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Thema: Eine Frage zum Thema "es". Was ist richtig(er), der Nebensatz mit oder ohne "es"? Das Leben hier ist viel besser, als ich (es) mir vorgestellt hatte. Brauche ich das "es"? Und wenn ja: aus welchem Grund?

  1. #1
    Unregistriert Gast

    Standard Eine Frage zum Thema "es". Was ist richtig(er), der Nebensatz mit oder ohne "es"? Das Leben hier ist viel besser, als ich (es) mir vorgestellt hatte. Brauche ich das "es"? Und wenn ja: aus welchem Grund?

    Wie ich auf die Frage gestoßen bin:
    Aspekte B2.1 S. 106

    Mit folgendem Nachschlagewerk versuchte ich dieser Frage auf den Grund zu gehen:
    duden

  2. #2

    Standard Funktion von 'es'

    Die Beantwortung Ihrer Frage ist Teil eines Forschungsprojekts zur Verständlichkeit von grammatischen Erklärungen. Wir bitten Sie deshalb darum, im Anschluss an die Lektüre der Antwort die Tools zur Bewertung (Fragebogen, Sternchenfunktion, Antwortoption) zu nutzen.

    Sprachsystem


    Ob es sich in dem Beispielsatz Das Leben hier ist besser, als ich es mir vorgestellt hatte um eine fakultative oder obligatorische Verwendung des Pronomens es handelt, hängt von der Funktion ab, die das Pronomen im Satz übernimmt. Nach der Dudengrammatik können vier Gebrauchsweisen unterschieden werden:
    Das phorische es, auch Stellvertreter-es genannt, verweist rückbezüglich auf eine Nominalgruppe oder einen anderen sprachlichen Ausdruck und kann so als Subjekt oder Akkusativobjekt fungieren. Dieses trägt eine semantische Rolle und ist obligatorisch.
    Das Leben ist schön. Es ist ein Geschenk. [Verweis auf das Leben, Funktion als Subjekt]
    Das Leben ist schön und ich genieße es. [Verweis auf das Leben, Funktion als Akkusativobjekt]
    Das unpersönliche es bezeichnet eine Ergänzung für Verben oder Adjektive, die ein semantisch leeres Subjekt oder Objekt fordern. In einigen Konstruktionen kann das unpersönliche es fehlen, es liegen dann gegebenenfalls subjektlose Sätze vor.
    Bei dem Leben handelt es sich um ein Geschenk. [unpersönliches Subjekt]
    Das Leben meint es ernst mit uns. [unpersönliches Objekt]
    Es kann als Korrelat auf einen Satz, einen Teilsatz oder eine Infinitivgruppe in Subjekt- oder Objektfunktion verweisen. Im Unterschied zum phorischen es sind die Verweise an dieser Stelle nicht rückbezüglich, sondern dienen als Vorverweis. Laut dem Wörterbuch der sprachlichen Zweifelsfälle sind solche Korrelate oft fakultativ, sie können aber auch obligatorisch sein.
    Mir kommt (es) seltsam vor, dass das Leben so schnell zu Ende sein kann. [Subjektnebensatz]
    Ich habe (es) nicht bedauert, dass mein Leben so verlaufen ist. [Objektnebensatz]
    Es kann zudem bei bestimmten Satzstrukturen als Platzhalter dienen, wenn kein anderes Satzglied dafür infrage kommt. Diese Platzhalterfunktion übernimmt das Pronomen ausschließlich am Satzanfang, im sogenannten Vorfeld. Steht dort ein anderes Satzglied, verschwindet das es als Platzhalter, es hat weder eine phorische Funktion noch wird es als unpersönliches Subjekt oder Objekt vom Verb gefordert.
    Es traten zwei wichtige Menschen in mein Leben.
    Dann traten zwei wichtige Menschen in mein Leben.
    Für Ihr Beispiel Das Leben ist hier viel schöner, als ich es mir vorgestellt hatte kann die Funktion des Pronomens es als Platzhalter ausgeschlossen werden, da dieses nicht im Vorfeld steht. Für eine weitere Klassifizierung als Korrelat, phorisches oder unpersönliches es soll die Valenz des Verbs betrachtet werden. Darunter wird die Eigenschaft verstanden, die Konstituenten eines Satzes zu bestimmen und hinsichtlich ihrer Formeigenschaften festzulegen. Für den Teilsatz als ich es mir vorgestellt hatte bedeutet dies konkret, dass anhand der Valenz des Vollverbs vorstellen bestimmt werden kann, ob es sich bei es um ein vom Verb gefordertes unpersönliches Objekt handelt oder ob das Pronomen es anstelle eines anderen Objekts, also als phorisches es, steht bzw. auf ein solches Objekt als Korrelat verweist.

    Die Valenz des Verbs vorstellen im Sinne von jemand stellt sich etwas als ein solches vor fordert nach dem elektronischen Valenzwörterbuch des Instituts für deutsche Sprache (E-VALBU) eine Ergänzung im Nominativ (jemand), eine Ergänzung im Akkusativ (etwas) und ein Prädikativ als Vergleichskomplement (ein solches). Da kein unpersönliches Subjekt oder Objekt gefordert ist, kann die Funktion des Pronomens es als unpersönliches es ausgeschlossen werden. Es bleibt zu klären, ob es phorisch auf eine Nominalphrase (Rückverweis) oder als Korrelat auf einen Teilsatz (Vorverweis) verweist, wobei das phorische es in der Regel obligatorisch, das Korrelat eher fakultativ wäre.

    Im Teilsatz als ich es mir vorgestellt hatte ist mit ich als Subjekt die Ergänzung im Nominativ vorhanden, womit auch das reflexive mir zusammenhängt. Als Prädikativ und somit als Vergleichskomplement dient semantisch: ich stelle mir das Leben gut vor, was durch den Vergleich Das Leben ist besser, als ich es mir vorgestellt habe impliziert wird. Im Teilsatz als ich es mir vorgestellt habe fehlt also die vom Verb geforderte Ergänzung im Akkusativ, auf die das Pronomen es verweist. Dem Sinn nach zu urteilen bezieht es sich auf die Nominalgruppe das Leben, die im ersten Teilsatz als Subjekt fungiert. Es handelt sich also um einen rückbezüglichen phorischen Verweis und nicht um ein Korrelat, da das Akkusativobjekt nicht durch einen anderen Teilsatz realisiert wird. Damit wäre das Pronomen es im Satz Das Leben ist viel schöner, als ich es mir vorgestellt habe obligatorisch. Wie unter anderem auch in Ihrer Frage deutlich wird, bestehen Zweifel bezüglich des obligatorischen Charakters. Dies liegt an der Vergleichs-Konstruktion mit als, die sich möglicherweise als grammatische Konstruktion ohne ein rückbezügliches es verfestigt.
     


    Sprachgebrauch


    Anhand einer Analyse von Sprachgebrauchsdaten können basierend auf den Korpusbelegen des Instituts für deutsche Sprache Tendenzen in der Verwendung festgestellt werden. Die Analyse für die Verwendung von es in Vergleichskonstruktionen liefert folgende Ergebnisse:
    als ich mir vorgestellt habe: 43 Belege
    „Dieses Gefühl werde ich nie vergessen; hier zu gewinnen ist noch viel besser, als ich mir vorgestellt habe.“ (St. Galler Tagblatt 15.09.2008)
    als ich es mir vorgestellt habe: 174 Belege
    „Von einem Moment auf den anderen ist alles ganz anders, als ich es mir vorgestellt habe.“ (Mannheimer Morgen 21.09.2002)
    Zwar wird die Variante mit dem Pronomen häufiger verwendet, die Analyse zeigt jedoch, dass auch die Variante ohne Pronomen im Sprachgebrauch auftritt. Damit kann die These der Idiomatisierung bekräftigt werden, auch wenn es sich um eine verhältnismäßig geringe Anzahl an Belegen handelt.
     


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