Ergebnis 1 bis 2 von 2

Thema: "von jemand anders" oder "von jemand anderen"?

  1. #1
    Unregistriert Gast

    Standard "von jemand anders" oder "von jemand anderen"?

     

  2. #2
    Registriert seit
    03.07.2014
    Ort
    Gießen
    Beiträge
    271

    Standard Flexion des Indefinitums anderer

    Die Beantwortung Ihrer Frage ist Teil eines Forschungsprojekts zur Verständlichkeit von grammatischen Erklärungen. Wir bitten Sie deshalb darum, im Anschluss an die Lektüre der Antwort die Tools zur Bewertung (Fragebogen, Sternchenfunktion, Antwortoption) zu nutzen.

    Sprachsystem


    In Ihrer Frage geht es darum, wie das Indefinitum anderer in Ihrer Beispielwortgruppe flektiert werden muss. Dazu müssen die grammatischen Beziehungen in diesem Beispiel näher betrachtet werden: Bei dem Wort von handelt es sich um eine Präposition. Präpositionen zeichnen sich wesentlich dadurch aus, dass sie den Kasus der auf sie folgenden Nominalgruppe festlegen. Die Präposition von regiert den Dativ, weswegen das Indefinitum jemand im Dativ steht. Im Dativ kann es die Endung –em tragen, muss es aber nicht. Vor dem Wort anderer überwiegt jedoch im Sprachgebrauch die endungslose Variante laut Duden 9 „Richtiges und gutes Deutsch“. Bei dem Wort anderer handelt es sich um eine enge Apposition zu jemand. Enge Appositionen sind nominale Attribute, die ein Wort näher bestimmen, wobei enge Appositionen sich insbesondere durch die unmittelbare Nähe zu ihrem Bezugswort auszeichnen. Sie stimmen in der Regel hinsichtlich des Kasus mit dem Bezugswort überein:

    Beispiel

    sein Besuch bei Katharina (= Bezugswort im Dativ) der Großen (= Apposition im Dativ)
    die Regierung Karls (= Bezugswort im Genitiv) des Großen (= Apposition im Genitiv)
    mit mir (= Bezugswort im Dativ) armem Kerl (= Apposition im Dativ)


    Wendet man diese Regel auf Ihr Beispiel an, dann muss auch das Indefinitum anderer im Dativ stehen. Es stellt sich nun aber die Frage, wie der Dativ von anderer lautet. Laut Dudengrammatik gibt es diesbezüglich verschiedene Möglichkeiten:

    1) Der Dativ wird typischerweise mit der Endung –em gebildet. Für diesen Fall würde Ihr Beispiel lauten:

    Beispiel

    von jemand anderem
    von jemandem anderem


    2) Für den Dativ tritt im Sprachgebrauch auch „die unveränderliche Form anders auf“. (Dudengrammatik, Randnummer 1586) Deswegen ist auch diese Variante möglich:

    Beispiel

    von jemand anders
    von jemandem anders


    Die von Ihnen vorgeschlagene Variante von jemand anderen ist laut Dudengrammatik, Randnummer 1586 jedoch nicht standardsprachlich anerkannt.
     


    Sprachgebrauch


    Um zu überprüfen, welche Variante im Sprachgebrauch präferiert wird, wurde mithilfe von COSMAS II, der digitalen Belegsammlung des Instituts für Deutsche Sprache (IDS), und Google nach den genannten Varianten gesucht. Dabei ergab sich folgendes Ergebnis:


    GoogleCosmas II
    von jemand anderem ca. 219.000 Treffer ca. 979 Treffer
    von jemandem anderem ca. 3.170 Treffer ca. 5 Treffer
    von jemand anders ca. 42.200 Treffer ca. 163 Treffer
    von jemandem anders ca. 3.050 Treffer ca. 13 Treffer
    von jemand anderen ca. 50.100 Treffer ca. 61 Treffer
    von jemandem anderen ca. 13.500 Treffer ca. 71 Treffer

    Anhand dieser Daten zeigt sich, dass die Variante von jemand anderem im Sprachgebrauch am verbreitetsten ist. Auffällig ist dabei jedoch, dass die Variante von jemand anderen sehr hohe Trefferzahlen erzielt, obwohl sie laut Dudengrammatik nicht standardsprachlich anerkannt ist. Die von Ihnen vorgeschlagene Variante von jemand anders erzielt die dritthöchste Trefferzahl.

    Hinweis zu Googledaten: Die Sprachgebrauchsdaten werden mit dem wissenschaftlich fundierten Recherchesystem des Instituts für deutsche Sprache Mannheim COSMAS II erhoben und durch Googlebefunde ergänzt. Die ergänzende Googlesuche ist notwendig, da in der Textsammlung des IdS (DeReKo = Deutsches Referenzkorpus), obwohl diese inzwischen 24 Milliarden Wortformen umfasst, die gefragten Varianten häufig nur relativ selten vorkommen. Bei Google finden sich häufig deutlich mehr Treffer, die Zahlen sind aber aus den folgenden beiden Gründen mit Vorsicht zu genießen:

    1. Google unterscheidet nicht zwischen "echten" Sprachgebrauchstreffern und metasprachlichen Diskussionen. Die Frage zu downgeloadet/gedownloadet in unserem Forum bspw. ist auch ein Treffer bei Google. Insgesamt betrachtet machen die metasprachlichen Diskussionen aber in aller Regel den deutlich geringeren Anteil an den Gesamttreffern aus.

    2. Google bemüht sich um personalisierte und schnelle Suchergebnisse, die Treffergenauigkeit steht hier also nicht im Vordergrund. Dennoch - und deshalb wird hier trotz der genannten Einschränkungen auf Google zurückgegriffen - lassen sich doch Eindrücke über allgemeine Gebrauchstendenzen gewinnen.
     

    Umfrage zum Umgang mit dieser Antwort

    War diese Antwort hilfreich für Sie? Wie gehen Sie damit um?
    Helfen Sie unserem Forschungsteam von der Universität Gießen dabei herauszufinden, wie eine solche Grammatik benutzt wird, welche Erläuterungen interessant sind und wie Sie damit umgehen. Durch die Beantwortung unseres Fragebogens tragen Sie dazu bei, die Qualität unserer Antworten und die Qualität von Grammatiken zu verbessern!

    Umfrage öffnen


Lesezeichen

Berechtigungen

  • Neue Themen erstellen: Nein
  • Themen beantworten: Nein
  • Anhänge hochladen: Nein
  • Beiträge bearbeiten: Nein