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Thema: froh, helfen koennen zu haben oder froh, helfen kekonnt zu haben

  1. #1
    Unregistriert Gast

    Standard froh, helfen koennen zu haben oder froh, helfen kekonnt zu haben

     

  2. #2
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    Gießen
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    Die Beantwortung Ihrer Frage ist Teil eines Forschungsprojekts zur Verständlichkeit von grammatischen Erklärungen. Wir bitten Sie deshalb darum, im Anschluss an die Lektüre der Antwort die Tools zur Bewertung (Fragebogen, Sternchenfunktion, Antwortoption) zu nutzen.

    Sprachsystem



    In Ihrer Frage geht es darum, wie der Infinitivsatz gebildet werden muss, der näher bestimmt, worüber eine Person froh gewesen ist. Dabei wollen Sie konkret wissen, ob das Verb können als Infinitiv (können) oder als Partizip (gekonnt) realisiert werden muss.

    Betrachten wir zur Klärung Ihres Zweifelsfalls zunächst vereinfachte Abwandlungen Ihres Beispielsatzes, um uns die grammatische Struktur zu vergegenwärtigen:

    Beispiel

    1) Ich kann helfen.


    In diesem Beispielsatz liegt ein finiter Satz vor, d.h. es gibt ein Verb das nach Person und Numerus flektiert worden ist. Dieses finite Verb ist in diesem Beispiel das Verb können. Die Besonderheit dieses Verbs ist es, dass es sich um ein Modalverb handelt. Modalverben zeichnen sich wesentlich durch zwei Aspekte aus: Zum einen bilden sie immer gemeinsam mit einem Infinitiv einen Verbalkomplex, zum anderen haben sie eine modifizierende Bedeutung, d.h. dass sie ein besonderes Verhältnis vom Sprecher zur Welt bzw. von seiner Aussage zur Welt artikulieren. In diesem vereinfachten Beispiel bindet das Modalverb können den Infinitiv helfen an sich, durch den angegeben wird, was gekonnt wird.

    In Ihrem Beispielsatz möchten Sie ausdrücken, dass das Helfen-Können vorzeitig zu dem Froh-Sein ist, weswegen auf das Perfekt zurückgegriffen wird. Es stellt sich nun die Frage, wie das Perfekt von Modalverben gebildet wird.

    Betrachtet man Vollverben, dann wird das Perfekt entweder mit dem Hilfsverb haben oder dem Hilfsverb sein und dem Partizip des Vollverbs gebildet, was die folgenden Beispiele illustrieren:

    2) Es hat (= Hilfsverb) geregnet (= Partizip des Vollverbs).
    Ich bin (= Hilfsverb) gelaufen(= Partizip des Vollverbs).

    Modalverben bilden das Perfekt mit dem Hilfsverb haben. Anders als bei Vollverben wird das Perfekt bei Modalverben nur dann mit Partizip gebildet, wenn sie wie Vollverben verwendet werden, wie in:

    Beispiel

    3) Das hat niemand gekonnt.


    Werden diese Verben jedoch – wie für Modalverben typisch – mit einem Infinitiv gebildet, dann steht das Modalverb beim Perfekt ebenfalls im Infinitiv, was als Ersatzinfinitiv bezeichnet wird. Es würde also lauten:

    Beispiel

    4) Ich habe (= finites Hilfsverb zur Realisierung des Perfekts) helfen (= vom Modalverb geforderter Infinitiv) können (= Modalverb im Infinitiv).


    Demnach bilden Modalverben das Perfekt mit haben + Infinitiv des Modalverbs + Infinitiv des vom Modalverb geforderten Vollverbs.

    Entsprechend wäre mit Bezug auf Ihr Beispiel nach dieser bisher skizzierten Regel der Infinitiv zu wählen. Der Satz heißt dann entsprechend:

    Beispiel

    5) Ich bin froh, (ihnen) helfen können zu haben.


    Der infinite Nebensatz besteht demnach aus drei Infinitiven, wodurch die grammatische Struktur des Verbalkomplexes intransparent wirken kann. Stattdessen greifen Sprachbenutzer nicht selten auf die folgende Variante zurück:

    Beispiel

    6) Ich bin froh, (ihnen) geholfen haben zu können.


    Anders als in dem vorherigen Satz wird hier das Verb helfen als Partizip verwendet, wie man es als Sprachbenutzer intuitiv erwarten würde, wenn Vorzeitigkeit mittels des Perfekts ausgedrückt werden soll. Dieser Formulierung scheint die folgende finite Formulierung zugrunde zu liegen:

    Beispiel

    7) Ich kann geholfen haben.


    In dieser finiten Variante findet die Perfektbildung auf eine andere Weise als zuvor skizziert statt. Modalverben können nämlich auch das Perfekt dadurch bilden, dass das Modalverb selbst im Präsens steht und mit einem Infinitiv Perfekt verbunden wird:

    Beispiel

    7a) Ich kann (= MV im Präsens) geholfen haben (Infinitiv Perfekt).


    Mit der unterschiedlichen Bildung des Perfekts und der damit verbunden Wahl des Infinitivs gehen unterschiedliche Bedeutungen einher, die im folgenden Beitrag exemplarisch erläutert werden:

    http://www.grammatikfragen.de/showth...fekt+Modalverb

    Für Ihr Beispiel kann jedoch festgehalten, dass durch die Wahl des Partizips geholfen der Satz möglicherweise als durchschaubarer und gradliniger empfunden wird als die Variante mit Ersatzinfinitiv.

    Entsprechend sind beide Varianten Ihres Beispielsatzes möglich.


     


    Sprachgebrauch


    Um zu überprüfen, ob eine der beiden Varianten im Sprachgebrauch bevorzugt wird, wurde eine Untersuchung des Sprachgebrauchs mithilfe von Google und Cosmas II, der digitalen Belegsammlung des Instituts für Deutsche Sprache (IDS), durchgeführt. Die Ergebnisse zeigt die folgende Tabelle:


    Cosmas IIGoogle
    helfen können zu haben 0 Treffer ca. 9 Treffer
    geholfen haben zu können ca. 6 Treffer ca. 64.100 Treffer

    Aus diesen Daten geht eindeutig hervor, dass die Variante mit Partizip von den Sprachbenutzern eindeutig bevorzugt wird.

    Hinweis zu Googledaten: Die Sprachgebrauchsdaten werden mit dem wissenschaftlich fundierten Recherchesystem des Instituts für deutsche Sprache Mannheim COSMAS II erhoben und durch Googlebefunde ergänzt. Die ergänzende Googlesuche ist notwendig, da in der Textsammlung des IdS (DeReKo = Deutsches Referenzkorpus), obwohl diese inzwischen 24 Milliarden Wortformen umfasst, die gefragten Varianten häufig nur relativ selten vorkommen. Bei Google finden sich häufig deutlich mehr Treffer, die Zahlen sind aber aus den folgenden beiden Gründen mit Vorsicht zu genießen:

    1. Google unterscheidet nicht zwischen "echten" Sprachgebrauchstreffern und metasprachlichen Diskussionen. Die Frage zu downgeloadet/gedownloadet in unserem Forum bspw. ist auch ein Treffer bei Google. Insgesamt betrachtet machen die metasprachlichen Diskussionen aber in aller Regel den deutlich geringeren Anteil an den Gesamttreffern aus.

    2. Google bemüht sich um personalisierte und schnelle Suchergebnisse, die Treffergenauigkeit steht hier also nicht im Vordergrund. Dennoch - und deshalb wird hier trotz der genannten Einschränkungen auf Google zurückgegriffen - lassen sich doch Eindrücke über allgemeine Gebrauchstendenzen gewinnen.
     


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