Eine Schülerin bzw. ein Schüler schreibt eine Inhaltsangabe im Rahmen einer Deutsch-Klausur konsequent im Präteritum. Was spricht dafür/dagegen, jede einzelne falsche Zeitform als Fehler zu werten?
Wie ich auf die Frage gestoßen bin:
Korrekturpraxis, Fachschaft Deutsch am Gymnasium sucht einheitliche Regelung
Mit folgendem Nachschlagewerk versuchte ich dieser Frage auf den Grund zu gehen:
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Tempusformen in schulischen Textsorten
Das Forum grammatikfragen.de sieht seinen Aufgabenbereich in der Beantwortung von Fragen zu grammatischen Zweifelsfällen im Sprachgebrauch.
Eine Beratungsfunktion für den institutionalisierten Umgang mit Normen im schulischen Deutschunterricht kann das Forum aus Kompetenzgründen nicht übernehmen.
Die Bewertungspraxis im schulischen Deutschunterricht unterliegt eigenen Gesetzmäßigkeiten. Folglich kann sie aus der Perspektive der Sprachwissenschaft (die wir hier vertreten) nur bedingt erläutert und bewertet werden.
Vor allem ist dabei zu berücksichtigen, dass es sich bei der Festlegung der Normen für schulische Textsorten um "transitorische Normen" handelt (Feilke 2012), die dem Schriftspracherwerb dienen sollen. Sie bilden also nicht die Gebrauchsnormen des außerschulischen Sprachgebrauchs ab. Das gilt insbesondere für die strengen Normen zum Tempusgebrauch in schulischen Textsorten wie Inhaltsangabe, Bericht, Erzählung.
Inwiefern es sinnvoll ist, in einer "didaktischen Gattung" wie der Inhaltsangabe eine Tempusnorm festzuschreiben, kann also nur didaktisch begründet werden, nicht linguistisch. Und ob man den "Fehler" (den ich also nur als einen Verstoß gegen die transitorische Norm werten würde) dann als einfachen Fehler mit Folgefehlern wertet oder ob man jeden einzelnen "Verstoß" erneut sanktioniert, können letzten Endes nur Sie selbst im Kontext der schulischen Praxis sinnvoll beantworten.
Lektüreempfehlungen:
Feilke, Hemluth (2012): Transitorische Normen. Argumente zu einem didaktischen Normbegriff. In: Didaktik Deutsch 20, 115-135.
Hennig, Mathilde (2012): Was ist ein Grammatikfehler? In: Günthner, Susanne / Imo, Wolfgang / Meer, Dorothee / Schneider, Jan Georg (Hrsg.): Kommunikation und Öffentlichkeit: Sprachwissenschaftliche Potenziale zwischen Empirie und Norm. Tübingen: Nie-meyer (Reihe Germanistische Linguistik 296), 121-148.