Nominalgruppen im Dativ werden im Satz häufig als Dativobjekte gebraucht, wie in folgendem Beispiel:
Beispiel
(1) Die Mutter gab dem Kind einen Apfel.
Der Dativ wird hier vom Verb
geben verlangt. Wenn ein Verb wie in (1) eine Ergänzung in einer bestimmten formalen Realisierung und mit bestimmten semantischen und funktionalen Eigenschaften verlangt, nennt man das in der Linguistik ‚
Valenz‘. Das Dativobjekt in (1) gehört also zur Valenz des Verbs
geben.
Zwar ist Valenz vorrangig eine Eigenschaft von Verben, aber auch bestimmte Adjektive und Substantive können über Valenz verfügen. Das scheint uns der Schlüssel zum Verständnis Ihrer Beispiele zu sein: Die Adjektive
peinlich, egal und
bekannt verfügen über einen Valenzrahmen, der eine Ergänzung im Dativ zwar nicht obligatorisch vorgibt, aber sozusagen eine Position dafür bereitstellt.
Valenzeigenschaften einzelner Verben, Substantive und Adjektive können in speziellen Valenzwörterbüchern zusammengestellt werden. Für Verben gibt es bspw. das „Elektronische Valenzwörterbuch“ (E-VALBU) auf der Seite des Instituts für deutsche Sprache Mannheim.
Ein Adjektivvalenzwörterbuch wurde 1983 von Karl-Ernst Sommerfeldt und Herbert Schreiber herausgebracht. In diesem Wörterbuch finden sich tatsächlich bei allen drei genannten Adjektiven Angaben dazu, dass im Valenzrahmen eine Position für eine Ergänzung im Dativ angelegt ist. Bei
interessant dagegen ist eine solche Ergänzung nicht vorgesehen. Gerade daran, dass man den Dativ nicht zu jedem Adjektiv frei hinzufügen kann, kann man erkennen, dass es sich dabei um eine Valenzeigenschaft einzelner Adjektive handelt. Warum sich nun bei bestimmten Adjektiven ein entsprechender Valenzrahmen herausgebildet hat und bei anderen nicht, können wir hier leider nicht beantworten.
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