Druckbare Version
Wie ich auf die Frage gestoßen bin:
Satz stammt aus Brockhaus scolaris: Profi in Deutsch. Üben und verstehen, S. 66.
Ich würde es zum Akkusativobjekt zählen, allerdings habe ich Zweifel, da die Umstellprobe auch "Kanonen hatte das Piratenschiff viele an Bord" heißen kann.
Da eine Frage zur Satzanalyse keine Grammatikfrage in unserem Sinne ist (d.h. keine Frage zu einem grammatischen Zweifelsfall, sondern eine Frage zur Satzanalyse), wird hier auf unser übliches Antwortschema mit den Icons verzichtet. Wir möchten Sie dennoch bitten, unseren kurzen Fragebogen zur Bewertung unserer Antwort auszufüllen.
Wir stimmen sowohl Ihrer Einschätzung zu, dass viele zum Akkusativobjekt gehört, als auch der Beobachtung, dass die Umstellprobe diese Einschätzung als problematisch erscheinen lässt. Wir würden aber dennoch an der Bestimmung von viele als Gliedteil (und nicht als eigenständiges Satzglied) festhalten wollen und möchten dies wie folgt begründen:
Zunächst einmal ist zu viele festzuhalten, dass es sich um einen "Grenzfall von Adjektiv und Artikelwort" handelt (Dudengrammatik § 434). Für beide Wortartbestimmungen gilt, dass diese häufig als Bestandteil von Nominalgruppen und somit als Gliedteile in Sätzen auftreten:
Beispiel
(1) Wo viel Licht ist, da ist viel Schatten.
Mit vielem kaltem/kalten Wasser
In solchen Fällen hat viel prinzipiell nie eine eigenständige Satzgliedfunktion, sondern gehört immer zu einem Satzglied dazu.
Viel kann aber auch alleine im Satz stehen:
Beispiel
(2) Das kann vieles bedeuten.
In Ihrem Beispiel bezieht sich viele eindeutig auf Kanonen. Man kann ja beispielsweise auch die gesamte Wortgruppe vor das finite Verb verschieben:
Beispiel
(3) Viele Kanonen hatte das Piratenschiff an Bord.
Zwar ist es, wie Sie feststellen, auch möglich, Kanonen und viele getrennt zu positionieren:
Beispiel
(3') Kanonen hatte das Piratenschiff viele an Bord.
Diese Realisierungsvariante geht aber mit einer besonderen Hervorhebung ("Topikalisierung") von Kanonen einher, ist also nicht neutral. Eine solche Topikalisierung erlaubt in vielen Fällen die Trennung von eigentlich zusammengehörenden Satzgliedern, sogar Prädikaten:
Beispiel
(4) Ich habe alle Bücher von Gloning gelesen.
(4') Von Gloning habe ich alle Bücher gelesen.
(5) Er hat die Suppe nicht gegessen.
(5') Gegessen hat er die Suppe nicht.
Solche Topikalisierungen sind nicht neutral, sie verlangen einen spezifischen Kontext, der zu der Hervorhebung führt. In den vorliegenden Fällen wären beispielsweise Kontrastierungen denkbar:
Beispiel
(3'') Kanonen hatte das Piratenschiff viele an Bord, aber keine Pistolen.
(4'') Von Gloning habe ich alle Bücher gelesen, aber nicht von Rösler.
(5'') Gegessen hat er die Suppe nicht, aber immerhin gekostet.
Wir möchten prinzipiell dafür plädieren, die Satzgliedanalyse nicht an solche Sonderbedingungen zu knüpfen. M.a.W.: Es mag zwar sein, dass die Topikalisierung die Satzgliedbestimmung in Fällen wie diesen in Frage stellt oder zumindest erschwert, das ändert u.E. aber nichts daran, dass eine Satzgliedbestimmung für den Neutralfall vorgenommen werden kann. Deshalb sehen wir hier viele als Bestandteil des Akkusativobjekts an.