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Thema: Lass doch diesen Dummenjungenstreich

  1. #1
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    52

    Standard Lass doch diesen Dummenjungenstreich

    Wie ich auf die Frage gestoßen bin:
    Studium DaF

    Mit folgendem Nachschlagewerk versuchte ich dieser Frage auf den Grund zu gehen:
    Duden 9 und Duden Universalwörterbuch

    Dummerjungenstreich/Dummejungenstreich

    1) Ich verstehe nicht warum das Adjektiv "dumm" in „Dummenjungenstreich“ flektiert wird.
    Schließlich ist es doch der Streich (Grundwort), den man lassen soll und nicht den dummen
    jungen (Bestimmungswortgruppe).
    2) Ich verstehe
    a) Dummerjungenstreich als: dummer (Adjektiv, Nom. Mask. Sing.)+ Junge (schwaches
    Substantiv, Nom. Sing.) + n(Fugenelement) + Streich (Substantiv, Nom. Sing.);
    b) Dummejungenstreich als: dumme (Adjektiv, Nom. Mask. Pl.)+ Jungen (schwaches
    Substantiv, Nom. Pl.) + Ø (= kein Fugenelement) + Streich
    Mit freunlichen Grüßen

  2. #2

    Standard

    Die Beantwortung Ihrer Frage ist Teil eines Forschungsprojekts zur Verständlichkeit von grammatischen Erklärungen. Wir bitten Sie deshalb darum, im Anschluss an die Lektüre der Antwort die Tools zur Bewertung (Fragebogen, Sternchenfunktion, Antwortoption) zu nutzen.

    Sprachsystem


    Sie haben völlig Recht mit Ihrer Einschätzung, dass das Flexionsverhalten von Dummenjungenstreich Fragen aufwirft.
    Es ist richtig, dass bei so genannten Determinativkomposita (= Zusammensetzungen aus zwei Wörtern, wobei das erste Glied das zweite näher bestimmt) das Grundwort (= zweite Glied) flektiert wird, während das Bestimmungswort (= erstes Glied) unflektiert bleibt. Insofern gibt es sprachsystematisch eigentlich keinen klaren Grund dafür, dass im vorliegenden Fall auch das Adjektiv flektiert wird.

    Allerdings ist ja auch bereits das -n an Junge sprachsystematisch nicht eindeutig als Flexionsendung bestimmbar, wie Sie selber anmerken. Daraus ergibt sich u.E. die Frage: Wenn -n als Fugenelement (= bedeutungsleeres Bindeglied zwischen Kompositionsgliedern) zwischen Junge und Streich stehen kann, was spricht dann dagegen, auch eine Kompositionsfuge zwischen dumm und Junge einzufügen? Schließlich liegt mit unserem Beispiel durchaus ein außergewöhnliches Kompositum vor, da das Erstglied - wie Sie auch bereits angemerkt haben - nicht ein Wort, sondern eine Wortgruppe (Nominalgruppe) ist.

    Wenn das -n in Dummenjungenstreich als Kompositionsfuge interpretiert wird, stellt sich allerdings die Frage, warum sich das Kompositum in unterschiedlichen Kasus unterschiedlich verhält. Schließlich ist die Nennform laut Duden-Universalwörterbuch Dummejungenstreich.
    Das unterschiedliche Verhalten der verschiedenen Positionen im Paradigma (Dummenjungenstreich ist auf Dativ und Akkusativ beschränkt, Dummejungenstreich kann dagegen vermutlich in allen Kasus verwendet werden) deutet darauf hin, dass doch ein Zusammenhang zwischen Kasus und der Realisierung des Kompositums besteht.

    Wenn tatsächlich Dummenjungenstreich mit Dativ oder Akkusativ korreliert, wirkt sich hier der jeweilige syntaktische Kontext (das Rektionsverhalten einer Präposition oder eines Verbs) entgegen der Grundregel für die Komposition auch auf das Erstglied aus. Wir vermuten, dass das mit der Komplexität des Erstglieds zusammenhängt. Möglicherweise ist es für Sprecher sozusagen naheliegend eine Nominalgruppe im Akkusativ oder Dativ auch entsprechend zu flektieren, sodass die Art des Erstglieds sozusagen dem Grundprinzip der Kompositionsflexion in die Quere kommt.
     


    Sprachgebrauch


    Insgesamt lassen sich in Korpora relativ wenige Belege für das Kompositum finden. Interessant ist dennoch, dass die wenigen Belege im Recherechesystem des Instituts für deutsche Sprache COSMAS II tatsächlich auf eine komplementäre Verteilung von Dummerjungenstreich und Dummenjungenstreich hindeuten. Die 13 Belege für Dummenjungenstreich deuten darauf hin, dass diese Form tatsächlich ausschließlich im Dativ und Akkusativ verwendet wird:

    Beispiel

    (1) Auch die Frage, ob es sich um einen Dummenjungenstreich oder ambitionierte Künstler handelt, ist nicht geklärt.
    (2) Einen Dummenjungenstreich schließt das Ortsbeiratsmitglied aus.
    (3) nach einem Dummenjungenstreich sah das kaum aus, der Eindruck eines minutiös geplanten, hundsgemeinen Anschlages vertiefte sich in Bernie.


    Dummerjungenstreich dagegen kommt ausschließlich im Nominativ vor (22mal):

    Beispiel

    (4) Dies ist kein Dummerjungenstreich, das ist eindeutig eine Straftat.


    Auffällig ist außerdem, dass diese beiden Formen sich nicht nur komplementär auf verschiedene syntaktische Kontexte verteilen, sondern dass es einige wenige besonders typische Kontexte zu geben scheint. So wird Dummenjungenstreich häufig mit "es handelt sich nicht um" verwendet, Dummerjungenstreich fast ausschließlich in Kopulakonstruktionen ("dies ist kein").

    Die Form Dummejungenstreich ist in COSMAS II mit 107 Formen am häufigsten belegt. Sie scheint im Vergleich zu den anderen beiden Formen eine Art Neutralform zu sein, die in allen genannten Kontexten vorkommen kann:

    Beispiel

    (5) Jedenfalls ist dies kein Dummejungenstreich mehr, denn auf dem Schienenweg hätte womöglich Schlimmeres passieren können
    (6) Die Polizei glaubt, dass es sich bei dem Einbruch um einen Dummejungenstreich handelt
    (7) Die Polizei sprach später vom »Dummejungenstreich« eines 17-Jährigen.
     


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