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Thema: Vielleicht beantworten Sie mir diese Frage: Warum wird Verzeihung mit und Prophezeiung ohne h geschrieben?

  1. #1

    Standard Vielleicht beantworten Sie mir diese Frage: Warum wird Verzeihung mit und Prophezeiung ohne h geschrieben?

    Wie ich auf die Frage gestoßen bin:
    Texte

    Mit folgendem Nachschlagewerk versuchte ich dieser Frage auf den Grund zu gehen:
    Duden online

    Es ist zwar eine Rechtschreibfrage, aber vielleicht beantworten Sie sie trotzdem oder verweisen auf Quellen, wo ich die Gründe für die unterschiedliche Schreibung finde.
    Verzeihung mit h und Prophezeiung ohne h

    Vielen Dank und viele Grüße

  2. #2

    Standard Verzeihung vs. Prophezeiung (Schreibung mit/ ohne <h>)

    Die Beantwortung Ihrer Frage ist Teil eines Forschungsprojekts zur Verständlichkeit von grammatischen Erklärungen. Wir bitten Sie deshalb darum, im Anschluss an die Lektüre der Antwort die Tools zur Bewertung (Fragebogen, Sternchenfunktion, Antwortoption) zu nutzen.

    Sprachsystem

    Durch Ihre Frage möchten Sie in Erfahrung bringen, wieso sich Verzeihung und Prophezeiung in ihrer Schreibweise (mit/ ohne <h>) unterscheiden. Schauen wir uns zunächst die Wortbildung an, denn beide Nomina teilen als Gemeinsamkeit die Endsilbe, das Affix, -ung:

    Das Wortbildungsmorphem bzw. der Wortbaustein -ung wird gebraucht, um aus einem Verb ein Nomen abzuleiten. Diesen Prozess der Ableitung bezeichnet man auch als Derivation:
    Lexemstamm + Suffix = neues Wort
    Unter einem Lexem verstehen wir das Wort auf lexikalischer Ebene als den kleinsten selbständigen Bedeutungsträger. Schlagen Sie das Lexikon auf, würden Sie somit als Lexeme verzeihen und prophezeien finden. Der Lexemstamm ist wiederum die unflektierte Form. Um den Stamm zu ermitteln, muss daher auch die Infinitivendung (Infinitiv = Grundform des Verbs) –(e)n gestrichen werden.

    Wir erhalten demnach:
    verzeih- + -ung = Verzeihung

    prophezei- + -ung = Prophezeiung
     


    Sprachgeschichte

    Um die heutige Schreibweise annähernd nachvollziehen zu können, wurde das Deutsche Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm herangezogen.

    Prophezeiung:
    "prophet, m., mhd. prophête (vgl. Stoppe ged. 1, 36. Göthe 26, 283), prophêt aus lat. propheta (goth. praufêtês und praufêtus aus griech. προφήτης) […]"

    "prophetisieren, -zieren, verb., im 14. jahrh. prophêtizieren (erlös. 2768), aus mlat. prophetizare […]"

    "prophezeien, verb., md. im 14. jh. prophezîen (Beheim evangel. 288a), eine prophezei thun, in die zukunft sehend vorhersagen […]"
    Der erste Eintrag zeigt, dass prophet aus dem Lateinischen (propheta) entlehnt wurde, wobei propheta auf das griechische Wort προφήτης zurückgeht. Auch das Verb prophetisieren, -zieren (später: prophezeien) lässt sich von dem mittellateinischen Verb prophetizare herleiten.
    "prophetei, f., jetzt prophetie, was prophezei, prophezie; mhd. prophetîe aus mlat. prophetia: als Danielis prophetei sagt. Meisterlin 58, 1, nach der prophetei. 58, 5. […]"

    "prophezei, f., wofür nun prophezeiung; mhd. prophezîe, -cîe, frühnhd. profecei […], im 16. und 17. jahrh. meist prophecei aus mlat. prophecia […]"
    Prophezeiung entstand folglich aus dem Nomen prophezei (mlat. prophetia, prophecia), das erst später durch das Wortbildungsmorphem -ung erweitert wurde. Die Schreibweise ohne <h> könnte eine Folge der Entlehnung aus dem Lateinischen sein.

    Verzeihung:
    „[…] die frühen belege knüpfen an zeihen im sinne von 'dicere, fateri, confiteri' an; die vorsilbe verleiht dem wort ursprünglich einen auf das hindern, abwehren gerichteten sinn wie in ahd. firbiotan prohibere, interdicere, firsprechan prohibere, firsagên negare, renunciare; nhd. versagen, verbitten […]“
    Dementsprechend setzt sich verzeihen aus der Vorsilbe ver- und dem Verb zeihen zusammen. Die Einträge zu zeihen weisen darauf hin, dass sich die Schreibung mit <h> von Beginn an durchsetzt. Im Mittelneudeutschen fällt es für kurze Zeit weg, wird im Althochdeutschen jedoch wieder integriert.
    „zeihen, verb. form: gemeingerm. wort (goth. gateihan, altn. tjá, ags. téon, afrs. tîa, as. aftîhan, mnd. tîen, ahd. zîhan, mhd. zîhen) […]“
    Fazit: Das grimmsche Wörterbuch zeigt, dass es sich bei Verzeihung und Prophezeiung um zwei völlig unterschiedliche Nomina handelt, die jeweils eine andere Wortherkunft (Prophezeiung: Entlehnung aus dem Lateinischen) aufweisen.
     


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