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Thema: Gibt es "unserer" ??

  1. #1
    Unregistriert Gast

    Standard Gibt es "unserer" ??

    Wie ich auf die Frage gestoßen bin:
    Diskussion mit Freunden

    Hallo, wir waren uns nicht einig ob es das Wort "unserer" gibt, wenn man zum Beispiel sagt

    -"Das ist unser Ball!"

    und das Substantiv weglässt

    -"Das ist unserer!"

    Quasi analog zu
    - "Das ist mein Ball" und - "Das ist meiner!"

    Zu sagen "das ist unser" klingt meiner Meinung nach komisch wenn kein Substantiv folgt, man sagt ja auch nicht "Das ist mein!"

    Vielen Dank im Vorraus!

  2. #2

    Standard Possessives Artikelwort vs. possessives Pronomen

    Die Beantwortung Ihrer Frage ist Teil eines Forschungsprojekts zur Verständlichkeit von grammatischen Erklärungen. Wir bitten Sie deshalb darum, im Anschluss an die Lektüre der Antwort die Tools zur Bewertung (Fragebogen, Sternchenfunktion, Antwortoption) zu nutzen.

    Sprachsystem

    Die Form unserer gibt es tatsächlich und wie Sie ganz richtig hergeleitet haben, kommt es auf die Verhältnisse im jeweiligen Satz an, ob dort unser oder unserer eingesetzt werden muss.

    Grammatiken unterscheiden heute oftmals zwischen possessiven (besitzanzeigenden) Artikelwörtern (z. B. mein, dein, unser, euer) und possessiven Pronomen (z. B. meiner, deiner, unserer, eurer). Possessive Artikelwörter stehen immer bei Substantiven, von denen sie den Kasus, den Numerus und das Genus übernehmen. Die folgende Tabelle zeigt die Formen im Singular.

    Maskulinum Femininum Neutrum
    Nominativ unser_ Ball unsere Puppe unser_ Stofftier
    Genitiv unseres Balls unserer Puppe unseres Stofftiers
    Dativ unserem Ball unserer Puppe unserem Stofftier
    Akkusativ unseren Ball unsere Puppe unser_ Stofftier

    Possessive Pronomen stehen dagegen stellvertretend für ein Substantiv bzw. eine Substantivgruppe, ihre Formen sind jedoch weitgehend identisch mit denen der possessiven Artikelwörter.

    Beispiel

    Das ist unsere Puppe! (possessives Artikelwort) – Das ist unsere! (possessives Pronomen)


    Unterschiede ergeben sich nur im Nominativ und Akkusativ Singular Neutrum sowie im Nominativ Singular Maskulinum, wobei letzteres für Ihren Zweifelsfall relevant ist: Da Ball ein Maskulinum ist, wird ihm nach der obigen Tabelle das endungslose possessive Artikelwort unser zur Seite gestellt. Wird die Substantivgruppe aber durch ein possessives Pronomen vertreten, so erhält dieses Pronomen eine deutliche maskuline Nominativendung.

    Beispiel

    Das ist unser_ Ball! (possessives Artikelwort) – Das ist unserer! (possessives Pronomen)


    Es ist außerdem möglich, das –e– von unser– wegzulassen, wenn die Endung –er angehängt wird: Das ist unsrer!
     


    Sprachvariation

    Neben den heute gebräuchlichen Varianten Das ist unserer/unsrer gibt es noch weitere Möglichkeiten, ein Besitzverhältnis auszudrücken. Die folgenden werden heutzutage aber als gehoben oder veraltet betrachtet.

    Beispiel

    Das ist nicht dein Ball, sondern der unsere/der unsrige. (Artikel der + possessives Adjektiv)

    Der Ball ist unser. (possessives Adjektiv, vgl. Dudengrammatik, S. 279-280)
     


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  3. #3
    Unregistriert Gast

    Standard Unser vs unserer

    Frage: heisst es korrekt:
    a) Das Konsulat nahm sich unser an
    b) Das Konsulat nahm sich unserer an

    Und warum?

  4. #4

    Standard Genitivrektion: Personalpronomen und Genitiv von Artikelwörtern - unser vs. unserer

    Die Beantwortung Ihrer Frage ist Teil eines Forschungsprojekts zur Verständlichkeit von grammatischen Erklärungen. Wir bitten Sie deshalb darum, im Anschluss an die Lektüre der Antwort die Tools zur Bewertung (Fragebogen, Sternchenfunktion, Antwortoption) zu nutzen.

    Sprachsystem

    Sie problematisieren in Ihrer Frage den Unterschied zwischen unserer und unser anhand folgenden Beispiels:
    Das Konsulat nahm sich unser an.
    Das Konsulat nahm sich unserer an.
    Um Ihrer Frage auf den Grund zu gehen, sollen zunächst beide Wortformen näher bestimmt werden. Es handelt sich bei unser laut Dudengrammatik (Duden Band 4) um den Genitiv des Personalpronomens wir, wie die nachfolgende Deklinationstabelle zeigt:

    Nominativ wir
    Genitiv unser
    Dativ uns
    Akkusativ uns

    Da Pronomen stellvertretend für ein Wort bzw. eine Wortgruppe stehen können, besitzen Pronomen ebenfalls die Eigenschaft, nach Kasus flektiert (gebeugt) werden zu können, wodurch die obige Tabelle zustande kommt. Laut Dudengrammatik wird diese Genitivform unser wie auch der Genitiv anderer Personalpronomen als Genitivobjekt bei bestimmten Verben verwendet:
    Wir bedurften ihrer noch.
    Die Kollegen waren seiner überdrüssig.
    Pronomen stehen in der Regel jedoch nicht vor Substantiven, sondern Artikelwörter. Diese Artikelwörter können aber zum Teil ausgehend von Pronomen gebildet werden. So stellt der Genitiv unser des Personalpronomens wir den Stamm des Artikelwortes unserer dar:
    [Unsere Hunde]Nominativ laufen in den Garten.
    Wir gedenken [unserer Verstorbenen]Genitiv.
    Die Lehrer geben [unseren Kindern]Dativ heute viele Hausaufgaben auf.
    Die Kinder mögen [unseren Kuchen]Akkusativ.
    Die Endung -er bei unserer ist folglich durch den Gebrauch als Artikel zu klären, da -er den Genitiv markiert. Die Form unserer trägt daher quasi zweimal das Merkmal Genitiv, nämlich einmal durch die Endung -er und einmal durch den Stamm unser.
    Laut Duden-Universalwörterbuch (DUW) bindet das reflexive Verb sich annehmen neben einem Subjekt auch ein Genitivobjekt an sich:
    Sie nahm sich der kranken Kinder an. (Beispiel aus DUW)
    Die Stadt will sich vermehrt der Ausländerbetreuung annehmen. (Beispiel aus DUW)
    Da sowohl unser als auch unserer im Genitiv stehen, können rein formal beide Varianten die Position des Genitivobjektes erfüllen. Die Dudengrammatik gibt unter §363 an, dass im Genitiv häufig nur die endungslose unser verwendet wird, da diese bereits auf -er endet. Jedoch ist auch die Variante unserer möglich, da auch diese Form Eingang in standardsprachliche Texte gefunden hat. Die folgenden Beispiele zeigen, dass beide Varianten verwendet werden können:
    Wir wurden tatsächlich von einem Herrn im Kassenbereich freundlich begrüßt, der sich sofort unser annahm. (Beispiel aus der Dudengrammatik)
    Ein Glück, dass die Jugendgruppe der Kirchengemeinde sich unserer annahm und uns mitnahm. (Beispiel aus der Dudengrammatik)
    Folglich sind beide Varianten, welche Sie eingangs vorgeschlagen haben, möglich.
     


    Sprachgebrauch

    Eine Sprachgebrauchsanalyse soll im Folgenden darüber Auskunft geben, ob eine der beiden Varianten im Sprachgebrauch häufiger vorkommt. Die Variante „nimmt sich unser an“ ergab insgesamt 4 Treffer:
    Ein äußerst eleganter Theatermanager nimmt sich unser an. (DeReKo)
    Hingegen ergab die Suche nach „nimmt sich unserer an“ nur 2 Treffer:
    Unsere Revolution steht alleine, niemand nimmt sich unserer an. (DeReKo)
    Aufgrund der geringen Treffermenge wurde eine zusätzliche Recherche mit Google durchgeführt. Bitte lesen Sie die Hinweise zu Googledaten im Anschluss.
    Zunächst wurde nach der Variante „nimmt sich unser an“ gesucht. Hier wurden insgesamt 1730 Treffer angezeigt. Die Suche nach „nimmt sich unserer an“ ergab 591 Treffer.
    Anhand dieser Daten ist eine deutliche Tendenz zur ersten Variante zu erkennen:
    Das Konsulat nahm sich unser an.
    Hinweis zu Googledaten:
    Die Sprachgebrauchsdaten werden in der Regel mit dem wissenschaftlich fundierten Recherchesystem des Instituts für deutsche Sprache Mannheim COSMAS II erhoben und durch Googlebefunde ergänzt. Die Googlesuche ist vor allem notwendig, wenn in der Textsammlung des IdS (DeReKo = Deutsches Referenzkorpus), obwohl diese inzwischen 24 Milliarden Wortformen umfasst, die gefragten Varianten nur relativ selten oder gar nicht vorkommen. Bei Google finden sich häufig deutlich mehr Treffer, die Zahlen sind aber aus den folgenden beiden Gründen mit Vorsicht zu genießen:

    1. Google unterscheidet nicht zwischen "echten" Sprachgebrauchstreffern und metasprachlichen Diskussionen. Die Frage zu downgeloadet/gedownloadet in unserem Forum bspw. ist auch ein Treffer bei Google. Insgesamt betrachtet machen die metasprachlichen Diskussionen aber in aller Regel den deutlich geringeren Anteil an den Gesamttreffern aus.

    2. Google bemüht sich um personalisierte und schnelle Suchergebnisse, die Treffergenauigkeit steht hier also nicht im Vordergrund. Dennoch - und deshalb wird hier trotz der genannten Einschränkungen auf Google zurückgegriffen - lassen sich doch Eindrücke über allgemeine Gebrauchstendenzen gewinnen.
     

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