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Thema: Warum heißt es "vielen Dank", aber "viel Erfolg, viel Geld, viel Spaß"

  1. #1
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    2

    Standard Warum heißt es "vielen Dank", aber "viel Erfolg, viel Geld, viel Spaß"

    Wie ich auf die Frage gestoßen bin:
    Teilnehmerin aus meinem Sprachkurs stellte diese Frage

    Mit folgendem Nachschlagewerk versuchte ich dieser Frage auf den Grund zu gehen:
    Nein, habe noch nicht nachgeschlagen.

  2. #2

    Standard Warum heißt es "vielen Dank", aber "viel Erfolg", "viel Geld", "viel Spaß"?

    Die Beantwortung Ihrer Frage ist Teil eines Forschungsprojekts zur Verständlichkeit von grammatischen Erklärungen. Wir bitten Sie deshalb darum, im Anschluss an die Lektüre der Antwort die Tools zur Bewertung (Fragebogen, Sternchenfunktion, Antwortoption) zu nutzen.

    Sprachsystem

    Bei der Wendung vielen Dank handelt es sich tatsächlich eher um eine Ausnahme, während Konstruktionen wie viel Erfolg, viel Geld oder viel Spaß die Regel darstellen. Die drei Wunsch- bzw. Dankformeln viel Erfolg, viel Spaß und vielen Dank stehen allesamt im Akkusativ, was jedoch an viel Erfolg und viel Spaß formal nicht zu erkennen ist. Lediglich bei vielen Dank ist der Akkusativ an der Endung von viel ganz klar abzulesen. In der Regel tritt viel vor Substantiven im Singular aber in unflektierter (undeklinierter, ungebeugter) Form auf, also ohne Endung, wenn es nicht noch von einem anderen Adjektiv oder Artikelwort begleitet wird.

    Die eindeutige Zuordnung von viel zu einer Wortart ist nicht unproblematisch: Es ist steigerbar wie ein Adjektiv und wenn es flektiert, flektiert es auch wie ein Adjektiv (z. B. der viele Erfolg, das viele Geld usw.). Besonders in Konstruktionen wie vieles Gute kann es allerdings auch als Artikelwort betrachtet werden (ähnliche Schwierigkeiten bei der Zuordnung bestehen beispielsweise auch bei sämtlich, z. B. sämtliches Neue). In seiner unflektierten Form ist viel, ähnlich wie etwas und genug, umso mehr den Artikelwörtern zuzuordnen (vgl. etwas Geld, genug Spaß).

    Aus sprachsystematischer Sicht sind also prinzipiell beide Varianten zulässig – flektiertes und unflektiertes viel –, so dass man in Analogie zu viel Erfolg und viel Spaß im Grunde auch viel Dank sagen könnte. Dass viel Dank trotzdem irgendwie seltsam klingt, hängt damit zusammen, dass vielen Dank als feste Wendung in unserem Sprachgebrauch sehr stark verankert ist.
     


    Sprachgeschichte

    Nun könnte man vermuten, dass viel womöglich früher mehr flektiert wurde und nach und nach seine Flexionsformen eingebüßt hat. Unseren Quellen zufolge ist aber eher das Gegenteil der Fall: Sowohl in der Mittelhochdeutschen Grammatik von Hermann Paul als auch im Deutschen Wörterbuch der Brüder Grimm wird davon ausgegangen, dass viel (bzw. das mittelhochdeutsche vil) ursprünglich als Substantiv verwendet wurde, dass einen partitiven Genitiv nach sich zog. Wie man an den folgenden Beispielen sieht, hat sich dieser Sprachgebrauch noch weit über das Mittelhochdeutsche hinaus gehalten.

    Beispiel

    so ein mensch hat hie erlitten vil unglücks (H. Sachs, 16. Jh.)

    viel glücks! ich will euch denn nur hier verlassen (G. E. Lessing, spätes 18. Jh.)

    viel danks für dein andenken (C. M. Wieland, spätes 18. Jh.)


    In der Folge könnte sich aus dem Substantiv ein Artikelwort entwickelt haben, das dem heutigen unflektierten viel entspricht. Zudem sind auch schon in mittelhochdeutschen Texten einige wenige Formen von viel belegt, die wie Adjektive flektiert waren. Warum aber in bestimmten Konstruktionen die flektierten und in anderen die unflektierten Formen verwendet werden, liegt nicht in der deutschen Grammatik selbst begriffen, sondern im Sprachgebrauch, d. h. alle Sprecher und Schreiber des Deutschen entscheiden gemeinsam darüber, welche Verwendung sich durchsetzt. Und im Fall von vielen Dank haben sie sich offenbar in Abweichung von der allgemeinen Regel für die flektierte Form von viel entschieden.
     


    Sprachgebrauch

    Sucht man bei Google nach den beiden Formulierungen „vielen Dank im Voraus“ und „viel Dank im Voraus“ (der Zusatz „im Voraus“ ist nötig um sicherzustellen, dass es sich tatsächlich um die Dankformel handelt), so erhält man für die erste Variante mit Endung erwartungsgemäß sehr viele Ergebnisse, nämlich 21.000.000. „Viel Dank im Voraus“ ist immerhin auch 50.700-mal vertreten, was aber im Verhältnis zu „vielen Dank im Voraus“ weniger als ein Prozent ausmacht, d. h. die Variante ohne Endung ist vergleichsweise ungebräuchlich.

    Beispiel

    Vielen Dank im Voraus und eine schöne Woche.

    Viel Dank im Voraus und einen angenehmen Samstag wünsche ich (Internetbelege)
     


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