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Thema: Frage zu Satzgliedern

  1. #1

    Standard Frage zu Satzgliedern

    Wie ich auf die Frage gestoßen bin:
    in der Schule nicht ausreichend geklärt

    Mit folgendem Nachschlagewerk versuchte ich dieser Frage auf den Grund zu gehen:
    google, duden

    Hallo liebe Helferlein,

    Um welche Art von Satzgliedern handelt es sich hier? Ist eine Fallbestimmung möglich? Welche Rolle spielen die Präpositionen?

    …besteht aus zwei Seiten (Dativobjekt?Adverbiale- aber welche?)
    …..ist mit Stoff bespannt (Dativobjekt?...)
    …..hat eine Länge von zehn Metern (?)
    … nach mehreren Versuchen (?)

    Vielen Dank für die Hilfe.

  2. #2

    Standard

    Da es sich bei einer Frage zur Satzgliedbestimmung um keinen den Sprachgebrauch betreffenden grammatischen Zweifelsfall handelt, wird hier auf unser auf Zweifelsfälle ausgerichtetes Antwortschema mit den Icons verzichtet. Wir möchten Sie dennoch bitten, unseren kurzen Fragebogen zur Bewertung unserer Antwort auszufüllen.

    Bei Ihrer Frage geht es um die Bestimmung der Satzgliedfunktion von Präpositionalgruppen: alle Ihre Beispiele enthalten Präpositionalgruppen (aus zwei Seiten, mit Stoff, von zehn Metern, nach mehreren Versuchen), deren Funktion im Satz bestimmt werden soll.
    Grundsätzlich kommen folgende Satzgliedfunktionen für Präpositionalgruppen in Frage:

    1. Objektfunktion („Präpositionalobjekt“)

    Beispiel

    (1) Ich warte auf meinen Freund.

    Beispiel

    (2) Alle hoffen auf einen sonnigen Frühling.

    2. Adverbialfunktion („Präpositionales Adverbial“)

    Beispiel

    (3) Petra wartet vor dem Bahnhof.

    Beispiel

    (4) Petra gießt am Morgen die Blumen.

    3. Attributfunktion („Präpositionales Attribut“)

    Beispiel

    (5) Das Haus von meiner Freundin ist sehr groß.

    Beispiel

    (6) Morgen trifft meine Tante aus Amerika bei uns ein.


    Dabei sind Präpositionalobjekte und präpositionale Adverbiale Satzglieder, präpositionale Attribute dagegen sind - wie alle anderen Attribute auch - Gliedteile.

    Grundsätzlich gilt, dass bei der funktionalen Bestimmung immer von der gesamten Konstituente, in dem Fall also der gesamten Präpositionalgruppe, ausgegangen wird. Das bedeutet, dass die „Fallbestimmung“ für unsere Fragestellung gar nicht relevant ist: Dass bspw. in ‚mit schönem Stoff bespannt‘ ‚schönem Stoff‘ im Dativ steht, hat nichts mit der übergeordneten Frage nach der Satzgliedbestimmung der Präpositionalgruppe zu tun. Dass wir hier einen Dativ haben, liegt an der Präposition mit, die den Dativ verlangt („regiert“). Das ist sozusagen eine Angelegenheit innerhalb der Präpositionalgruppe und deshalb nicht relevant für die Satzgliedfrage. Eine Bestimmung der Beispiele als Dativobjekte scheidet also prinzipiell aus. Ein Dativobjekt liegt nur dann vor, wenn ein Verb eine Nominalgruppe im Dativ verlangt/regiert (bspw: Ich schenke meinem Freund ein Buch).

    Bei der Entscheidung zwischen den oben angegebenen drei prinzipiellen Möglichkeiten bietet es sich – wenn man schrittweise alle Möglichkeiten durchspielen will – an, zunächst die Frage zu stellen, ob es sich um ein Attribut handelt. Da sich Attribute prinzipiell auf ein Substantiv beziehen, es näher bestimmen, können wir sie daran erkennen, dass sie gemeinsam mit dem Bezugssubstantiv im Satz verschoben werden können:

    Beispiel

    (6‘) Meine Tante aus Amerika trifft morgen bei uns ein.


    Dabei bietet sich eine Verschiebung in das sogenannte Vorfeld, d.h. die Position vor dem finiten Verb, besonders an: Das finite Verb steht im deutschen Aussagesatz an zweiter Stelle, folglich enthält das Vorfeld nur eine Konstituente. Aus Amerika kann deshalb gar keine eigenständige Konstituente und somit auch kein eigenständiges Satzglied sein.

    Die hier vorgeschlagene Analyse zur Bestimmung von Präpositionalgruppen als Attribute trifft auf Ihr Beispiel hat eine Länge von zehn Metern zu:

    Beispiel

    (7) Eine Länge von zehn Metern hat der gemusterte Stoff.


    Auf alle anderen Beispiele dagegen trifft eine solche Bestimmung nicht zu, bei allen anderen Beispielen können wir also ausschließen, dass es sich um Attribute handelt. Folglich müssen wir nun überlegen, wie wir die Entscheidung zwischen Präpositionalobjekt und präpositionalem Adverbial treffen können. Wir möchten vorausschicken, dass es sich dabei um eine besonders große Herausforderung für die grammatische Analyse handelt. Nicht immer ist alles so eindeutig bestimmbar wie in den oben aufgeführten prototypischen Beispielen.
    Dabei könnte es hilfreich sein, zunächst noch einmal zu reflektieren, worin eigentlich der prinzipielle Unterschied zwischen Objekt und Adverbial besteht. Objekte und Subjekte sind die unmittelbaren "Mitspieler" einer Handlung oder eines Vorgangs. Als "Mitspieler" ist das Objekt sehr eng an das jeweilige Verb gebunden. Adverbiale dagegen situieren das durch das Verb und seine Mitspieler ausgedrückte Ereignis, sie drücken sozusagen die näheren Umstände aus, unter denen das Ereignis (die Handlung, der Vorgang...) stattfindet. Die enge Bindung des Objekts zum Verb führt dazu, dass das Verb die formalen Eigenschaften des Objekts bestimmt, d.h., das Verb legt sozusagen fest, ob es ein Kasusobjekt (Akkusativobjekt, Dativobjekt oder Genitivobjekt) oder ein Präpositionalobjekt (und wenn ja, mit welcher Präposition) in seiner Umgebung haben möchte. Deshalb können wir hier nicht (bzw. nur eingeschränkt) wählen: Für das Verb lieben brauchen wir immer ein Akkusativobjekt, das wir nicht einfach durch ein Dativobjekt oder ein Präpositionalobjekt austauschen können, das Verb warten verlangt ein Präpositionalobjekt mit der Präposition auf (Ich warte auf Godot) und nicht etwa ein Akkusativobjekt oder ein Präpositionalobjekt mit der Präposition für. Dass für Adverbiale die enge Bindung an das Verb und die Festlegung der formalen Eigenschaften nicht gelten, erkennen wir daran, dass wir Adverbiale relativ beliebig mit verschiedenen Verben kombinieren und dabei verschiedene formale Realisierungsvarianten des Adverbials (Adverb, Präpositionalgruppe, Nebensatz) wählen können: Ich liebe ihn schon immer/seit langer Zeit; Ich warte schon immer/seit langer Zeit auf ihn.

    Die Einsicht, dass die enge Bindung des Objekts an das Verb über die festgelegten formalen Eigenschaften des Objekts erkennbar ist, kann nun in verschiedene Proben "übersetzt" werden. Die wichtigste Probe ist die Austauschbarkeit der Präposition: Wenn es sich um ein Präpositionalobjekt handelt, kann die Präposition nicht ausgetauscht werden (Ich warte auf Godot, nicht: *Ich warte für Godot), bei präpositionalen Adverbialen dagegen kommen je nach Semantik des Adverbials verschiedene Präpositionen in Frage: Ich warte auf/vor/neben dem Bahnhof.

    Was bedeutet das nun in Bezug auf Ihre Beispiele? Sowohl bei bestehen aus als auch bei bespannen mit ist die Präposition nicht austauschbar. Daran können wir erkennen, dass sie eng an das Verb gebunden, vom Verb gefordert ist. Folglich handelt es sich bei beiden Beispielen um Präpositionalobjekte.
    In Bezug auf das Beispiel nach mehreren Versuchen ist die Entscheidung deshalb schwer zu fällen, weil Sie hier eine isolierte Präpositionalgruppe angegeben haben. Eine Analyse von Satzgliedfunktionen kann prinzipiell nur dann erfolgen, wenn auch ein Satz da ist. Nehmen wir an, dass die Präpositionalgruppe in den folgenden Satz eingebettet ist:

    Beispiel

    (8) Nach mehreren Versuchen gab er auf.


    Eine syntaktische Bindung an das Verb kann hier nicht angenommen werden:

    Beispiel

    (8‘) Er gab letztendlich auf.

    Beispiel

    (8‘‘) Er gab auf, obwohl er alles versucht hatte.


    Es ist also möglich, Vergleichbares auch ohne die Präpositionalgruppe mit nach auszudrücken. Davon ausgehend müsste die Präpositionalgruppe als Adverbial angesehen werden. Die semantische Bestimmung des Adverbials gestaltet sich allerdings schwierig, weil hier ja kein einfaches temporales Verhältnis vorliegt wie etwa in Nach dem Abendessen gab er auf. Wenn man (8‘‘) für eine sinnvolle Umschreibung des Satzes hält, kann man ausgehend davon das Adverbial auch als konzessiv (= einschränkend) betrachten.

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    Geändert von Jacqueline Weiß (22.09.2015 um 11:24 Uhr)

  3. #3
    Giggu Gast

    Standard Danke

    Mathilda Henning, danke für diese gut nachvollziehbare Erklärung.

  4. #4
    Unregistriert Gast

    Standard Für die eindeutige Bestimmung der Satzglieder benötigt man ganze Sätze.

    Ergänzung

    Für die eindeutige Bestimmung der Satzglieder benötigt man ganze Sätze.

    Die Urkunde besteht aus zwei Seiten.
    Die Urkunde > Subjekt
    besteht > Prädikat
    aus zwei Seiten. > Präpositionalobjekt

    Sie bekommen eine Urkunde, die aus zwei Seiten besteht.
    Sie > Subjekt
    bekommen > Prädikat
    eine Urkunde, die aus zwei Seiten besteht. > Akkusativobjekt

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