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Thema: Frau Müller oder Herr Schmitz entscheiden (entscheidet?) das jetzt.

  1. #1
    Unregistriert Gast

    Standard Frau Müller oder Herr Schmitz entscheiden (entscheidet?) das jetzt.

    Wie ich auf die Frage gestoßen bin:
    Ich frage mich das jedesmal bei so einer Konstruktion mit "oder".

  2. #2

    Standard "Frau Müller oder Herr Schmitz entscheidet/entscheiden das jetzt" - Kongruenz von Subjekt und Prädikat

    Die Beantwortung Ihrer Frage ist Teil eines Forschungsprojekts zur Verständlichkeit von grammatischen Erklärungen. Wir bitten Sie deshalb darum, im Anschluss an die Lektüre der Antwort die Tools zur Bewertung (Fragebogen, Sternchenfunktion, Antwortoption) zu nutzen.

    Sprachsystem

    Bei Sätzen wie Frau Müller oder Herr Schmitz entscheidet/entscheiden das jetzt (ver-)zweifeln nicht nur linguistische Laien, sondern auch unter Sprachwissenschaftlern sind solche Fälle offenbar nicht abschließend geklärt. Das zeigt sich beispielsweise an voneinander abweichenden Erklärungen in gängigen Grammatik-Nachschlagewerken, die zum Teil beide Varianten zulassen, zum Teil aber auch nur eine Variante anerkennen. Wie die Grammatikautoren zu diesen Urteilen gelangen, soll im Folgenden näher beleuchtet werden.

    Das hier zugrunde liegende Problem betrifft die Kongruenz von Subjekt und Prädikat. Es ist sozusagen eine Grundregel der deutschen Sprache, dass das Prädikat mit dem Subjekt hinsichtlich des Numerus (Singular/Plural) abgestimmt („kongruent“) sein muss. Normalerweise bereitet das den Sprechern auch gar keine Schwierigkeiten – steht das Subjekt im Singular, muss auch das Prädikat in den Singular gebracht werden, und genauso im Plural. Die Herstellung von Kongruenz läuft also quasi automatisch ab. Es gibt allerdings Subjekte, bei denen nicht so leicht zu entscheiden ist, ob sie nun im Singular oder im Plural stehen, was natürlich auch die Herstellung von Kongruenz mit dem Prädikat erschwert. Genau dies trifft auch auf Ihren Fall zu.

    In Ihrem Beispielsatz besteht das Subjekt nämlich aus zwei Teilen (Frau Müller und Herr Schmitz), die durch die Konjunktion oder miteinander verbunden sind. Nun könnte man ganz einfach argumentieren, dass eins plus eins nun einmal zwei ergibt, d. h. wenn zwei Subjektteile im Singular vorliegen, können sie zu einem Plural aufaddiert werden. Für das Prädikat würde das dann bedeuten, dass es ebenfalls im Plural stehen muss (Frau Müller oder Herr Schmitz entscheiden das jetzt). Diese Sichtweise wird vom Duden vertreten – vor allem, wenn es sich bei oder um ein „einschließendes oder“ handelt, d. h. wenn das, was im weiteren Verlauf des Satzes ausgesagt wird, entweder auf nur eines der Subjekte oder auch auf beide zusammen zutrifft. Wenn es in Ihrem Fall also sein kann, dass entweder Frau Müller oder Herr Schmitz entscheidet, oder auch, dass sie beide zusammen die Entscheidung treffen, dann kommt für den Duden der Plural beim Prädikat in Frage (vgl. Duden „Richtiges und gutes Deutsch“, S. 552-553).

    Das Prädikat erscheint jedoch laut Duden eher im Singular, wenn das oder ein „ausschließendes oder“ ist, d. h. wenn tatsächlich nur Frau Müller oder Herr Schmitz entscheidet. So sieht es z. B. auch der Grammatikautor Peter Eisenberg: Wenn zwei Subjekte durch oder miteinander verbunden sind, hat das für ihn automatisch den Singular des Prädikats zur Folge (Frau Müller oder Herr Schmitz entscheidet das jetzt).

    Eine weitere Betrachtungsweise, die für den Singular spricht, ist die, dass Ihr Satz ursprünglich einmal aus zwei Sätzen bestanden hat, die zu einem Satz zusammengezogen wurden. Beim Zusammenziehen ist identisches Wortmaterial einmal weggefallen, d. h. in Ihrem Fall auch einmal das Prädikat.

    Beispiel

    Frau Müller [entscheidet das jetzt] oder Herr Schmitz entscheidet das jetzt.

    Das verbleibende Prädikat richtet sich dann nach dem ihm näher stehenden Subjekt, in diesem Fall also nach Herr Schmitz, der im Singular steht (vgl. Dudengrammatik, S. 1013 und S. 1018-1019).

    Fazit: Die Sprachwissenschaft kann in Fällen wie Ihrem – zumindest derzeit – kein abschließendes Urteil fällen, da es verschiedene plausible Erklärungen für das Problem gibt, die mal für den Singular, mal für den Plural des Prädikats sprechen. Da beide Varianten im tatsächlichen Sprachgebrauch vorkommen, können auch Sie getrost zu der Variante greifen, die Ihnen logischer erscheint und die eher Ihrem Sprachgefühl entspricht, wobei sich dies durchaus von Satz zu Satz unterscheiden kann.
     


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