten.
Sie würde also auf ein beliebiges Objekt der Klasse „Termin“ Bezug nehmen. Der unbestimmte Artikel drückt nämlich – wie sein Name schon sagt – die Indeterminiertheit der bezeichneten Objekte aus.
Insgesamt musste an Ihrem Beispiel für eine grammatische Korrektheit also der Kasus der auf die Präposition „auf“ folgenden Nominalgruppe in Rektion des Verbs „warten“ korrigiert (Akkusativ statt Nominativ) und ein Artikel hinzugefügt werden. Welchen Artikel Sie korrekterweise einfügen, hängt, wie oben beschrieben, von den situativen Kommunikationsbedingungen ab.