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Thema: "Führt zu Prüfling" oder "Führt zum Prüfling"?

  1. #1
    Unregistriert Gast

    Standard "Führt zu Prüfling" oder "Führt zum Prüfling"?

    Wie ich auf die Frage gestoßen bin:
    Eine andere Person hat mich gefragt

    Es geht um ein Schild, welches zur Beschreibung an einer technischen Anlage angebracht werden soll.
    Die Frage ist, ob es heißen soll: ...führt ZUM Prüfling oder ...führt ZU Prüfling.
    Da "Prüfling" ja schon ein Substantiv ist und kein substantiviertes Verb, weiß ich nun nicht, welche der beiden Schreibweisen die Richtige ist.
    Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie mir in dieser Frage weiterhelfen könnten. Besten Dank im Voraus!

  2. #2

    Standard Artikelgebrauch in der Präpositionalgruppe

    Die Beantwortung Ihrer Frage ist Teil eines Forschungsprojekts zur Verständlichkeit von grammatischen Erklärungen. Wir bitten Sie deshalb darum, im Anschluss an die Lektüre der Antwort die Tools zur Bewertung (Fragebogen, Sternchenfunktion, Antwortoption) zu nutzen.

    Sprachsystem

    Der Unterschied zwischen den beiden vorgeschlagenen Varianten liegt in der Verwendung des Artikels. Neben der artikellosen Variante führt zu Prüfling schlagen Sie mit führt zum Prüfling eine Variante vor, in der mit zum als Verschmelzung aus der Präposition zu und dem Artikel dem der definite Artikel verwendet wird. Diese Verschmelzung wird laut dem Wörterbuch der sprachlichen Zweifelsfälle (Duden 9) auch in der Standardsprache verwendet.

    Die Präposition zu wird in diesem Beispiel bestimmt von dem Vollverb führen im Sinne von etwas führt irgendwohin. Ob eine Verschmelzung der Präposition mit einem Artikel vorliegt, ist jedoch unabhängig von dem Verb. Es handelt sich vielmehr um eine Frage zu dem Artikelgebrauch in der Präpositionalgruppe zu/zum Prüfling, womit das Verb führt nicht weiter betrachtet werden muss.

    Eine Präpositionalgruppe besteht in der Regel aus einer Präposition und einer Nominalgruppe. Die Präposition bestimmt dabei den Kasus der Nominalgruppe, was als Rektion bezeichnet wird. In diesem Fall regiert die Präposition zu den Dativ Prüfling. Aufgrund äußerlich identischer Formen ist der Dativ am Substantiv nicht vom Nominativ zu unterscheiden. Lediglich in Verbindung mit dem Artikel dem wird der Kasus eindeutig markiert.
    zu Prüfling
    zu dem/ zum Prüfling
    Laut der Dudengrammatik (Duden 4) verschmelzen besonders im Dativ bestimmte Präpositionen, darunter auch zu, mit dem definiten Artikel. Die Frage ist jedoch, ob im Beispiel zu/zum Prüfling überhaupt ein Artikel verwendet wird. Entscheidend dafür sind verschiedene Kriterien des Artikelgebrauchs, die sehr umfangreich sind und hier nicht vollständig dargestellt werden können. Es werden daher nur diejenigen Bedingungen berücksichtigt, die für den vorliegenden Zweifelsfall von Bedeutung sind. Weitere Kriterien zum Artikelgebrauch sind der Dudengrammatik (ab Randnummer 383ff.) und folgenden Antworten zu entnehmen:
    https://grammatikfragen.de/showthrea...efixid=artikel
    https://grammatikfragen.de/showthrea...ht=nullartikel
    Der definite Artikel der, die, das (im Maskulinum Dativ Singular dem) kennzeichnet ein Substantiv als hinreichend identifiziert. Die Identifikation kann dadurch zustande kommen, dass…
    • die vom Substantiv ausgedrückte Person oder Sache bereits eingeführt wurde

      Beispiel

      Gestern versammelten sich 30 Schülerinnen und Schüler nach ihrer Abiturprüfung auf dem Schulhof. Die Prüflinge waren froh, ihr Abitur geschafft zu haben.
    • die Identifikation durch die Beschreibung selbst zustande kommt

      Beispiel

      Gestern trafen sich die Prüflinge, die an der Schule ihre Abiturprüfung ablegten.
    • die Person der Sache, für die das Substantiv steht, einem bestimmten Personenkreis bekannt ist, wie beispielsweise im Gespräch unter Prüfern:

      Beispiel

      Die Prüflinge warten draußen.

    Ein nicht hinreichend identifiziertes Substantiv kann hingegen durch den indefiniten Artikel ein, eine gekennzeichnet werden. Dies ist jedoch nur bei Substantiven im Singular möglich, ein Substantiv im Plural kann auch artikellos blieben. In diesem Fall spricht man vom sogenannten Nullartikel. Im vorliegenden Beispiel liegt diese Bedingung jedoch nicht vor. Laut dem Wörterbuch der sprachlichen Zweifelsfälle kann ein Nullartikel in einer Präpositionalgruppe auch dann auftreten, wenn es sich um eine häufig gebrauchte und formelhafte Verbindung aus Präposition und nicht näher definiertem Substantiv handelt. Beispiele dafür sind Ausdrücke wie bei Wasser und Brot, bei Tische oder bei Regen.

    Aus sprachsystematischer Perspektive ist also sowohl die artikellose Variante als auch die Variante mit Artikel und Präposition möglich. Es ist dabei vom jeweiligen Kontext abhängig, ob ein Artikel gebraucht wird oder nicht. Da es sich, wie Sie in Ihrer Frage geschrieben haben, um ein Schild an einer technischen Anlage handelt, zu der vermutlich nur ein begrenzter Personenkreis Zugang hat, liegt die Vermutung nahe, dass es sich bei dem Substantiv Prüfling um ein hinreichend identifiziertes Subjekt handelt. In diesem Fall besteht also die Tendenz zur Verwendung des Artikels.

    Ihre Zweifel rühren vermutlich daher, dass zum als Verschmelzung von der Präposition zu und dem Artikel dem häufig vor substantivierten Infinitiven steht.

    Beispiel

    Er kommt zum Arbeiten.
    Sie gehen zum Essen.

    Laut der Dudengrammatik werden solche Verschmelzungen, insbesondere zum, vor Substantiven verwendet, die einen ganz bestimmten Gegenstand bezeichnen, der sowohl dem Sprecher als auch dem Hörer bekannt ist. Sofern der Prüfling hier dem Schreiber und dem Leser des Schildes bekannt ist, entspricht die Form führt zum Prüfling dieser Verwendung.
     



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