Ergebnis 1 bis 4 von 4

Thema: Macht es Sinn, wenn etwas einen Sinn ergibt.

  1. #1
    Unregistriert Gast

    Standard Macht es Sinn, wenn etwas einen Sinn ergibt.

    Mir kommt die gebräuchliche Floskel "Es macht Sinn" als grammatikalischer Anglizismus vor - stop making sense - der im Deutschen nichts zu suchen hat. Liege ich da richtig?

  2. #2

    Standard Das macht Sinn vs. Das ergibt Sinn

    Da die Herkunft bestimmter Wendungen nicht zu den den Sprachgebrauch betreffenden grammatischen Zweifelsfällen gehört, wird hier auf unser auf Zweifelsfälle ausgerichtetes Antwortschema mit den Icons verzichtet. Wir möchten Sie dennoch bitten, unseren kurzen Fragebogen zur Bewertung unserer Antwort auszufüllen.

    Sie haben ganz Recht damit, dass die Wendung Das macht Sinn an das englische That makes sense angelehnt und somit ein Anglizismus ist (dies bestätigen z. B. Duden 9 und Wahrigs „Fehlerfreies und gutes Deutsch“). Bei den großen Mengen von Texten, die heute aus dem Englischen ins Deutsche übersetzt werden, kann es unter Umständen vorkommen, dass ein Wort oder eine Phrase „wörtlich“ übersetzt wird (es handelt sich dann um eine Lehnübersetzung), obwohl im Sprachsystem des Deutschen bereits eigenständige Gegenstücke vorhanden sind (z. B. Das ergibt Sinn). Genau das scheint sich in diesem Fall zugetragen zu haben.

    Allerdings ist es völlig normal, dass Sprachen, die miteinander in Kontakt kommen, sich gegenseitig beeinflussen. Bei der Übersetzung Englisch > Deutsch übt natürlich das Englische mehr Einfluss auf das Deutsche aus, aber auch der umgekehrte Fall ist nicht ausgeschlossen, wie Sammlungen von sogenannten „Germanismen“ im Englischen zeigen.

    Anglizismen werden oft als „Fremdkörper“ angesehen, die in der deutschen Sprache nichts zu suchen haben. Sind sie jedoch im Sprachgebrauch des Deutschen so fest verankert wie Sinn machen, kann man kaum noch von Fremdkörpern sprechen – sie sind dann zu Bestandteilen des deutschen Sprachsystems geworden. Wie weit Sinn machen schon verbreitet ist, zeigt eine Analyse des IDS-Zeitungskorpus: Hier finden sich 1704 Belege für macht Sinn (meist in Redewiedergaben), aber nur 44 für ergibt Sinn. Angesichts dieser Zahlen kann man kaum noch behaupten, Sinn machen wäre falsch, aber letztlich kann natürlich jeder selbst entscheiden, ob er bestimmte Anglizismen (sofern er sie als solche erkannt hat) verwenden möchte oder nicht.

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    Geändert von Jacqueline Weiß (22.09.2015 um 12:53 Uhr)

  3. #3

    Standard sich / einander

    Sehr geehrte Damen und Herren, gestatten Sie eine Anschlussfrage: in Ihrer Antwort heißt es ».., dass Sprachen .. sich gegenseitig beeinflussen«

    Darf man das schon so sagen? Oder habe ich Sie hier bei etwas »erwischt« (nichts für Ungut, bitte), weil es richtig »einander gegenseitig beeinflussen« heißen müsste?

    Danke, und bitte nicht ganz ernst nehmen, aber es interessiert mich wirklich!

    Liebe Grüße
    Matthias Wolf
    (Wien)

  4. #4

    Standard "Sprachen beeinflussen sich gegenseitig" - Kann man das so sagen?

    Die Beantwortung Ihrer Frage ist Teil eines Forschungsprojekts zur Verständlichkeit von grammatischen Erklärungen. Wir bitten Sie deshalb darum, im Anschluss an die Lektüre der Antwort die Tools zur Bewertung (Fragebogen, Sternchenfunktion, Antwortoption) zu nutzen.

    Sprachsystem

    Mit Sätzen wie The monkeys are scratching themselves und The monkeys are scratching each other wird im Englischunterricht bekanntlich oft versucht zu zeigen, welche sprachlichen Mittel zur Verfügung stehen, um eine reflexive (rückbezogene) bzw. eine reziproke (wechselseitige) Handlung auszudrücken. Doch wie sieht es im Deutschen aus: Muss hier zum Ausdruck einer reziproken Handlung oder Beziehung das Pronomen einander verwendet werden oder kann in solchen Fällen auch sich stehen?

    Dem Dudenband 9 („Richtiges und gutes Deutsch“) zufolge ist beides zulässig. Tatsächlich nennt der Duden einander ein reziprokes Pronomen, das im Grunde dafür geschaffen ist, eine wechselseitige Beziehung zwischen den Beteiligten anzuzeigen. Aber auch das Reflexivpronomen sich, das zunächst einmal für den Rückbezug zum Subjekt zuständig ist (z. B. Die Täter ergaben sich der Polizei), kann zum Ausdruck von Wechselseitigkeit verwendet werden. Wenn durch den Gebrauch des Reflexivpronomens allerdings Missverständnisse entstehen könnten, ist der Einsatz von einander sinnvoll, um Eindeutigkeit herzustellen.

    Beispiel

    (1) Sie begegneten sich im Gericht. – Reziproke Lesart, unmissverständlich

    (2) Sie rauften sich die Haare aus. – Jeder seine eigenen oder gegenseitig (reflexiv oder reziprok)? Missverständlich, daher alternativ: Sie rauften einander die Haare aus.

    Eine Formulierung wie Sprachen beeinflussen sich ist, ähnlich wie Sie begegneten sich im Gericht, aber schon aus dem Grund relativ unmissverständlich, da durch die Verbbedeutung bereits eine gewisse Wechselseitigkeit vorgegeben ist (die Sprachen werden sich kaum selbst beeinflussen). Außerdem wird die reziproke Lesart durch den Zusatz von gegenseitig verdeutlicht. Insofern sind wir uns also keiner „Schuld“ bewusst, wenn wir dass Sprachen ... sich gegenseitig beeinflussen schreiben.
     


    Sprachvariation

    Der Duden 9 führt zudem aus, dass heute zum Ausdruck von Wechselseitigkeit im Allgemeinen das Reflexivpronomen gebraucht wird, „weil einander fast immer gehoben, bei einigen Verben sogar gespreizt wirkt“ (S. 758). Als Beispiel für den stilistischen „Normalfall“ wird hier der Satz Wir treffen uns morgen genannt (mit uns als Reflexivpronomen der 1. Person Plural) und als gespreizt wirkendes Gegenbeispiel Wir treffen einander morgen.

    Da wir den Nutzern des Grammatikforums jedoch das Thema Grammatik näher bringen möchten, sind wir stets darum bemüht, nicht allzu „abgehoben“ zu klingen (und verwenden daher das Reflexivpronomen).
     


    Sprachgebrauch

    Selbst bei einer Suche im digitalen Zeitungstextarchiv des Instituts für Deutsche Sprache liegt die Kombination „beeinflussen sich“ vorn: 138 Treffer sind hierfür zu verzeichnen (= 85 %), während es „beeinflussen einander“ nur auf 24 Treffer (= 15 %) bringt.

    Bei Google ist der Unterschied beinahe erwartungsgemäß noch gravierender: „beeinflussen einander“ ist hier 19.700-mal (= 5 %) zu finden, „beeinflussen sich“ dagegen ganze 366.000-mal (= 95 %).
     


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