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Thema: Die Lage ist alles andere als rosig

  1. #1
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    Standard Die Lage ist alles andere als rosig

    Wie ich auf die Frage gestoßen bin:
    Bei der Lektüre eines Artikels (Zeit online)

    Mit folgendem Nachschlagewerk versuchte ich dieser Frage auf den Grund zu gehen:
    Trifft nicht zu

    Zu welchen "Wortklassen" (Helbig & Buscha) muss ich "alles andere" einstufen?

    die Lage: Subjekt, weiblich
    andere: auch weiblich? Aber : die Frau ist groß/klein (nicht dekliniert, demnach Adverb und nicht Adjektiv).
    alles: Gradpartikel?

    Beziehungsweise:

    die Lage: Subjekt, weiblich
    alles: Indefinitpronomen (Neutrum, Singular)
    andere: Adjektiv (schwach, Neutrum, Singular)

    Vielen Dank im voraus

    Michel
    Geändert von Lars Bepler (05.12.2016 um 23:39 Uhr)

  2. #2

    Standard Wortart von alles und andere

    Die Beantwortung Ihrer Frage ist Teil eines Forschungsprojekts zur Verständlichkeit von grammatischen Erklärungen. Da es sich bei einer Frage zur Wortartbestimmung um keinen den Sprachgebrauch betreffenden grammatischen Zweifelsfall handelt, wird hier auf unser auf Zweifelsfälle ausgerichtetes Antwortschema mit den Icons verzichtet. Wir möchten Sie dennoch bitten, im Anschluss an die Lektüre der Antwort die Tools zur Bewertung (Fragebogen, Sternchenfunktion, Antwortoption) zu nutzen.

    Bei der Wortartbestimmung (oder Wortklassenbestimmung) betrachtet man die Wörter in der Regel nicht abhängig von der Umgebung im Satz, sondern orientiert sich an bestimmten Merkmalen. So kann anderer, andere, anderes z.B. kein Adjektiv sein, da man es nicht steigern kann (*am andersten).
    Problematisch ist jedoch die Unterscheidung zwischen Artikeln und Pronomen, wozu sowohl alles als auch andere einzuordnen wären: Artikel und Pronomen teilen die Eigenschaft, deklinierbar zu sein, indem sie sich ihrem Bezugswort in Kasus, Numerus und Genus anpassen:
    Diese Blume ist schön, dieser Baum leider alt. Sie stehen trotzdem in der Natur zusammen.
    Dabei ist ihr Genus nicht wie bei Substantiven fest, sondern variabel. Artikel stehen in Nominalgruppen und tragen in der Regel die grammatischen Informationen, während Pronomen alleinstehend – wie ihr Name bereits andeutet – anstelle einer Nominalgruppe stehen können:
    Der fleißige Schüler lernt die Grammatik.
    Er fühlt sich danach immer schlauer.
    Artikel und Pronomen bilden in manchen Grammatiken (in Duden Band 4 „Die Grammatik“ und Helbig & Buscha „Deutsche Grammatik“ als Artikelwörter und Pronomen) jedoch eine Wortart, da ein Wort sowohl als Artikel als auch als Pronomen fungieren kann:
    Dieser fleißige Schüler lernt die Grammatik.
    Dieser fühlt sich danach immer schlauer.
    Bei alles und andere ist dies ebenso der Fall:
    Alle Jahre wieder ist Weihnachten.
    Alle setzten sich zum Weihnachtsbaum.
    Andere Kinder packten bereits ihre Geschenke aus.
    Andere mussten noch warten.
    In Ihrem Beispielsatz bleiben die Wörter unflektiert, da sie als Teil eines Subjektsprädikativs verwendet werden. Unter den Verben können sogenannte Kopulaverben wie ist eine Gleichsetzung zwischen einer Nominalgruppe und einem Adjektiv erzeugen:

    Die Lage ist rosig. (Die Lage = rosig)
    Sie ist rosig. (Sie = rosig)
    Alles andere ist unwichtig. (Alles andere = unwichtig)
    In Ihrem Fall setzt das Verb die Lage mit alles andere als rosig gleich; man kann dies so interpretieren, dass alles andere hierbei als Pronomen zwischen dem Kopulaverb und der Konjunktion und für die Lage steht.

    Demzufolge sprechen die Eigenschaften der Wörter alles und andere dafür, dass jene zu den Artikeln und Pronomen gehören.
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    Geändert von Lars Bepler (10.06.2017 um 21:26 Uhr)

  3. #3
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    Standard Die Lage ist alles andere als rosig

    Vielen Dank für die Antwort.

    Dennoch hätte ich eine zusätzliche Frage:

    Warum ist "alles" stark gebogen und "andere" schwach? Vergleichen Sie bspw.: alles andere und nichts anderes

    Wäre das auf das Prinzip der Monoflektion zurückzuführen? So ja, warum nicht in allen Fällen?


    Mit freundlichen Grüßen

    Michel
    Geändert von Michelvilvoorde (06.12.2016 um 14:40 Uhr)

  4. #4

    Standard Flexion von Artikeln und Pronomen

    Sprachsystem

    Ihre Rückfrage betrifft die Flexion von Artikeln und Pronomen. In der Regel steht immer nur ein Artikel bzw. Pronomen in einer Nominalgruppe:

    die schöne Blume
    *diese die schöne Blume
    nichts Großes
    *nichts etwas Großes
    Es existieren allerdings ebenso Kombinationen von Artikeln bzw. Pronomen:
    all diese klugen Menschen
    alle seine Sachen
    manch ein kluger Mensch
    Hierbei beeinflussen sich die Flexionen der einzelnen Artikel und Pronomen nicht gegenseitig, sondern behalten ihre Flexionsart bei. Die Artikel und Pronomen werden also getrennt dekliniert, jedoch können sie grundsätzlich unterschiedlich dekliniert werden: anderer, andere, anderes wird adjektivisch dekliniert, wie man in den folgenden Beispielen erkennen kann, in denen das Prinzip der Monoflexion greift, dass nur ein Hauptmerkmalträger in einer Nominalgruppe existiert, der die grammatischen Informationen trägt:

    die anderen Schüler
    andere Schüler
    nichts wird hingegen wie zahlreiche unbestimmte Artikel (z.B. jedermann) substantivisch dekliniert und erhält seine Kasusendung folglich unabhängig von der Umgebung in der Wortgruppe. Dementsprechend liegen Sie mit dem Prinzip der Monoflexion richtig: Bei alles andere sind die grammatischen Informationen bereits an alles durch die Endung –es erkennbar, sodass andere wie Adjektive schwach dekliniert wird, während bei nichts anderes keine grammatischen Informationen an nichts ablesbar sind und nach dem Prinzip der Monoflexion anderes stark dekliniert wird, um diese zu markieren.
     

  5. #5
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    Standard Die Lage ist alles andere als rosig

    Vielen Dank für die Erläuterungen.

    Mit freundlichen Grüßen

    Michel

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