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Thema: Warum heißt es "zu meinen Gunsten" und "zu unserem Nachteil" - beides Dativ

  1. #1

    Standard Warum heißt es "zu meinen Gunsten" und "zu unserem Nachteil" - beides Dativ

    Wie ich auf die Frage gestoßen bin:
    Texte

    Mit folgendem Nachschlagewerk versuchte ich dieser Frage auf den Grund zu gehen:
    Duden Band 9 und 4

    Zu meiner Frage:

    zugunsten oder zu Gunsten wird mit dem Genitiv oder aber mit der Präposition "von" + Dativ gebildet.
    zu jmds. Gunsten
    zugunsten des zweiten Falles

    Aber man schreibt "zu meinen Gunsten" - dies wäre doch Dativ mit der Präposition "zu". So erklärt finde ich es aber nirgends. Ist meine Deutung richtig?

    Im Duden Bd. 9 finde ich dann unter dem Hinweis zur Rechtschreibung/Großschreibung: "zu meinen, zu meines Freundes Gunsten" - das finde ich irgendwie verwirrend. Wieso erklärt man nicht die häufig verwendete Formel "zu meinen Gunsten"?

    Vielen Dank und herzliche Grüße

  2. #2

    Standard "zu meinen Gunsten"

    Die Beantwortung Ihrer Frage ist Teil eines Forschungsprojekts zur Verständlichkeit von grammatischen Erklärungen. Wir bitten Sie deshalb darum, im Anschluss an die Lektüre der Antwort die Tools zur Bewertung (Fragebogen, Sternchenfunktion, Antwortoption) zu nutzen.

    Sprachsystem

    Durch Ihren Beitrag möchten Sie in Erfahrung bringen, ob Ihre Analyse, es handle sich bei zu meinen Gunsten aufgrund der Präposition zu um den Dativ, richtig ist. Da Sie zuvor im Dudenband für sprachliche Zweifelsfälle gelesen haben, zugunsten/ zu Gunsten würde mit dem Genitiv oder der Präposition von + Dativ stehen, kamen diesbezüglich Zweifel bei Ihnen auf.

    Bevor wir uns allerdings die im Dudenband für sprachliche Zweifelsfälle geschilderten Regeln anschauen (und uns damit auch Ihrer Frage bezüglich zu meinen Gunsten widmen), schalten wir einen kurzen Teil voran, der die Schreibweise zugunsten bzw. zu Gunsten (die sich durch den Beitrag ziehen wird) genauer erläutert:

    Vorab, es gibt in unserer Sprache neben zugunsten/ zu Gunsten noch eine Reihe weiterer Wörter, die analog zu unserem Beispiel zwei Schreibweisen zulassen:
    aufgrund/ auf Grund; anstelle/ an Stelle; mithilfe/ mit Hilfe; zulasten/ zu Lasten
    Es handelt sich demnach um keinen Einzelfall. Im Gegenteil, die Schreibweise ist ein Indiz dafür, dass unsere Sprache sich stetig weiterentwickelt, denn bei all den Beispielen handelt es sich um neuere Präpositionen, die ursprünglich aus der Verbindung von Präposition und Nomen hervorgegangen sind.
    auf (Präposition) + Grund (Nomen) = neue Präposition

    zu (Präposition) + Gunsten (Nomen) = neue Präposition
    Ein Beispiel für einen abgeschlossenen Entstehungsprozess einer neueren Präposition liefert bspw. wegen (zu + Weg), da hier ausschließlich die zusammengezogene Schreibweise verwendet wird. [nachzulesen im Grammatikduden unter Randnummer 898]

    Nachdem die Schreibweise nun nachvollziehbar ist, beschäftigen wir uns im folgenden Teil mit dem Eintrag, den Sie im Dudenband für sprachliche Zweifelsfälle gelesen haben:

    Das Wort [zugunsten/ zu Gunsten] kann entweder vor oder nach dem regierten Nominalausdruck stehen, es kann also Präposition oder Postposition sein. Wenn es vorausgeht, regiert es den Genitiv oder hat (als Adverb) die Präposition von + Dativ bei sich.
    [nachzulesen im Dudenband für sprachliche Zweifelsfälle, S. 1062]
    (1) Ich sammle [zugunsten/ zu Gunsten [hilfsbedürftiger Menschen]] Spenden.

    (1’) Ich sammle [für [hilfsbedürftige Menschen]] Spenden. (= Das Spendensammeln dient der Förderung hilfsbedürftiger Menschen. oder Das Spendensammeln nützt hilfsbedürftigen Menschen.)
    Im Fall von Beispiel (1) fordert die Präposition zugunsten/zu Gunsten den Genitiv (= Rektion). (1’) zeigt eine Reformulierung mit der Präposition für, um die hilfsbedürftigen Menschen als Nutznießer der Handlung noch stärker hervorzuheben.
    (2) [Zugunsten/ zu Gunsten [von Waisenkindern]] findet am Samstag ein Sponsorenlauf statt.
    Hier handelt es sich bei zugunsten/ zu Gunsten um ein Adverb in Kombination mit der Präposition von, die den Dativ regiert. Der Dativ ist in (2) allein an Waisenkindern zu erkennen, da weder ein Artikel noch ein Adjektiv vorangeht. In Kontrast dazu können wir in (1) den Kasus eindeutig an dem Adjektiv hilfsbedürftiger ablesen.

    Eine weitere Regel, die der Dudenband für sprachliche Zweifelsfälle formuliert, lautet:

    Steht zugunsten/ zu Gunsten nach dem regierten Nominalausdruck, dann regiert es den Dativ.
    (3) [[Dem netten Nachbarn] zugunsten/ zu Gunsten] stellen wir die Musik heute Abend etwas leiser. (= zugunsten/ zu Gunsten als Postposition -> steht hinter dem regierten Nominalausdruck im Dativ)

    (3’) [Zugunsten/zu Gunsten [des netten Nachbarn]] stellen wir die Musik heute Abend etwas leiser. (= zugunsten/ zu Gunsten als Präposition -> steht vor dem regierten Nominalausdruck im Genitiv)
    Kommen wir nun zu der Stelle, die Ihnen Anlass zur Verwirrung gegeben hat:

    Immer groß schreibt man das Substantiv: zu meinen, zu meines Freundes Gunsten/ Ungunsten.
    Das Problem an dieser Stelle ist wahrscheinlich, dass zuerst die Regel zugunsten/ zu Gunsten + Genitiv eingeführt worden ist und Sie an diesem Punkt nicht nachvollziehen können, wieso es zu meines Freundes Gunsten, aber auch zu meinen (!) Gunsten lautet.
    (4) [Zu meines Freundes Gunsten] begleitete ich ihn auf die Party.
    Wir haben zugunsten/ zu Gunsten bereits als Präposition + Genitiv/ Dativ (zugunsten des Vaters/ dem Vater zugunsten) und als Adverb + von (zugunsten von Kleinkindern) kennengelernt. Nun kommt eine dritte Verwendungsweise hinzu: Zu Gunsten (nicht: zugunsten) kann auch als Nomen auftreten. Gunsten stellt in diesem Zusammenhang die Pluralform von die Gunst dar. Zu Gunsten wird folglich nicht mehr zusammen als Adverb bzw. zusammen als Präposition analysiert, sondern – wie ursprünglich – als Nomen (Gunsten) und Präposition (zu). Und wie Sie bereits festgestellt haben, regiert (fordert) die Präposition zu den Dativ.
    (5) Das Spiel entwickelte sich [zu meinen Gunsten].
    Da der Possessivartikel meinen mit dem Nomen Gunsten im Kasus übereinstimmt, steht beides im Dativ (= Kongruenz).

    In Beispiel (4) lautet es dennoch zu meines Freundes (= Genitiv) Gunsten, da meines Freundes ein Genitivattribut zu zu [den] Gunsten (= Dativ) darstellt. Ein Attribut zeichnet sich dadurch aus, dass es seinem Bezugswort (hier: Gunsten) nähere Eigenschaften zuschreibt.
    (4’) [Zu den Gunsten [meines Freundes]] begleitete ich ihn auf die Party.

    Vgl. (6) [Die Freundin (= Nominativ) [meiner Schwester (= Genitivattribut)]]
    Fazit:

    Ihre Analyse, es handle sich bei zu meinen Gunsten um Dativ, der von der Präposition zu gefordert wird, war demnach richtig.
     


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