Wie ich auf die Frage gestoßen bin:
Ein sehr interessierter ausländischer Teilnehmer beim Kurs "Deutsch als Fremdsprache" stellte diese Frage.
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Ein sehr interessierter ausländischer Teilnehmer beim Kurs "Deutsch als Fremdsprache" stellte diese Frage.
Die Beantwortung Ihrer Frage ist Teil eines Forschungsprojekts zur Verständlichkeit von grammatischen Erklärungen. Wir bitten Sie deshalb darum, im Anschluss an die Lektüre der Antwort die Tools zur Bewertung (Fragebogen, Sternchenfunktion, Antwortoption) zu nutzen.
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Sprachsystem
Die Schwierigkeit in den Konstruktionen Mir ist kalt und Ich bin glücklich liegt darin, dass zwar in beiden Fällen ein logisches Subjekt (d.h. auf semantischer Ebene) vorhanden ist, aber in unterschiedlichen Kasus. Von der Schulgrammatik her kennt man aber eher das grammatische Subjekt, das in Person und Numerus mit dem Prädikat übereinstimmt (Kongruenz zwischen Prädikat und Subjekt) und im Nominativ steht. Dieses grammatische Subjekt kommt aber in Ihren Beispielen nur in dem klassischen Kopulasatz Ich bin glücklich vor. In diesem Fall stimmt das grammatische mit dem logischen Subjekt überein, was auch den Normalfall in der deutschen Sprache repräsentiert. In Mir ist kalt hingegen gibt es kein grammatisches Subjekt im Nominativ, sondern lediglich das logische Subjekt im Dativ, auf das sich die Prädikation ist kalt bezieht. Da das logische Subjekt hier eine wahrnehmende oder empfindende Person bezeichnet, wird es auch „Experiencer“ genannt. Dies kommt auch bei „normalen“ Verben, wie z.B. hören, vor:
Beispiel
(1) Wir hören die Musik.
In Beispiel (1) machen wir nicht die Musik, sondern nehmen sie lediglich als „Experiencer“ wahr. Der Unterschied zu Ihrem Beispiel Mir ist kalt liegt darin, dass in Beispiel (1) das grammatische Subjekt zugleich die semantische Rolle des „Experiencer“ übernimmt und bei Ihrem Beispiel das logische Subjekt im Dativ (mir) die wahrnehmende Person ist.
Die Konstruktionen unterscheiden sich aber nicht nur in der Subjektklassifizierung, sondern auch im Verb und dem davon abhängigen Mustern. Das Kopulaverb in der Konstruktion Ich bin glücklich ist veränderlich und muss immer an das grammatische Subjekt angepasst werden:
Beispiel
(2) Ich bin glücklich.
(3) Du bist glücklich.
(4) Wir sind glücklich.
Bei Mir ist kalt hingegen ist das Kopulaverb nicht veränderlich. Da hier kein grammatisches Subjekt vorliegt, welches in Person und Numerus mit dem Prädikat übereinstimmen muss und vom Prädikat her den Nominativ als obligatorische Ergänzung verlangt, kann man hier von einem festen, unveränderlichen Prädikat (ist) mit dem Muster „Nominal (im Dativ) + ist + Adjektiv“ sprechen.
Fazit: Der entscheidende Punkt für die unterschiedlichen Subjekte im Nominativ und Dativ, d.h. ob logisches oder grammatisches Subjekt, liegt demzufolge also in der Veränderlichkeit bzw. Unveränderlichkeit des Prädikats und im verfestigten Muster „jemandem + ist + Adjektiv“.
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Sprachgeschichte
Dieses Muster stellt ein sprachhistorisches Relikt dar. Prinzipiell werden heutzutage nominale Subjekte in den Nominativ gesetzt. Die einzigen Ausnahmen sind Mir ist kalt/komisch/langweilig (u.a. Adjektive) und verwandte Verben, wie Mich friert/ekelt (Akkusativ als logisches Subjekt). Während das Muster „jemandem + ist + Adjektiv“ sich auch heute noch hartnäckig hält, werden hingegen die verwandten Konstruktionen Mich friert/ekelt seit neuhochdeutscher Zeit umstrukturiert.
Beispiel
(5) Ich friere.
(6) Ich ekle mich.
D.h. man tendiert in diesen Fällen dazu, das logische Subjekt auch zum grammtischen Subjekt zu machen, also die Subjekte ebenfalls nominativisch zu realisieren.
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