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Thema: Ein Kollege sagt der Satz:" sie können die Maschine nicht rüberbringen, ohne mich in ruhe zu lassen." wäre das selbe wie "er kann die Maschine nur rüberbringen, wenn er mich dabei in ruhe lässt." ist das falsch? Wenn ja wieso?

  1. #1
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    Standard Ein Kollege sagt der Satz:" sie können die Maschine nicht rüberbringen, ohne mich in ruhe zu lassen." wäre das selbe wie "er kann die Maschine nur rüberbringen, wenn er mich dabei in ruhe lässt." ist das falsch? Wenn ja wieso?

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  2. #2
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    Die Beantwortung Ihrer Frage ist Teil eines Forschungsprojekts zur Verständlichkeit von grammatischen Erklärungen. Wir bitten Sie deshalb darum, im Anschluss an die Lektüre der Antwort die Tools zur Bewertung (Fragebogen, Sternchenfunktion, Antwortoption) zu nutzen.

    Sie möchten in Ihrer Frage wissen, ob die folgenden beiden Beispielsätze dasselbe bedeuten:

    Beispiel

    1) Sie können die Maschine nicht rüberbringen, ohne mich in Ruhe zu lassen.
    2) Er kann die Maschine nur rüberbringen, wenn er mich dabei in Ruhe lässt.


    Betrachtet wir zur Beantwortung Ihrer Frage zunächst den Beispielsatz 1. Dieser besteht aus dem Hauptsatz (Sie können die Maschinen nicht rüberbringen) und einem Infinitivsatz (ohne mich in Ruhe zu lassen), der die Funktion eines modalen Adverbials erfüllt.

    Für das Verständnis dieses Satzes ist zunächst die Bedeutung der Redewendung jemanden in Ruhe lassen zentral. Jemanden in Ruhe lassen ist im Deutschen gleich bedeutend zu jemanden nicht stören. Entsprechend könnte man den Beispielsatz umformulieren in:

    Beispiel

    1a) Sie können die Maschinen nicht rüberbringen, ohne mich nicht zu stören.


    Darüber hinaus ist das Verb können mehrdeutig. In einer ersten Bedeutung kann können eine Fähigkeit beschreiben, wie bspw. in:

    Beispiel

    Er kann lesen.
    Sie kann gut schwimmen.


    Es stellt sich nun die Frage, was der Beispielsatz 1 bedeutet, wenn man diese Fähigkeitslesart und die Bedeutung der Redewendung dem Verständnis zugrunde legt. Dazu soll der Satz so umformuliert werden, dass das Verb nicht mehrdeutig ist. Eine Variante dazu wäre:

    Beispiel

    1b) Es ist Ihnen nicht möglich, dass Sie mich beim Rüberbringen der Maschinen nicht in Ruhe lassen.


    Da die Redewendung jmd. in Ruhe lassen bedeutungsgleich ist mit nicht stören, kann man den Beispielsatz wie folgt umformulieren, damit das Verständnis deutlicher wird:

    Beispiel

    1c) Es ist Ihnen nicht möglich, dass Sie mich beim Rüberbringen der Maschinen nicht nicht stören.


    Die doppelte Verneinung im zweiten Teilsatz lässt sich auflösen, sodass dieser lautet:

    Beispiel

    1d) Es ist Ihnen nicht möglich, dass Sie mich beim Rüberbringen der Maschinen stören.


    In dieser Umformulierung wird die Bedeutung des Satzes am deutlichsten. Person A kann Person B beim Rüberbringen der Maschinen nicht stören. Dies scheint aber nicht das zu sein, was für gewöhnlich in einer solchen Situation ausgedrückt werden soll. Für gewöhnlich würde man eher etwas sagen wollen, wie:

    Beispiel

    Sie können die Maschine nicht rüberbringen, ohne mich zu stören.
    Wenn Sie die Maschine rüberbringen, stören Sie mich.


    Das Verb können kann darüber hinaus aber auch zum Artikulieren einer Erlaubnis verwendet werden wie in:

    Beispiel

    Du kannst heute Abend länger aufbleiben. (= Du darfst heute Abend länger aufbleiben.)
    Du kannst mit deinen Freunden auf das Konzert gehen. (= Du darfst mit deinen Freunden auf das Konzert gehen.)


    In diesen Beispielsätzen entspricht das Verb können der Bedeutung des Verbs dürfen. Formuliert man Ihren Beispielsatz mit dem Verb dürfen um, damit die Mehrdeutigkeit vermieden wird, dann lautet er:

    Beispiel

    1e) Sie dürfen die Maschine nicht rüberbringen, ohne mich in Ruhe zu lassen.


    Diese Umformulierung scheint allerdings nicht sinnvoll zu sein. Durch die Verneinung im Hauptsatz mit nicht und der Verwendung von ohne im Nebensatz ist dieser Satz in sich zunächst nicht schlüssig. Er würde heißen, dass jemand die Maschinen nicht herüberbringen darf, wenn er den anderen dabei nicht stört. Man könnte dadurch vermuten, dass er den anderen stören muss, damit er die Maschinen rüberbringen darf, was jedoch nur in wenigen Ausnahmefällen als sinnvoll erscheint. Dies könnte bspw. der Fall sein, wenn Person A Person B zum Transport der Maschinen benötigt, weil sie zu schwer sind oder Person A die nötige Kompetenz fehlt.

    Das bedeutet, dass für Ihren ersten Beispielsatz sowohl die Fähigkeitslesart als auch die Erlaubnislesart eher problematisch sind und dieser Satz so nur in seltenen Kontexten verwendet werden kann. Zudem sind beide Lesarten nicht bedeutungsgleich zu Ihrem zweiten Beispielsatz.

    Beim zweiten Beispiel scheint können eindeutig zur Erteilung einer Erlaubnis verwendet werden. Jemand darf also in diesem Beispielsatz die Maschinen rüberbringen. Diese Erlaubnis ist jedoch durch den Konditionalsatz eingeschränkt. Konditionalsätze zeichnen sich dadurch aus, dass mit ihnen eine Bedingung für den Sachverhalt des Hauptsatzes angegeben wird. Sie werden deswegen auch als Bedingungssätze bezeichnet. Typischerweise werden solche Bedingungssätze mit dem Subjunktor wenn gebildet oder einem Nebensatz mit Verberststellung:

    Beispiel

    Er kann die Maschine nur rüberbringen, wenn er mich dabei in Ruhe lässt.
    Lässt er mich in Ruhe, kann er die Maschinen rüberbringen.


    In Ihrem Beispiel lautet die Bedingung für die Erlaubnis zum Rüberbringen der Maschinen, dass der Hörer/Leser den Sprecher/Schreiber in Ruhe lassen muss, er ihn also nicht stören darf. Damit unterscheidet sich dieser Satz von der Erlaubnislesart des ersten Teilsatzes dahingehend, dass hier die Voraussetzungen für den Transport unterschiedlich sind. Während in Beispielsatz 1 die Person A die Person B stören muss, um die Maschinen transportieren zu dürfen, darf Person A Person B in Beispielsatz nicht stören, damit sie die Erlaubnis erhält. Entsprechend sind die beiden Beispielsätze nicht bedeutungsgleich.
     

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