Zunächst einmal möchte ich auf das erste Beispiel eingehen.
Beispiel
(1) Ich gebe dem Kind ein Eis.
(2) Ich gebe das Eis zu dem Kind.
Hierbei soll durch eine valenztheoretische Herangehensweise gegen die Verwendung von (2) argumentiert werden.
Wie (notwendig realisierte) Ergänzungen eines Verbs (hier „geben“) realisiert werden, hängt mit der
Valenz des Verbs zusammen. Die Valenz bestimmt nicht nur, welche „Mitspieler“ ein Verb benötigt, sondern auch, in welcher Form diese „Mitspieler“ stehen müssen.
Das Verb
„geben“ im semantischen Sinne von
„machen, dass jemand etwas bekommt“ benötigt
drei Mitspieler: ein Subjekt, ein Akkusativ-Objekt (das, was gegeben wird) und
ein Dativ-Objekt (auch indirektes Objekt genannt; der, dem gegeben wird).
Das
Subjekt übernimmt
im aktiven Satz semantisch die Rolle des
Agens, also desjenigen, der die Handlung „geben“ ausführt. Das
Akkusativ-Objekt stellt das
Patiens dar, d.h. den Gegenstand der Handlung „geben“. Das
Dativ-Objekt wiederum ist in der Rolle des
Rezipienten, also desjenigen, der „Nutznießer“ der Handlung ist, sprich, den Gegenstand der Handlung (das Patiens) erhält.
Gelegentlich wird der Rezipient der Handlung nicht als Nominalgruppe im Dativ, sondern als Präpositionalgruppe mit der Präposition „an“ und einer Nominalgruppe im Akkusativ realisiert.
Beispiel
Die Polizeibeamten haben ihr Material
der Redaktion gegeben.
Die Polizeibeamten haben ihr Material
an die Redaktion gegeben.
Die Präposition „zu“ wird bei einer Gestaltung des Rezipienten in Form einer Präpositionalgruppe allerdings
nicht verwendet; eine Konstruktion mit der Präposition „zu“
ist in der Valenz des Verbs „geben“ im Sinne von „machen, dass jemand etwas bekommt“
also nicht angelegt.
Schließlich soll ihr zweites Beispiel erläutert werden.
Beispiel
(3) Ich stelle das Bier auf den Tisch.
(4) Ich stelle das Bier den Tisch.
In diesem Beispiel haben wir es mit einem ganz anderen Verb zu tun –
„stellen“ – und dementsprechend auch mit einer andersartigen Valenz. Die Mitspieler, die vom Verb „stellen“ gefordert werden, sind
a) ein Subjekt, b) ein Akkusativ-Objekt und c) ein lokales Adverbial zur Angabe des Zielortes.
Beispiel
jemand stellt etwas
irgendwohin
Die Präposition „auf“ ist als Richtungspräposition notwendig, um semantisch einen Zielort und syntaktisch ein lokales Adverbial zu gestalten. Sie kann also nicht weggelassen werden. Besonders zu betonen ist, dass
nicht die Präposition „auf“ an sich vom Verb festgelegt ist, sondern die Konstruktion einer Präpositionalgruppe. Die
konkrete Präposition kann also
variieren.
Beispiel
Ich stelle das Bier
auf den Tisch.
Ich stelle das Bier
unter den Tisch.
Ich stelle das Bier
neben den Tisch.
Ich stelle das Bier
vor den Tisch.
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