Ergebnis 1 bis 6 von 6

Thema: Heißt es "Ich könnte entspannter arbeiten, wenn ich nicht die ganze Zeit beobachtet werden würde." oder "..., wenn ich nicht die ganze Zeit beobachtet würde."?

  1. #1
    Unregistriert Gast

    Standard Heißt es "Ich könnte entspannter arbeiten, wenn ich nicht die ganze Zeit beobachtet werden würde." oder "..., wenn ich nicht die ganze Zeit beobachtet würde."?

    Vielen Dank im Voraus!

  2. #2

    Standard Konjunktiv und Passiv

    Die Beantwortung Ihrer Frage ist Teil eines Forschungsprojekts zur Verständlichkeit von grammatischen Erklärungen. Wir bitten Sie deshalb darum, im Anschluss an die Lektüre der Antwort die Tools zur Bewertung (Fragebogen, Sternchenfunktion, Antwortoption) zu nutzen.

    Sprachsystem


    Beide Varianten sind möglich. Ihr Zweifel kommt möglicherweise dadurch zustande, dass in Ihrem Beispielsatz Passiv und Konjunktiv kombiniert werden und für beide werden als Hilfsverb fungiert bzw. fungieren kann.
    Im Indikativ würde der Satz lauten:

    Beispiel

    (1) Ich werde beobachtet.

    Werden ist hier das Hilfsverb zur Passivbildung. Wenn man nun den passivischen Satz in den Konjunktiv setzen möchte, hat man dafür zwei Möglichkeiten:
    1. Man setzt das Hilfsverb in den Konjunktiv. Der Konjunktiv von werde ist würde.

    Beispiel

    (2) Ich würde beobachtet.

    2. Man verwendet die sogenannte würde-Umschreibung des Konjunktivs. D.h., man benutzt würde als Hilfsverb für den Konjunktiv. Das ist vor allem in der gesprochenen Sprache ein häufiges Verfahren, da uns viele Konjunktivformen veraltet und gestelzt vorkommen:

    Beispiel

    (3) Ich erledigte das.
    (3') Ich würde das erledigen.
    (4) Er erschösse ihn.
    (4') Er würde ihn erschießen.

    In Ihrem Beispiel führt dieses Verfahren zu Variante 2:

    Beispiel

    (5) Ich würde beobachtet werden.

    Während bei den Beispielen (3) und (4) die eingliedrigen Formen schwerfällig wirken und der würde-Konjunktiv uns dazu verhilft, die im Deutschen beliebte Klammerstruktur herzustellen (= zwei Teile des Prädikats bilden eine Klammer um einen Großteil des Satzes), sind in Ihrem Beispiel wegen der Passivverwendung ja bereits zwei Prädikatsteile vorhanden, sodass auch Variante 1 nicht merkwürdig wirkt. Es bleibt also Ihnen überlassen, ob Sie lieber die Variante werden würde wählen, damit sozusagen jeweils ein Hilfsverb für Passiv und Konjunktiv klare Verhältnisse schafft, oder ob Sie die kürzere Variante bevorzugen.
     


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  3. #3
    Unregistriert Gast

    Standard Wenn man Zukunft in der Vergangenheit ausdrücken möchte, muss man dann "werden" verwenden?

    Ich wusste, dass ich bestraft werden würde.
    Oder könnte man auch hier sagen: Ich wusste, dass ich bestraft würde.

    Danke schön!

  4. #4

    Standard

    Prinzipiell haben Sie auch hier beide Möglichkeiten. Das liegt in diesem Fall nun nicht mehr an der Multifunktionalität des Hilfsverbs werden, sondern daran, dass prinzipiell auch das Präsens für den Ausdruck von Zukunft verwendet werden kann.
    (vgl. dazu bereits eine in unserem Forum beantwortete Frage: http://www.grammatikfragen.de/showth...refixid=tempus)
    Zwar liegt in der ersten Variante

    Beispiel

    (1) Ich wusste, dass ich bestraft werden würde

    mit würde ein klar wahrnehmbares Signal für den Zukunftsbezug vor, da aber auch von der Perspektive der Gegenwart aus auf ein solches Signal im Bereich des Verbalkomplexes verzichtet werden kann

    Beispiel

    (2) Ich werde nächste Woche bestraft (werde hier = Hilfsverb zur Passivbildung),

    spricht eigentlich nichts dagegen, dass auch "Zukunft in der Vergangenheit" ohne einen expliziten Zukunftsmarker im Bereich des Verbalkomplexes auskommt

    Beispiel

    (3) Ich wusste, dass ich bestraft würde,

    zumal sich die Abfolge der Ereignisse (erst das Wissen um die Bestrafung, dann die Bestrafung) hier auch aus dem Satzkontext ergibt.

  5. #5
    Unregistriert Gast

    Standard

    Vielen Dank für die klare und hilfreiche Antwort!

  6. #6
    Registriert seit
    23.08.2018
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    Beiträge
    1

    Standard

    Zitat Zitat von Mathilde Hennig Beitrag anzeigen
    Prinzipiell haben Sie auch hier beide Möglichkeiten. Das liegt in diesem Fall nun nicht mehr an der Multifunktionalität des Hilfsverbs werden, sondern daran, dass prinzipiell auch das Präsens für den Ausdruck von Zukunft verwendet werden kann.
    (vgl. dazu bereits eine in unserem Forum beantwortete Frage: http://www.grammatikfragen.de/showthbesten...refixid=tempus)
    Zwar liegt in der ersten Variante

    Beispiel

    (1) Ich wusste, dass ich bestraft werden würde

    mit würde ein klar wahrnehmbares Signal für den Zukunftsbezug vor, da aber auch von der Perspektive der Gegenwart aus auf ein solches Signal im Bereich des Verbalkomplexes verzichtet werden kann

    Beispiel

    (2) Ich werde nächste Woche bestraft (werde hier = Hilfsverb zur Passivbildung),

    spricht eigentlich nichts dagegen, dass auch "Zukunft in der Vergangenheit" ohne einen expliziten Zukunftsmarker im Bereich des Verbalkomplexes auskommt

    Beispiel

    (3) Ich wusste, dass ich bestraft würde,

    zumal sich die Abfolge der Ereignisse (erst das Wissen um die Bestrafung, dann die Bestrafung) hier auch aus dem Satzkontext ergibt.


    Vielen Dank für Ihre Hilfe!

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