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Thema: Schwere Berufszuordnung grammatikalisch nicht korrekt ?

  1. #1
    Unregistriert Gast

    Standard Schwere Berufszuordnung grammatikalisch nicht korrekt ?

    Kann man sagen : Schwere Berufszuordnung für XYZ?

  2. #2
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    Gießen
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    Standard

    Die Beantwortung Ihrer Frage ist Teil eines Forschungsprojekts zur Verständlichkeit von grammatischen Erklärungen. Wir bitten Sie deshalb darum, im Anschluss an die Lektüre der Antwort die Tools zur Bewertung (Fragebogen, Sternchenfunktion, Antwortoption) zu nutzen.

    Sprachsystem


    Sie möchten wissen, ob der Ausdruck schwere Berufszuordnung für im Deutschen möglich ist. Dazu fällt zunächst auf, dass sich weder im Duden Universalwörterbuch noch im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, zwei einschlägigen Wörterbüchern, ein Eintrag zu dem Substantiv Berufszuordnung finden lässt. Dennoch handelt es sich zumindest um ein mögliches Wort des Deutschen, da es den Kriterien zur Wortbildung entspricht. Darüber hinaus lässt es sich im Sprachgebrauch wiederfinden (3 Treffer bei Cosmas II, ca. 2.290 bei Google).

    Der Terminus Berufszuordnung wird dabei v. a. dafür verwendet, wenn ausgedrückt werden soll, ob eine Berufsbezeichnung X dasselbe meint wie eine Berufsbezeichnung Y. Eine schwierige Berufszuordnung läge dann vor, wenn bspw. unklar ist, ob ein Facility Manager die gleichen Aufgaben und Kompetenzen hat wie ein Hausmeister. Außerdem wird von Berufszuordnung gesprochen, wenn ein Beruf einer Berufsgruppe zugeordnet werden soll, bspw. der Beruf der Krankenschwester zu sozialen Berufen. Eine dritte Verwendungsweise besteht darin, dass Berufszuordnung die Auswahl eines Berufs zu einer Person meint, die seinen Kompetenzen und Interessen entspricht.

    Substantive im Deutschen können durch Adjektive näher bestimmt werden, welche dann als Adjektivattribute bezeichnet werden. In Ihrem Beispielfall liegt die Besonderheit vor, dass das modifizierte Substantiv ein Kompositum ist, d. h. es ist ein Wortbildungsprodukt aus zwei zusammengesetzten Substantiven. Der rechte Wortbestandteil (hier: Zuordnung) eines Kompositums wird als Grundwort bezeichnet, der linke Wortbestandteil (hier: Beruf) als Bestimmungswort. Dabei wird mit dem Bestimmungswort näher spezifiziert, um welche Art von Zuordnung es sich in Ihrem Beispiel handelt. Laut Duden 9 Wörterbuch der sprachlichen Zweifelsfälle modifiziert ein Attribut zwar das Kompositum im Gesamten bezieht sich aber primär eigentlich auf das Grundwort. Dies wird am Ausdruck große Eisfabrik erläutert, hierbei handelt es sich nämlich nicht um ein großes Eis, sondern um eine große Fabrik. Nur in wenigen konventionalisierten Ausnahmefällen bezieht sich das Attribut auf das Bestimmungswort eines Kompositums, wie bei:

    Beispiel

    deutsche Sprachwissenschaft
    evangelisches Pfarrhaus
    Bürgerliches Gesetzbuch


    Es muss also geklärt werden, auf welchen Bestandteil des Kompositums sich das Attribut in Ihrem Beispiel bezieht. Handelt es sich um eine schwere Zuordnung, dann ist das Hinzufügen des Adjektivattributs, wie Sie es vorgenommen haben, unproblematisch. Handelt es sich hingegen um schwere Berufe, dann bezieht sich das Attribut auf das Erstglied des Kompositums, was eigentlich nur in festen Wendungen möglich ist. Eine solche Attribuierung wäre als eher problematisch einzustufen. Da sich das Kompositum Berufszuordnung noch nicht so stark konventionalisiert hat und ein konkreter Satzzusammenhang fehlt, können wir bei Ihrem Beispielfall nicht abschließend bewerten, ob das Attribut problematisch ist.

    Des Weiteren kann Ihre Unsicherheit die Frage betreffen, ob das Substantiv Berufszuordnung mit der Präposition für verwendet werden kann. Dies ist im Deutschen dann sinnvoll, wenn man auszudrücken will, dass einer Person ein bestimmter Beruf oder eine Berufsbezeichnung zugeordnet werden soll, wie bspw. in:

    Beispiel

    Die Berufszuordnung für den arbeitsuchenden Max Mustermann fiel den Mitarbeitern der Arbeitsagentur schwer.

    Vorrang haben Bezirkshäuptlinge, "überaus verdiente" Bereichspolitiker, mitgeschleppte Schreiber der dritten Garnitur und überhaupt "Wohltäter" (ja, tatsächlich, so lautete noch während der jüngsten Dezennien die offizielle Berufszuordnung für jene, die man zwar mit einer Straße oder Ähnlichem auszeichnen wollte, deren voraussetzende Verdienste sich aber irgendwie den sonst praktischen Beurteilungen entzogen). (P05/FEB.00645 Die Presse, 05.02.2005, S. 4; Dem Alban Berg gehört ein enges Wegerl am Küniglberg. Der Kreisky...)


    Will man hingegen ausdrücken, dass ein Beruf einer Berufsgruppe zugeordnet werden soll, würde man dafür tendenziell eher die Präposition zu verwenden. Ein Beispiel dafür wäre:

    Beispiel

    Die Berufszuordnung zu Produktions- und Dienstleistungsberufen erfolgte auf Basis der KldB 1992 entsprechend der Zuordnung in Uhly/Troltsch 2009, in Anlehnung an IAB, Modifikation auf Basis der Analysen von Hall (2007) und Uhly (2007). (Internetbeleg: https://www.bibb.de/dokumente/pdf/a2...-p-dl_2013.pdf)


    Entsprechend ist aus sprachsystematischer Sicht die von Ihnen vorgeschlagene Variante denkbar. Ob diese Variante jedoch auch im Sprachgebrauch vorkommt, soll eine Korpusanalyse zeigen.
     


    Sprachgebrauch


    Untersucht wurden die Vorkommen der folgenden Varianten in Cosmas II, der digitalen Belegsammlung des Instituts für Deutsche Sprache (IDS), und bei Google. Die Ergebnisse zeigt die nachfolgende Tabelle:

    COSMAS IIGoogle
    Berufszuordnung 3 Treffer ca. 2.290 Treffer
    Berufszuordnung für 1 Treffer ca. 6 Treffer
    Berufszuordnung zu 0 Treffer ca. 44 Treffer
    schwere Berufszuordnung 0 Treffer ca. 0 Treffer

    Insgesamt wird das Substantiv Berufszuordnung eher selten und dann auch nur in spezifischen Kontexten benutzt. So tritt es v. a. im Zusammenhang mit der Jobsuche, einer Ausbildung und Forschungsliteratur zu Berufsfeldern auf. Die Kombination mit einer Präposition ist dabei eher selten und wenn wird wie bei dem Substantiv Zuordnung vor allem auf die Präposition zu zurückgegriffen, wobei sich unter den Trefferzahlen einige Fehlbelege finden lassen, wie:

    Beispiel

    Die berufliche Vorbildung muss der jeweiligen Ausbildungsrichtung entsprechen. Hinweise zur Zuordnung der Ausbildungsberufe zu einer Ausbildungsrichtung sind unter dem Link: http://www.bfbn.de/beruflicheobersch...erufszuordnung zu erhalten.


    Auch die Kombination mit dem Adjektiv schwer ist nicht verbreitet.

    Hinweis zu Googledaten: Die Sprachgebrauchsdaten werden mit dem wissenschaftlich fundierten Recherchesystem des Instituts für deutsche Sprache Mannheim COSMAS II erhoben und durch Googlebefunde ergänzt. Die ergänzende Googlesuche ist notwendig, da in der Textsammlung des IdS (DeReKo = Deutsches Referenzkorpus), obwohl diese inzwischen 24 Milliarden Wortformen umfasst, die gefragten Varianten häufig nur relativ selten vorkommen. Bei Google finden sich häufig deutlich mehr Treffer, die Zahlen sind aber aus den folgenden beiden Gründen mit Vorsicht zu genießen:

    1. Google unterscheidet nicht zwischen "echten" Sprachgebrauchstreffern und metasprachlichen Diskussionen. Die Frage zu downgeloadet/gedownloadet in unserem Forum bspw. ist auch ein Treffer bei Google. Insgesamt betrachtet machen die metasprachlichen Diskussionen aber in aller Regel den deutlich geringeren Anteil an den Gesamttreffern aus.

    2. Google bemüht sich um personalisierte und schnelle Suchergebnisse, die Treffergenauigkeit steht hier also nicht im Vordergrund. Dennoch - und deshalb wird hier trotz der genannten Einschränkungen auf Google zurückgegriffen - lassen sich doch Eindrücke über allgemeine Gebrauchstendenzen gewinnen.
     


    Fazit: Entsprechend kann festgehalten werden, dass die von Ihnen vorgeschlagene Variante zwar aus sprachsystematischer Sicht möglich, jedoch nicht wirklich verbreitet ist.

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