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Thema: Heißt es "Ich grabe ein Loch in der Erde" oder "Ich grabe ein Loch in die Erde" -

  1. #1
    Unregistriert Gast

    Standard Heißt es "Ich grabe ein Loch in der Erde" oder "Ich grabe ein Loch in die Erde" -

    Wie ich auf die Frage gestoßen bin:
    Deutschkurs

    Mit folgendem Nachschlagewerk versuchte ich dieser Frage auf den Grund zu gehen:
    Duden

  2. #2

    Standard Valenz von graben

    Die Beantwortung Ihrer Frage ist Teil eines Forschungsprojekts zur Verständlichkeit von grammatischen Erklärungen. Wir bitten Sie deshalb darum, im Anschluss an die Lektüre der Antwort die Tools zur Bewertung (Fragebogen, Sternchenfunktion, Antwortoption) zu nutzen.

    Sprachsystem

    Ihre Frage betrifft den Kasus der Nominalgruppe die Erde im Satz Ich grabe ein Loch in die/der Erde. Die Nominalgruppe die Erde ist hier Teil der Präpositionalgruppe in der/die Erde, wobei der Kasus der Nominalgruppe üblicherweise von der Präposition regiert wird.

    Die Präposition in zählt zu den sogenannten Wechselpräpositionen und kann sowohl den Dativ als auch den Akkusativ regieren. Mit der Kasusrektion der Wechselpräposition sind unterschiedliche Bedeutungen verbunden. Nach der Dudengrammatik (Duden 4) bezeichnet der Dativ eher eine statische Lage, während der Akkusativ eine direktionale Ortsveränderung, eine dynamische Bewegung oder eine Richtung bezeichnet. Dies wird an folgendem Beispiel deutlich:

    Beispiel

    Er sitzt in dem Auto. (lokal)
    Er setzt sich in das Auto. (direktional)


    Ob eine Wechselpräposition mit dem Dativ oder dem Akkusativ verwendet wird, ist also abhängig vom jeweiligen Kontext. An dieser Stelle ist das Verb graben von Bedeutung, womit es sich bei der Frage nach dem Kasus der Nominalgruppe die Erde um die Frage handelt, welchen Kasus das Verb fordert. Damit bezieht sich die Frage auf die Valenz des Verbs graben.

    Unter Valenz wird die Fähigkeit eines Verbs verstanden, einen Satz hinsichtlich seiner Konstituenten festzulegen und diese zu strukturieren. Dabei werden die semantischen Rollen bezüglich ihres Kasus durch die Valenz des Verbs bestimmt. Für die Valenz von graben in Verbindung mit der Präposition in kann in Anlehnung an die Eigenschaften der Wechselpräposition festgehalten werden:
    graben in + Akkusativ gibt die Richtung an, in die gegraben wird. Man kann hier nach dem Akkusativ fragen mit wohin?

    Beispiel

    Er gräbt ein Loch in die Mauer.

    graben in + Dativ bezeichnet den Ort, an dem gegraben wird. Hier kann entsprechend mit wo? gefragt werden.

    Beispiel

    Er gräbt ein Loch in der Mauer.

    Für das Beispiel Ich grabe ein Loch in der/die Erde sind prinzipiell beide Varianten denkbar, in dem die Nominalgruppe die Erde einmal als Richtungsangabe (Ich grabe ein Loch in die Erde) und einmal als Ort des Grabens (Ich grabe ein Loch in der Erde) verstanden werden kann. Ob eine lokale oder direktionale Bedeutung vorliegt, ist also abhängig vom Kontext der Verwendung.
     


    Sprachgebrauch


    Mit Hilfe der Applikation Cosmas II können Beispiele für die Verwendung bestimmter Formen in den Sprachkorpora des Instituts der deutschen Sprache gefunden werden. Die Suche liefert für graben in folgende Beispiele:

    Beispiel

    graben in + Akkusativ: „Wir bleiben im Bauvolumen, graben in die Tiefe, bekommen steiler ansteigende Sitzreichen und zwei Balkone, die in den Zuschauerraum reichen.“ (Neue Kronen-Zeitung 27.01.1998)

    Beispiel

    graben in + Dativ: „Oft wird in den ersten Tagen von Wimbledon versucht zu graben in der Tiefe der Seele des Helden Boris Becker (…).“ (Süddeutsche Zeitung 10.07.1995)


    Die Beispiele zeigen, dass die Nominalgruppe, die auf graben in folgt, sowohl die Richtung als auch den Ort des Grabens anzeigen kann.
     


    Fazit: Für den Satz Ich grabe ein Loch in der Erde / in die Erde sind beide Varianten möglich. Mit der Rektion des Kasus der Nominalgruppe die Erde geht jedoch ein Bedeutungsunterschied einher, womit der Kasus abhängig ist von semantischen Aspekten. Soll bei dem Beispiel betont werden, dass die Erde nach dem Graben ein Loch hat, liegt die direktionale Lesart nahe. Damit würde der Satz Ich grabe ein Loch in die Erde lauten. Im Satz Ich grabe ein Loch in der Erde steht hingegen mit dem Ort des Grabens eher der Vorgang und nicht das Ergebnis im Vordergrund.



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