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Thema: Die Sache mit dem „m“ bzw. „n“

  1. #1
    Unregistriert Gast

    Standard Die Sache mit dem „m“ bzw. „n“

    Wie ich auf die Frage gestoßen bin:
    Bei der Arbeit.

    Hallo!

    Ich arbeite seit kurzem im ärztlichen Schreibdienst und dabei habe ich immer ein paar Unsicherheiten:
    Da ich mir beim Schreiben der Endung bei Adjektiven/Adverbien („m“ oder „n“) – vor allem wenn es sich nicht um Aufzählungen handelt – immer nicht sicher bin, frage ich nun einmal hier in die Runde, wie Sie folgende Sätze schreiben würden. Eine Begründung wäre auch nicht schlecht. :-)

    1. Beispiel:
    Aussage: Das Befinden eines Patienten war bei Entlassung sowohl psychisch als auch körperlich gebessert.
    Welche folgende(n) Möglichkeit(en) sind grammatikalisch korrekt?
    a) Wir entließen den Patienten in gebessertem psychischem und körperlichem Befinden. (meine 1. Vermutung)
    b) Wir entließen den Patienten in gebesserten psychischem und körperlichem Befinden.
    c) Wir entließen den Patienten in gebessertem psychischen und körperlichen Befinden. (Vermutung anderer Befragter)
    d) Wir entließen den Patienten in gebessertem psychischen und körperlichem Befinden.
    e) Wir entließen den Patienten im gebesserten psychischen und körperlichen Befinden.



    2. Beispiel:
    Aussage: Sowohl das medizinische als auch das pflegerische Niveau ist am höchsten.
    Möglichkeiten (Welche davon ist/sind korrekt?):
    a) Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stellen die Versorgung unserer Patientinnen und Patienten auf höchstem medizinischem und pflegerischem Niveau sicher. (mein Tipp)
    b) Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stellen die Versorgung unserer Patientinnen und Patienten auf höchstem medizinischen und pflegerischen Niveau sicher.
    c) Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stellen die Versorgung unserer Patientinnen und Patienten auf höchstem medizinischen und pflegerischem Niveau sicher.

    Ich habe auch schon Sätze mit mehr als 2 aufeinander folgenden Adjektiven/Adverbien (ohne, dass es eine Aufzählung war) gelesen, doch mir fällt gerade kein Beispiel mehr ein. Vielleicht kennt Ihr da welche…

    Meine Vermutung ist, dass man bei Einzahl (Beispiel 1: das „Befinden“; Beispiel 2: das „Niveau“ grundsätzlich immer „m“ schreibt. Kann man das so sagen? Ich hab das Gefühl, auch schon gemischte Varianten gelesen zu haben.

    Danke im Voraus!

    Gruß

  2. #2

    Standard

    Die Beantwortung Ihrer Frage ist Teil eines Forschungsprojekts zur Verständlichkeit von grammatischen Erklärungen. Wir bitten Sie deshalb darum, im Anschluss an die Lektüre der Antwort die Tools zur Bewertung (Fragebogen, Sternchenfunktion, Antwortoption) zu nutzen.


    Sprachsystem

    Da es vor allem bei Adjektiven im Dativ Singular des Maskulinums und Neutrums zu Schwankungen zwischen der starken Endung –em und der schwachen Endung –en kommen kann, geht es also bei Ihrem Zweifelsfall um die Frage, welche Adjektive bei einer Abfolge mehrere aufeinanderfolgender Adjektive schwach oder stark dekliniert werden.

    Muttersprachlern ist oft gar nicht bewusst, dass es im Deutschen zwei Arten der Adjektivflexion gibt, da sie im alltäglichen Sprachgebrauch meist „automatisch“ die passende Form wählen. Zu Problemen kommt es allerdings häufig, wenn mehrere Adjektive vor einem Substantiv stehen (wie in Ihrem Fall die Adjektive gebessert, psychisch und körperlich bzw. höchst, medizinisch und pflegerisch). Die folgende Tabelle zeigt zunächst einmal die starken und schwachen Formen des Adjektivs medizinisch im Singular.

    starke Adjektivflexion schwache Adjektivflexion
    Nominativ medizinisches Niveau (das) medizinische Niveau
    Genitiv medizinischen Niveaus (des) medizinischen Niveaus
    Dativ medizinischem Niveau (dem) medizinischen Niveau
    Akkusativ medizinisches Niveau (das) medizinische Niveau

    Bei Ihren Beispielen in gebessertem psychischem und körperlichem Befinden und auf höchstem medizinischem und pflegerischem Niveau handelt es sich um komplexe Nominalgruppen mit drei attributiven Adjektiven. Eine Grundregel der Grammatik lautet, dass in Nominalgruppen Artikelwörter und Adjektive im Kasus, Numerus und Genus mit dem Substantiv übereinstimmen. Somit sind die Artikelwörter und Adjektive neben dem Substantiv ebenfalls Merkmalträger der Nominalgruppe. Jede Nominalgruppe besitzt einen Hauptmerkmalträger, an welchem man das grammatische Merkmal eindeutig identifizieren kann. Dies kann entweder ein Adjektiv oder ein Artikelwort sein. Die anderen Komponenten sind dann Nebenmerkmalträger. Eine weitere Grundregel der Grammatik besagt, dass immer die am weitesten links stehende Wortform als Hauptmerkmalträger gewählt wird. Wenden wir diese Grundregel auf Ihre Beispiele an, so entfällt zunächst eine der von Ihnen aufgeführten Varianten (mit einem * markiert).

    Beispiel


    (1) Wir entließen den Patienten in gebessertem psychischem und körperlichem Befinden.
    (2) *Wir entließen den Patienten in gebesserten psychischem und körperlichem Befinden.
    (3) Wir entließen den Patienten in gebessertem psychischen und körperlichen Befinden.
    (4) Wir entließen den Patienten in gebessertem psychischen und körperlichem Befinden.
    (5) Wir entließen den Patienten im gebesserten psychischen und körperlichen Befinden.


    In den Beispielen (1), (3) und (4) trägt das Adjektiv gebessert die starke Kasusmarkierung –em und ist somit Hauptmerkmalträger. Im Beispiel (5) steckt der Hauptmerkmalträger in der Präposition im, welche eine Verschmelzung aus in und einem bzw. dem darstellt.

    Überträgt man diese Grundregel auf Ihren zweiten Beispielsatz, so sind zunächst ebenfalls alle drei von Ihnen vorgeschlagenen Varianten möglich.

    Beispiel

    (6) Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stellen die Versorgung unserer Patientinnen und Patienten auf höchstem medizinischem und pflegerischem Niveau sicher.
    (7) Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stellen die Versorgung unserer Patientinnen und Patienten auf höchstem medizinischen und pflegerischen Niveau sicher.
    (8) Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stellen die Versorgung unserer Patientinnen und Patienten auf höchstem medizinischen und pflegerischem Niveau sicher.


    Denn in diesen Beispielen übernimmt das Adjektiv höchst mit der starken Kasusmarkierung –em die Funktion des Hauptmerkmalträgers. Unser Zwischenfazit für das erste Adjektiv in der Abfolge lautet also, dass die Adjektive gebessert und höchst immer die starke Endung –em tragen, außer wenn ihnen ein Artikelwort wie zum Beispiel einem vorangeht.

    Beispiel


    (9) in gebessertem Befinden oder in einem gebesserten Befinden
    (10) auf höchstem Niveau oder auf einem höchsten Niveau


    Bleibt noch die Frage, ob die beiden anderen Adjektive in der Abfolge stark oder schwach flektiert werden. Auch für diesen Fall gibt es laut Dudengrammatik eine Grundregel für Adjektive: „Adjektive werden parallel flektiert.“ (Vgl. Duden 4 S. 948) D.h. die Adjektive sind innerhalb einer Wortgruppe alle stark oder schwach. Folgt man dieser Grundregel, so wären nur noch drei von insgesamt acht aufgeführten Varianten möglich.

    Beispiel

    Beispiel (1): Wir entließen den Patienten in gebessertem psychischem und körperlichem Befinden. (alle stark flektiert)
    Beispiel (5): Wir entließen den Patienten im gebesserten psychischen und körperlichen Befinden. (alle schwach flektiert)
    Beispiel (6): Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stellen die Versorgung unserer Patientinnen und Patienten auf höchstem medizinischem und pflegerischem Niveau sicher. (alle stark flektiert)


    Somit befinden Sie sich mit diesen Varianten immer auf der sicheren Seite. Jedoch kann der Schreiber bzw. Sprecher mithilfe der Parallelflexion (= überall die Endung –em) und Wechselflexion (= erste Adjektiv mit der Endung –em, das zweite und dritte Adjektiv mit der Endung –en) unterschiedliche Bedeutungsakzente hinsichtlich der Adjektive ausdrücken. Denn mithilfe der Parallel- und Wechselflexion kann eine Unter- bzw. Nebenordnung der Adjektive signalisiert werden.

    Bei einer Nebenordnung der Adjektive bilden die jeweiligen Adjektive unabhängig voneinander jedes für sich ein das Substantiv ergänzendes Beschreibungselement. Hier tritt laut Duden Band 9 „Richtiges und gutes Deutsch“ in der Regel Parallelflexion ein. Da das erste Adjektiv Hauptmerkmalträger ist, benötigt man für die anderen Adjektive auch die starke Kasusamarkierung –em.

    Beispiel


    (11) in gebessertem psychischem und körperlichem Befinden
    (12) auf höchstem medizinischem und pflegerischem Niveau


    Bei zwei aufeinanderfolgenden Adjektiven kann das zweite Adjektiv mit dem Substantiv eine „gedankliche Einheit“ bilden. Diese Einheit kann als Ganzes von dem ersten Adjektiv modifiziert werden. Somit wird das erste Adjektiv der gesamten Einheit untergeordnet. Bei Unterordnung tritt in der Regel Wechselflexion ein.

    Beispiel


    (13) mit hellem elektrischen Licht


    Da es sich aber bei Ihren Beispielen um eine Abfolge aus drei Adjektiven handelt, muss man, bevor man eine Unterordnung annehmen kann, klären, welche Adjektive eine gedankliche Einheit mit dem Substantiv bilden können. Da die beiden letzten Adjektive durch die Konjunktion und verbunden sind, kann man zwischen diesen eine größere Nähe annehmen als zum ersten Adjektiv. Aus diesem Grund müssen die letzten beiden Adjektive parallel flektiert werden.

    Beispiel

    (14) in gebessertem psychischen und körperlichen Befinden
    (15) in gebessertem psychischem und körperlichem Befinden
    (16) auf höchstem medizinischen und pflegerischen Niveau
    (17) auf höchstem medizinischem und pflegerischem Niveau


    Somit bilden zunächst das zweite und dritte Adjektiv eine gewisse Einheit, welche wiederum mit dem Substantiv eine weitere gedankliche Einheit bilden kann. Diese gedankliche Einheit bezeichnet im weiteren Sinn eine gewisse Zusammengehörigkeit
    So könnte man in Ihren Beispielen eine gedankliche Nähe zwischen den Adjektiven „psychisch“ und „körperlich“ und „Befinden“ bzw. „medizinisch“ und „pflegerisch“ und „Niveau“ annehmen.

    Beispiel

    (18) in gebessertem psychischen und körperlichen Befinden
    (19) auf höchstem medizinischen und pflegerischen Niveau


    In der Tat lässt aber die Festlegung, ob es sich bei bestimmten Konstruktionen um gedankliche Einheiten handelt oder nicht, im Einzelfall oft großen Interpretationsspielraum.

    Um zu sehen, ob es sich bei einer Abfolge von Adjektiven um Neben- oder Unterordnung handelt, bieten sich kleine „Tests“ an: Bei Unterordnung kann in der Regel zwischen den Adjektiven kein und stehen.

    Beispiel


    (20) Da es um 22 Uhr noch über 20 Grad warm ist, zählt dieser Freitag nach strengem bayerischen Reinheitsgebot als Biergartentag.
    (21) *Da es um 22 Uhr noch über 20 Grad warm ist, zählt dieser Freitag nach strengem und bayerischem Reinheitsgebot als Biergartentag. (nicht möglich, da „streng“ „bayerisch“ untergeordnet ist.)


    Weiterhin können die Adjektive bei Unterordnung nicht in beliebiger Reihenfolge angeordnet werden, d.h. sie können nicht vertauscht werden.

    Beispiel

    (22) * Da es um 22 Uhr noch über 20 Grad warm ist, zählt dieser Freitag nach bayerischem und strengem Reinheitsgebot als Biergartentag.


    Wendet man diese „Tests“ auf Ihre Beispiele an, ergeben sich folgende Konstruktionen:

    Beispiel

    (23) in gebessertem und psychischem und körperlichem Befinden
    (24) in psychischem und körperlichem gebessertem Befinden
    (25) auf höchstem und medizinischem und pflegerischem Niveau
    (26) auf medizinischem und pflegerischem höchstem Niveau


    Zugebenermaßen wirken diese Konstruktionen etwas unnatürlich. Sie können aber, wenn dies in der Aussageabsicht des Sprechers liegt, in der Art tatsächlich gebraucht werden.

    Fazit: Anhand der ausführlichen Erklärung sehen Sie, dass die Flexionsart der Adjektive von komplexen Faktoren abhängt. Zum Einen muss der Schreiber Rücksicht auf die Grundregel des Hauptmerkmalträgers nehmen, zum Anderen muss er eine Entscheidung über die Aussageabsicht, d.h. ob er bei einer Abfolge von Adjektiven Unter- oder Nebenordnung ausdrücken möchte, treffen. Davon ist letztendlich dann auch die Parallel- oder Wechselflexion abhängig.
     


    Sprachgeschichte


    Die Varianten in gebessertem psychischen und körperlichen Befinden bzw. auf höchstem medizinischen und pflegerischen Niveau werden allerdings auch dadurch erklärbar, dass die Sprecher und Schreiber des Deutschen es z. B. aus sprachökonomischen Gründen für ausreichend halten könnten, die starke Adjektivendung nur einmal, nämlich am Hauptmerkmalträger gebessertem bzw. höchstem auszudrücken. Alle weiteren Adjektive könnten prinzipiell schwache Endungen erhalten, wenn durch die Endung des Hauptmerkmalträgers klar wird, dass es sich um einen Dativ handelt. Die Endung des ersten, starken Adjektivs gilt dann quasi für alle anderen Adjektive mit. Diese Tendenz, bestimmte grammatische Merkmale nur noch an einem Wort innerhalb einer Wortgruppe deutlich anzuzeigen, bezeichnet man als Monoflexion.
     


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    Geändert von Mathilde Hennig (21.12.2015 um 08:09 Uhr)

  3. #3
    Unregistriert Gast

    Standard Lösung des M / N Rätsel

    1. Bsp.: e)
    2. Bsp.: Wenn man diesen Satz so schreiben möchte b)

    Ein M zum Anfang reicht gewöhnlich

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