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Thema: Man sagt: Es war ein Ball, es war keine Mango. Nicht: Er war ein Ball, sie war keine Mango. Man verwendet aber das Personalpronomen z. B. bei: Wo ist der Balkon? Er ist dort. Warum wird im ersten Beispiel "es" verwendet??

  1. #1
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    Standard Man sagt: Es war ein Ball, es war keine Mango. Nicht: Er war ein Ball, sie war keine Mango. Man verwendet aber das Personalpronomen z. B. bei: Wo ist der Balkon? Er ist dort. Warum wird im ersten Beispiel "es" verwendet??

    Wie ich auf die Frage gestoßen bin:
    Ist während des Deutschunterrichtes aufgekommen.

    Mit folgendem Nachschlagewerk versuchte ich dieser Frage auf den Grund zu gehen:
    Taschenbuch Deutsch Grammatik (Sonderausgabe) & Schritte Übungsgrammatik

    Gefunden habe ich folgendes:

    "Es" am Anfang des Satzes zur Betonung des Subjekts. Diese Erklärung passt ja aber nicht wirklich.
    Eine Idee, die ich nicht aus einem Buch habe, wäre, dass man "Das ist ein Ball, das ist keine Mango." sagen kann und dass das Personalpronomen "es" in dem Satz "das" ersetzt.
    Geändert von Maja (30.03.2012 um 16:20 Uhr)

  2. #2

    Standard Warum heißt es "Es war ein Ball, es war keine Mango" und nicht "Er war ein Ball, sie war keine Mango"? - Besondere Konstruktionen mit "es"

    Die Beantwortung Ihrer Frage ist Teil eines Forschungsprojekts zur Verständlichkeit von grammatischen Erklärungen. Wir bitten Sie deshalb darum, im Anschluss an die Lektüre der Antwort die Tools zur Bewertung (Fragebogen, Sternchenfunktion, Antwortoption) zu nutzen.

    Sprachsystem

    Ihre Frage betrifft einerseits das Thema textueller Verweise durch Personalpronomina, andererseits geht es dabei um die Wirkung spezifischer Konstruktionen auf Grammatik und Bedeutung. Interessant ist zudem, dass gerade das sonst als Pronomen bekannte es häufig in Konstruktionen begegnet, in denen es nicht über die bei Personalpronomina übliche Verweisfunktion verfügt oder in denen der Verweis nicht klar zu bestimmen ist:

    Beispiel

    (1) Wir gehen heute nicht spazieren. Es regnet nämlich.

    (2) Wir saßen im Wohnzimmer. Plötzlich klopfte es.


    Im ersten Beispiel geht es eine feste Verbindung mit dem Verb (regnet) ein, ohne dass es auf irgendeine Einheit im vorangehenden Kontext Bezug nimmt – wie es sonst bei Personalpronomina in der Regel der Fall ist. Im zweiten Beispiel steht das Klopfen als Ereignis im Mittelpunkt. Es ist dabei irrelevant, wer klopft, das neutrale es ist hier also die ideale Wahl.

    In Ihrem Beispiel „Wo ist der Balkon? Er ist dort.“ verweist das Pronomen er auf die Nominalphrase der Balkon, die ihm vorangeht. Ein solcher Verweis muss auch für Ihre fraglichen Beispiele mit es vorausgesetzt werden:

    Beispiel

    Auf der Straße lag ein Gegenstand. Es war ein Ball, es war keine Mango.


    Auffällig ist hier, dass es mit ein Gegenstand im Genus (dem grammatischen Geschlecht) nicht abgestimmt ist. Genau darin besteht der wichtige Unterschied zu dem Beispiel mit er und der Balkon. Dass ein Ball und keine Mango mit es auch nicht übereinstimmen, ist also bezüglich Ihrer Fragestellung nicht relevant, da es nicht auf ein Ball und keine Mango, sondern – wie er auf der Balkon – auf die im vorangehenden Kontext stehende Nominalphrase ein Gegenstand Bezug nimmt. Dabei ist die fehlende Abgestimmtheit auf eine spezifische Konstruktion mit es zurückzuführen.

    Bei den beiden Sätzen Es war ein Ball und Es war keine Mango handelt es sich um sogenannte Kopulasätze. Dabei verbindet das Kopulaverb sein jeweils das am Satzanfang stehende Subjekt es mit dem Prädikativ (Prädikatsnomen) ein Ball bzw. keine Mango. Solche Kopulasätze mit es haben die besondere Funktion, einen Gegenstand oder eine Person zu identifizieren oder zu charakterisieren, wobei das zu Identifizierende/Charakterisierende (im obigen Beispiel: ein Gegenstand) durch das es zunächst einmal neutral eingeführt wird – im wahrsten Sinne des Wortes, denn hier wird tatsächlich auf die Neutrumform des Pronomens zurückgegriffen und nicht etwa auf die Form, die hinsichtlich des Genus mit der vorangehenden Nominalphrase abgestimmt ist (also nicht *Er war ein Ball). Die Konstruktion mit es + sein + Nominalphrase überschreibt also sozusagen die im Balkon-Beispiel geltende allgemeine Regel des textuellen Verweises. Die Funktion des Identifizierens und Charakterisierens geht hier vor der Regel des textuellen Verweises, derzufolge ein Gegenstand ja wieder mit dem Pronomen er hätte aufgegriffen werden müssen.

    In diesem Zusammenhang ist zu sagen, dass Ihr Hinweis auf eine Art Betonung mit einer kleinen Korrektur richtig ist, indem es in solchen Konstruktionen zunächst auf etwas Bekanntes neutral verweisen kann, wobei dieses Bekannte dann durch das Prädikativ (ein Ball, keine Mango) identifiziert oder charakterisiert wird, das in diesem Sinne tatsächlich wichtiger, also betonter ist.

    Ihre Idee der Ersetzung von das durch es ist völlig richtig, denn die erwähnten das-Sätze Das ist ein Ball und Das ist keine Mango sind von der Grundfunktion der Identifizierung und Charakterisierung her analog zu den es-Sätzen. Der Unterschied besteht allerdings darin, dass das in der Regel in Gesprächssituationen bevorzugt wird, etwa wenn gleichzeitig mit der Äußerung auf den jeweiligen Gegenstand (z. B. mit dem Finger) gezeigt wird, oder wenn das zu Identifizierende/Charakterisierende um zusätzliche Informationen ergänzt werden soll, vgl. Das da oben im Regal ist eine Mango (nicht *Es da oben im Regal ist eine Mango).


    Von Dániel Czicza
     


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