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Thema: erschreckt oder erschrocken?

  1. #1
    Unregistriert Gast

    Standard erschreckt oder erschrocken?

    Wie ich auf die Frage gestoßen bin:
    in Gesprächen

    Mit folgendem Nachschlagewerk versuchte ich dieser Frage auf den Grund zu gehen:
    Internet

    Hallo, ich frage mich ständig, in welchem Zusammenhang das Partizip von erschrecken "erschreckt" und in welchem es "erschrocken" heißen muss. Ich habe jetzt ein wenig im Internet recherchiert und herausgefunden, dass anscheinend beides möglich ist. Kann man es dann überhaupt falsch bilden? Denn wenn ich sage "Ich bin erschreckt.", dann kann man sich doch aussuchen, ob man das jetzt als falsch gebildetes transitives Partizip oder als intransitive Form auffassen will, oder?

  2. #2

    Standard erschreckt vs. erschrocken

    Die Beantwortung Ihrer Frage ist Teil eines Forschungsprojekts zur Verständlichkeit von grammatischen Erklärungen. Wir bitten Sie deshalb darum, im Anschluss an die Lektüre der Antwort die Tools zur Bewertung (Fragebogen, Sternchenfunktion, Antwortoption) zu nutzen.

    Sprachsystem


    Bei Ihrem Zweifelsfall handelt es sich um die Frage, ob das Verb erschrecken der starken oder der schwachen Flexion folgt.

    Die schwache Flexion ist gekennzeichnet durch eine Stammformenreihe ohne Veränderung des Stammvokals:

    Beispiel

    (1) leben, lebte, gelebt


    Bei einer starken Flexion verändert sich der Stammvokal in der Stammformenreihe:

    Beispiel

    (2) singen, sang, gesungen


    Erschreckt ist also ein nach dem Muster der schwachen Flexion gebildetes Partizip des Verbs erschrecken und erschrocken ist die starke Variante des Partizips.
    Bei den meisten Verben (wie bei den Beispielen leben und singen) ist nur eine Variante der Partizipienbildung möglich (man kann beispielsweise nicht sagen gelaben oder gesingt). Bei manchen Verben - und dazu gehört erschrecken - sind mit den beiden Varianten Bedeutungsunterschiede verbunden. So gibt es ein transitives Verb erschecken (mit Akkusativobjekt), das schwach flektiert wird:

    Beispiel

    (3) Auch das hupende Auto hat das Tier nicht erschreckt – es könne also kein Wolf sein.

    (4) Nein, es erschreckt mich nicht. Die Kriminalität ist nun mal eine Realität.


    Das intransitive Verb bildet das Partizip II stark:

    Beispiel

    (5) Wir sind selbst erschrocken, als wir den Kostenvoranschlag für die Sanierung der alten Halle sahen.

    (6) Die Golf-Fahrerin sei erschrocken und auf die Gegenseite ausgewichen.


    (alle Beispiele stammen aus dem Recherchesystem des Instituts für deutsche Sprache COSMASII)

    Es ist folglich richtig, dass beide Varianten möglich sind. Da damit aber feste Gebrauchsregeln verbunden sind, kann man daraus nicht folgen, dass die Wahl einer der beiden Varianten völlig beliebig ist. Wenn Sie sagen "Ich bin erschreckt", dann haben Sie die schwache Form gewählt, obwohl der Kontext (intransitiv) die starke Variante verlangt. Das ist kein "falsch gebildetes transitives Partizip", weil Sie das Verb hier nicht transitiv verwenden und weil es die Unterscheidung 'transitives vs. intransitives Partizip' so nicht gibt. Es gibt einerseits die Unterscheidung zwischen transitiven und intransitiven Verben und andererseits die Unterscheidung zwischen starker und schwacher Flexion. Folglich gibt es transitive und intransitive Verben, die stark oder schwach flektiert werden.
    Andererseits ist natürlich gerade die Existenz von zwei Varianten (auch wenn damit standardsprachlich Bedeutungsunterschiede verbunden sind) anfällig für Zweifelsfälle.
     


    [GBF][{GBF]

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