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Thema: "Das scheint nicht ein kalter Winter zu sein." Um was für eine Art von Satzglied handelt es sich bei "ein kalter Winter"?

  1. #1
    Unregistriert Gast

    Standard "Das scheint nicht ein kalter Winter zu sein." Um was für eine Art von Satzglied handelt es sich bei "ein kalter Winter"?

    Wie ich auf die Frage gestoßen bin:
    Schülerklausur

  2. #2

    Standard

    Da es sich bei einer Frage zur Satzgliedbestimmung um keinen den Sprachgebrauch betreffenden grammatischen Zweifelsfall handelt, wird hier auf unser auf Zweifelsfälle ausgerichtetes Antwortschema mit den Icons verzichtet. Wir möchten Sie dennoch bitten, unseren kurzen Fragebogen zur Bewertung unserer Antwort auszufüllen.

    Die Satzgliedbestimmung von ein kalter Winter bei dem Satz Das scheint nicht ein kalter Winter zu sein fällt Ihnen vermutlich nicht leicht, da es sich bei dem Prädikat scheinen um ein Verb mit Spezialfunktion handelt.

    Da im Allgemeinen das Prädikat im Satz Dreh- und Angelpunkt ist, müssen wir uns dieses genauer anschauen. Prinzipiell bestimmen Prädikate durch ihren sogenannten Valenzrahmen den Satzbauplan. Unter Valenz versteht man die Eigenschaft von Wörtern (meist wird dabei an Verben gedacht), bestimmte „Mitspieler“ (Ergänzungen) zu fordern. D.h. dass Verben von sich aus auf semantischer Ebene Ergänzungen verlangen und deren syntaktische Realisierung (auf Satzgliedebene) festlegen. Alle Valenzeigenschaften eines Verbs zusammengefasst nennt man Valenzrahmen.

    Beispiel


    (1) Der Anwalt unterschrieb den Brief.


    Das Prädikat in diesem Satz (unterschreiben) bindet von seiner Bedeutung her zwei Ergänzungen: Zum einem ein Subjekt, bei diesem Verb i.d.R. eine Person, die ihren Namen unter etwas setzt, und zum anderen ein Akkusativobjekt, d.h. das worunter die Person ihren Namen setzt.

    In diesem Beispiel erscheint uns die Bestimmung der Satzglieder wohlmöglich nicht ganz so schwer, da es sich hier einerseits um die bekannteren Satzglieder und andererseits um ein Vollverb handelt. Vollverben bezeichnen in der Regel Typen von Handlungen und Geschehen und können allein ein einfaches Prädikat bilden. Neben den Vollverben gibt es auch einige wenige Verben, die eine Spezialfunktion besitzen und nicht allein das Prädikat bilden können. Da sie nicht allein das Prädikat bilden können, benötigen sie weitere Bestandteile, sodass sie als mehrteilige Prädikate auftreten. Bei den mehrteiligen Prädikaten liegt sozusagen eine Arbeitsteilung vor: Die Spezialverben übernehmen die Funktion grammatische Merkmale auszudrücken, während der andere Teil den Bedeutungsbeitrag liefert (lexikalischer Kern). (Mehr Informationen zum Thema „Verben mit Spezialfunktion“ erhalten Sie in der Dudengrammatik §576-594.)

    Ein typischer Vertreter der Spezialverben sind die sogenannten Kopulaverben. Kopulaverben sind Verben (sein, bleiben, werden), die gemeinsam mit einem Satzteil im Nominativ das Prädikat bilden:

    Beispiel


    (2) Das ist ein kalter Winter.


    Will man in diesem Beispiel die Satzglieder bestimmen, so muss man zunächst den Prädikatsbegriff bestimmen, d.h. es muss geklärt werden, was zum Prädikat gehören kann oder muss. Denn in den Grammatiken gibt es zwei Auffassungen von dem Begriff Prädikat: Der enge Prädikatsbegriff lässt nur Verben als Prädikate gelten. Die Konsequenz ist, dass die weiteren Bestandteile der Sätze dann als Satzglieder bestimmt werden müssen. Für das Beispiel mit sein (2) kommt als Satzgliedfunktion das so genannte 'Prädikativ' in Frage. Weil sich die Nominalgruppe ein kalter Winter auf das Subjekt bezieht, wird sie als Subjektsprädikativ bezeichnet. Die Einordnung als Prädikativ und somit als eigenständiges Satzglied wird u.a. durch die Verschiebbarkeit begründet (so in der Grammatik von Helbig/Buscha). Dennoch legt auch bereits die Bezeichnung 'Prädikativ' eine gewisse Nähe zum Prädikat nahe.

    Dagegen gibt es noch eine weite Auffassung von Prädikat, die mit der funktionalen Zusammengehörigkeit begründet wird. Denn die so genannten Kopulaverben sein, bleiben und werden bilden nicht alleine eine Satzaussage, sondern nur in Verbindung mit einem Adjektiv oder Substantiv (bzw. einer Nominalgruppe). Dieser Auffassung nach gehört der Satzteil ein kalter Winter auf syntaktischer Ebene zum Prädikat.

    Ähnlich verhält es sich mit Ihrem Beispielsatz:

    Beispiel

    (3) „Das scheint ein kalter Winter zu sein“.


    Hier kann man ebenfalls die Nominalgruppe ein kalter Winter als Prädikativ zu der Infinitivkonstruktion zu sein auffassen. Der Unterschied zu Beispiel (2) besteht eigentlich nur darin, dass das Prädikat anders gebildet wird und zwar mehrteilig. Bei scheinen handelt es sich um ein sogenanntes Halbmodal oder Modalitätsverb. Darunter versteht man Verben, die sich mit einem zu-Infinitiv verbinden, z.B. haben, scheinen, sein, pflegen u.a. Diese Halbmodale bilden dann mit dem zu-Infinitiv einen Verbalkomplex, in welchem sich sozusagen die Valenz vom zu-Infinitiv auf den Verbalkomplex als Ganzes überträgt. Daher wird in Beispiel (3) das Subjektsprädikativ ein kalter Winter von sein gefordert.

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    Geändert von Jacqueline Weiß (22.09.2015 um 11:23 Uhr)

  3. #3

    Standard Prädikativ

    Ergänzung:

    "Das scheint nicht ein kalter Winter zu sein."

    Das > Subjekt
    scheint nicht > Kopula 1. Teil
    ein kalter Winter > Prädikativ
    zu sein. > Kopula 2. Teil

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