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Thema: ...das rapide Tempo, an/in/mit (?) dem sich die Sprache in den vorherigen Jahrhunderten entwickelt hat,...

  1. #1
    Unregistriert Gast

    Standard ...das rapide Tempo, an/in/mit (?) dem sich die Sprache in den vorherigen Jahrhunderten entwickelt hat,...

     

  2. #2

    Standard Präpositionales Adverbial

    Die Beantwortung Ihrer Frage ist Teil eines Forschungsprojekts zur Verständlichkeit von grammatischen Erklärungen. Wir bitten Sie deshalb darum, im Anschluss an die Lektüre der Antwort die Tools zur Bewertung (Fragebogen, Sternchenfunktion, Antwortoption) zu nutzen.

    Sprachsystem


    Mit Ihrer Frage beziehen Sie sich auf die Wahl der Präposition im Beispiel Tempo, an/in/mit dem sich die Sprache entwickelt hat. Um diese beantworten zu können, muss die Konstruktion zunächst näher klassifiziert werden. In Ihrem Beispiel bildet der Teil an/in/mit dem sich die Sprache entwickelt hat einen Relativsatz, der durch das Relativpronomen dem eingeleitet wird. Das Relativpronomen wird dabei mit einer Präposition (an/in/mit) in den Satz integriert. Für die Wahl der Präposition ist das Relativpronomen jedoch nicht entscheidend, vielmehr ist dies abhängig von der Semantik des Relativsatzes und der Valenz des Verbs, was im Folgenden näher erläutert wird. Zur Übersichtlichkeit wird daher auf den Relativsatz verzichtet und die Wahl der Präposition wird am Beispielsatz Die Sprache entwickelt sich an/in/mit rapidem Tempo erläutert. Die Erläuterungen gelten äquivalent auch für Ihren Beispielsatz.

    Präpositionalgruppen wie an/in/mit rapidem Tempo können im Satz unterschiedliche Funktionen übernehmen, in Anlehnung an die Terminologie der Dudengrammatik werden diese im Folgenden als präpositionales Objekt bzw. präpositionales Adverbial bezeichnet. Das präpositionale Objekt übernimmt die Funktion eines Objekts, wobei eine bestimmte Präposition vom Verb gefordert wird. Es handelt sich also um feste Verbindungen aus Verb und Präposition, wobei die Präposition ihre Grundbedeutung verloren hat und nicht ersetzt werden kann. Bei einem präpositionalen Adverbial ist die Präposition hingegen nicht so stark an das Verb gebunden, sie hat eine eigene Bedeutung und ist prinzipiell austauschbar. Der Unterschied soll an folgendem Beispielpaar deutlich werden:

    Beispiel

    Er wartet auf seine Freundin. (präpositionales Objekt)
    Er wartet auf/an/neben der Kreuzung. (präpositionales Adverbial)

    Damit geht eine für die Wahl der Präposition entscheidende Differenzierung einher. Während bei einem präpositionalen Objekt die Präposition weitgehend festgelegt ist, ist diese bei dem präpositionalen Adverbial austauschbar. Für die Beantwortung der Frage ist also entscheidend, ob es sich bei sich entwickeln an/in/mit rapidem Tempo um ein präpositionales Objekt oder ein präpositionales Adverbial handelt.

    In E-VALBU, dem elektronischen Valenzwörterbuch des Instituts für deutsche Sprache, sind die Präpositionen, mit denen ein präpositionales Objekt an ein Verb anschließt, aufgelistet. Für sich entwickeln bestehen unter anderem folgende Einträge:
    1) sich entwickeln – sich irgendwie verändern
    2) sich entwickeln aus – aus etwas entstehen
    3) sich entwickeln zu – zu etwas werden
    Da sich das Beispiel Die Sprache entwickelt sich an/in/mit rapidem Tempo mit Bedeutung 1) am ehesten beschreiben lässt und Bedeutung 2) und 3) nicht mit der Verwendung übereinstimmen, kann davon ausgegangen werden, dass es sich hier nicht um ein präpositionales Objekt, sondern um ein präpositionales Adverbial handelt.

    Damit wird die Frage nach der Wahl der Präposition zu einer semantischen Entscheidung, die mit der Ausrichtung des Forums auf grammatische Zweifelsfälle außerhalb unseres Kompetenzbereichs liegt. Unter Einbezug der Erläuterungen aus dem Duden Universalwörterbuch soll jedoch versucht werden, die semantischen Aspekte in die Beantwortung der Frage miteinzubeziehen. So ist dort für Tempo unter anderem folgendes Beispiel aufgeführt:
    Sie nahm die Kurve in/mit hohem Tempo.
    Die Präpositionen in und mit, die Sie in Ihrer Frage ebenfalls vorschlagen, scheinen demnach in Kombination mit dem Substantiv Tempo zur Beschreibung der Geschwindigkeit, mit der etwas abläuft, typisch zu sein.
     


    Sprachgebrauch


    Durch die Analyse von Sprachgebrauchsdaten in den Sprachkorpora des Instituts für deutsche Sprache soll nun versucht werden, weitere Präferenzen in der Verwendung bezüglich der Wahl der Präposition aufzuzeigen. Die Analyse liefert für die Präpositionen an, in und mit folgende Erkenntnisse:

    an dem Tempo: 35 Belege
    „Gemessen an dem Tempo, mit dem hierzulande Reformen stattfinden, grenzt es schon an ein Wunder, was da gestern im Bundestag beschlossen wurde.“ (Nordkurier 16.03.2002)
    in dem Tempo: 629 Belege
    „Wenn es mit vermeintlichen Skandalen und Manipulationen in dem Tempo weitergeht, werden wir ab Juni im TV keine WM-Spiele sehen, sondern Gerichtsverhandlungen.“ (Hamburger Morgenpost 27.03.2006)
    mit dem Tempo: 1.646 Belege
    „Diese entwickelten sich zu den gefürchteten Staublawinen, pulverigen Schneewolken, die mit dem Tempo eines Formel-1-Wagens nach unten rasen.“ (Focus 08.01.2001)
    Vor allem in und mit scheinen also typische Präpositionen in Verbindung mit dem Substantiv Tempo zu sein, was sowohl Ihrem Vorschlag als auch dem Beispiel im Duden Universalwörterbuch entspricht. Im Einzelfall gilt es jedoch zu prüfen, welche Präposition vor dem Hintergrund der semantischen Aspekte zu bevorzugen ist.
     



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