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Thema: Wann verwendet man "zu" und wann "zum"?

  1. #1
    Unregistriert Gast

    Standard Wann verwendet man "zu" und wann "zum"?

    Wie ich auf die Frage gestoßen bin:
    Beim Deutschlernen.

    Mit folgendem Nachschlagewerk versuchte ich dieser Frage auf den Grund zu gehen:
    Duden Band 2 und 9

    Heißt es "Was soll ich dir zu trinken holen? oder "Was soll ich dir zum Trinken holen?"
    Soll ich dir ein Sandwich zu essen oder zum Essen machen?
    Habe ich mir ein Buch zu lesen oder zum Lesen gekauft?
    Warum sagt man "Ich habe stilles Wasser zum Trinken", aber "Ich gebe dir stilles Wasser zu trinken"?
    Oder ist das nicht richtig?

    Ich beschäftige mich zurzeit mit der deutschen Grammatik. Zu diesem Thema finde ich nirgends eine Erklärung.

    Vielen Dank im Voraus!

  2. #2

    Standard

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    Tatsächlich haben Sie in vielen Fällen freie Wahl. Das hängt damit zusammen, dass hier mit zu vs. zum unterschiedliche grammatische Konstruktionen realisiert werden, die einander nicht prinzipiell ausschließen.
    In den Beispielsätzen mit zu hat zu die Funktion, einen Infinitiv an das übergeordnete Prädikat anzuschließen. In der Regel wird dadurch ein Zweck ausgedrückt:

    Beispiel

    (1) Ich gebe dir stilles Wasser zu trinken.
    (1a) Ich gebe dir stilles Wasser, damit du es trinken kannst.


    In den Sätzen mit zum dagegen wird zu als Präposition gebraucht, die mit dem bestimmten Artikel dem verschmolzen ist. Da Präpositionen ein Nomen bzw. eine Nominalgruppe an sich binden (= regieren), ist das Verb in diesen Fällen (zum Trinken, zum Essen, zum Lesen) substantiviert. Solche Nominalisierungen sind auch mit anderen Präpositionen möglich: beim Trinken, nach dem Essen. Es handelt sich folglich um eine grammatische Konstruktion, die nichts mit der Infinitivkonstruktion mit zu zu tun hat. Es ist also gewissermaßen Zufall, dass zu hier in zwei so ähnlich scheinenden Kontexten verwendet werden kann.
    In einigen Fällen sind beide Konstruktionen austauschbar:

    Beispiel

    (2) Sie waren öfters bei uns im Lokal und haben sich etwas zum Essen oder einen Kaffee geholt.
    (2a) Sie waren öfters bei uns im Lokal und haben sich etwas zu essen oder einen Kaffee geholt.
    (3) Was soll ich dir zu trinken holen?
    (3a) Was soll ich dir zum Trinken holen?


    Häufig ist aber nur eine der beiden Konstruktionen möglich. Das hängt mit dem unterschiedlichen Charakter der Konstruktionen zusammen: Die Infinitivkonstruktion ist eine verbale Organisationsform, die Nominalisierung eine nominale. Nun gibt es sowohl Kontexte, die verbale Konstruktionen verlangen als auch Kontexte, die nur einen nominalen Anschluss erlauben.
    Beispiele für einen obligatorischen verbalen Kontext sind:

    Beispiel

    (4) Hier geht es darum, keine industriell verarbeiteten Lebensmitteln zu essen.
    (5) Viele Menschen haben nicht genug Geld, um sich einmal richtig satt zu essen.
    (6) Autofahren ist weit gefährlicher, als derzeit Gemüse zu essen.


    In allen Beispielen sind die vorangestellten Teilsätze so beschaffen, dass sie eine Ergänzung durch einen weiteren Teilsatz und somit eine verbale Organisationsform verlangen.
    Umgekehrt ist aber auch nicht jede nominale Konstruktion mit zum durch eine verbale Konstruktion mit zu austauschbar:

    Beispiel

    (7) Vor allem interessierte Besucher und Sportler sind an jenen Abenden zum Essen vorbei gekommen.
    (8) Der SV Zuberbach bedankt sich bei Sektionsleiter Klaus Brandstätter für die Einladung zum Essen und gratuliert noch einmal recht herzlich zum 40. Geburtstag.


    In Beispiel (7) handelt es sich bei zum Essen um eine in den Satz integrierte adverbiale Bestimmung. Ein verbaler Anschluss wäre hier nur mit einer durch um eingeleiteten Infinitivkonstruktion möglich:

    Beispiel

    (7') Vor allem interessierte Besucher und Sportler sind an jenen Abenden vorbei gekommen, um zu essen.


    In Beispiel (8) ist zum Essen Attribut zu Einladung. Das Präpositionalattribut ist nicht durch eine Infinitivkonstruktion austauschbar. Darüber hinaus kann Einladung zum Essen als stark idiomatisierte, also bereits gefestigte Wortverbindung angesehen werden.

    Als Fazit bleibt: Es handelt sich in der Tat um eine sehr knifflige Entscheidung, die in jedem Einzelfall neu getroffen werden muss. Bitte berücksichtigen Sie dabei mögliche Indizien für eine verbale Organisation, die für den Anschluss einer Infinitivkonstruktion sprechen oder für eine nominalisierte Verwendung des Verbs.
     


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