Ergebnis 1 bis 2 von 2

Thema: Tempusverwirrung? - Folgendes Szenario: ich unterhalte mich mit einer Bekannten über ein in der Zukunft liegendes Ereignis und wir tauschen uns über den Termin aus (Datum, Uhrzeit, etc).

  1. #1

    Standard Tempusverwirrung? - Folgendes Szenario: ich unterhalte mich mit einer Bekannten über ein in der Zukunft liegendes Ereignis und wir tauschen uns über den Termin aus (Datum, Uhrzeit, etc).

    Folgendes Szenario: ich unterhalte mich mit einer Freundin über ein in der Zukunft liegendes Ereignis und wir tauschen uns über den Termin aus (Datum, Uhrzeit, etc), z.B. über einen für denselben Abend geplanten Konzertbesuch.
    Am frühen Abend, noch VOR dem Konzert, kommen wir nochmals auf die Planung zu sprechen. Wenn mir dann z.B. die Uhrzeit entfallen ist, formuliere ich dann spontan gerne: „Du, wann WAR das Konzert nochmal?“. Diese Frage führt dann gelegentlich zur Diskussion, ob das denn wohl so korrekt formuliert sei - schließlich WAR das Konzert noch nicht, sondern es wird erst sein.
    Während meine Freundin ihr Sprachgefühl verletzt sieht und mich korrigiert, empfinde ich das als völlig korrekt (da sich, so meine Erklärung, die Frage implizit eigentlich gar nicht auf das Konzert selbst bezieht, sondern eine Nachfrage zur gemeinsamen Terminabsprache darstellt, und die WAR in der Vergangenheit).
    Bevor deswegen der Haussegen in die Schieflage gerät, erfolgt hiermit ein Klärungsversuch. Was meinen Sie?
    Geändert von trueclou (10.10.2019 um 08:53 Uhr)

  2. #2

    Standard Präteritum: Zeitbedeutung und Tempus - Implikatur eines bereits geteilten Ereignisses

    Die Beantwortung Ihrer Frage ist Teil eines Forschungsprojekts zur Verständlichkeit von grammatischen Erklärungen. Wir bitten Sie deshalb darum, im Anschluss an die Lektüre der Antwort die Tools zur Bewertung (Fragebogen, Sternchenfunktion, Antwortoption) zu nutzen.

    Sprachsystem

    In Ihrer Frage thematisieren Sie den korrekten Tempusgebrauch, um etwas Zukünftiges zu beschreiben. Problematisch ist zunächst, dass das Tempus nicht automatisch der Zeitbedeutung einer Aussage entsprechen muss. So kann beispielsweise das Tempus Präsens verschiedene Zeitbedeutungen ausdrücken:
    Morgen gehe ich ins Kino. (Zeitbedeutung: Zukunft; Tempus: Präsens)
    Gestern gehe ich ins Kino, da treffe ich am Schalter eine alte Freundin. (Zeitbedeutung: Vergangenheit; Tempus: Präsens)
    Ich gehe jetzt ins Kino. (Zeitbedeutung: Gegenwart; Tempus: Präsens)
    Folglich muss zunächst zwischen Tempus und Zeitbedeutung unterschieden werden, da mit verschiedenen Tempora unterschiedliche Zeitbedeutungen ausgedrückt werden können. Zudem können die Zeitbedeutungen Zukunft, Gegenwart und Vergangenheit auch durch andere sprachliche Mittel ausgedrückt werden, so beispielsweise durch Adverbien wie gestern, jetzt oder morgen. Nachdem nun generelle Schwierigkeiten zum Thema Zeitbedeutung und Tempus aufgezeigt wurden, soll nun Ihr Beispiel näher in den Blick genommen werden:
    Wann war das Konzert nochmal?
    In diesem Beispiel ist das gewählte Tempus des Verbs Präteritum. Laut Dudengrammatik (Duden Band 4) zeigt das Präteritum ein Ereignis in der Vergangenheit an. Welcher Zeitpunkt in der Vergangenheit jedoch gemeint ist, muss meist durch weitere sprachliche Mittel verdeutlicht werden. Im Gegensatz zum Präsens kann das Präteritum eindeutig der Zeitstufe Vergangenheit zugeordnet werden. Nun handelt es sich bei Ihrem Beispiel um eine Gesprächssituation, in welcher Sie noch immer auf ein in der Zukunft liegendes Ereignis verweisen, jedoch das Tempus Präteritum verwenden. Die Wahl des Präteritums begründen Sie jedoch damit, dass Sie auf einen Zeitpunkt in der Vergangenheit Bezug nehmen, zu welchem Sie bereits über den Konzertbeginn gesprochen haben. Ein Erklärungsansatz zur Wahl des Präteritums besteht folglich darin, Ihre Aussage als sogenannte Implikatur zu begreifen: Als Implikaturen werden laut Dudengrammatik Zusammenhänge bezeichnet, die nicht explizit gesagt werden, sondern aus dem gesagten geschlussfolgert werden auf Basis des gemeinsamen Weltwissens oder einer gemeinsam geteilten Gesprächssituation. In Ihrem Beispiel haben Sie und Ihre Gesprächspartnerin bereits die Situation geteilt, über den Konzertbeginn zu sprechen. Durch die Wahl des Präteritums verweisen Sie demnach auf diese gemeinsam geteilte Situation:
    Wann war das Konzert nochmal? – Wir haben zwar bereits über diesen Termin gesprochen, ich kann mich jedoch nicht an die besprochene Uhrzeit erinnern.
    Ähnlich verhält es sich mit Beispielen wie Wie war Ihr Name nochmal? oder Wer bekam das Bier? Auch in diesen Beispielen wird auf einen Punkt in der Vergangenheit verwiesen, in welchem der Sachverhalt bereits besprochen wurde:
    Wie war Ihr Name nochmal? – Der Gesprächspartner hatte sich schon einmal vorgestellt und der Name wurde vergessen.
    Wer bekam das Bier? – Die Bestellung liegt schon einige Minuten zurück und die Bedienung erinnert sich nicht mehr, welcher Gast am Tisch das Bier bestellte.
     


    Umfrage zum Umgang mit dieser Antwort

    War diese Antwort hilfreich für Sie? Wie gehen Sie damit um?
    Helfen Sie unserem Forschungsteam von der Universität Gießen dabei herauszufinden, wie eine solche Grammatik benutzt wird, welche Erläuterungen interessant sind und wie Sie damit umgehen. Durch die Beantwortung unseres Fragebogens tragen Sie dazu bei, die Qualität unserer Antworten und die Qualität von Grammatiken zu verbessern!

    Umfrage öffnen


Lesezeichen

Berechtigungen

  • Neue Themen erstellen: Nein
  • Themen beantworten: Nein
  • Anhänge hochladen: Nein
  • Beiträge bearbeiten: Nein