Ergebnis 1 bis 2 von 2

Thema: Warum steht bei den trennbaren Verben mitkommen und mitfahren die Vorsilbe NICHT am Ende des Satzes?

  1. #1
    Sasha Gast

    Standard Warum steht bei den trennbaren Verben mitkommen und mitfahren die Vorsilbe NICHT am Ende des Satzes?

    Wie ich auf die Frage gestoßen bin:
    Beim Vorbereiten meines Unterrichts

    Mit folgendem Nachschlagewerk versuchte ich dieser Frage auf den Grund zu gehen:
    Internet

    Die Vorsilbe steht bei trennbaren Verben immer am Ende des Satzes.

    Allerdings scheint mir dies bei den Verben mitkommen und mitfahren falsch bzw. unüblich.
    Zum Beispiel:

    Ich komme mit ins Kino. (statt: Ich komme ins Kino mit.)
    Fährst du mit nach Spanien? (statt: Fährst du nach Spanien mit?)

    Warum ist dies so?

  2. #2

    Standard

    Die Beantwortung Ihrer Frage ist Teil eines Forschungsprojekts zur Verständlichkeit von grammatischen Erklärungen. Wir bitten Sie deshalb darum, im Anschluss an die Lektüre der Antwort die Tools zur Bewertung (Fragebogen, Sternchenfunktion, Antwortoption) zu nutzen.

    Sprachsystem


    Die von Ihnen als trennbar beschriebenen Verben mitfahren und mitkommen sind Partikelverben. Laut Dudengrammatik (Duden, Band 4) sind Partikelverben komplexe Verben mit einem morphologisch und syntaktisch trennbaren Erstglied. Verbpartikel sind Wortbildungsmittel, zu denen homonyme Wörter existieren. Das bedeutet, dass mit zum einen Teil des Verbs mitkommen ist. Zum anderen gibt es aber auch das selbstständige Wort mit (z.B. als Präposition).

    Bei den Partikelverben steht die Partikel in Verb-Zweitsätzen – wie Sie es beschrieben haben – am Satzende (Beispiel 1) und ist somit vom verbalen Bestandteil getrennt. Mitkommen und mitfahren bilden zudem – wie für Partikelverben typisch – den zu-Infinitiv und das Partizip II, indem sie zu bzw. ge- umschließen (Beispiele 2).

    Beispiel

    Beispiel 1:
    Ich komme nur bei gutem Wetter mit.

    Beispiele 2:
    Er bat mich mitzukommen/mitzufahren.
    Auch in diesem Jahr bin ich wieder mitgekommen/mitgefahren.


    Nun schildern Sie jedoch zwei Fälle, in denen die Partikel eine untypische Position im Satz einnimmt (Beispiele 3).

    Beispiel

    Beispiele 3:
    Ich komme mit ins Kino.
    Fährst du mit nach Spanien?

    Beispiel 4:
    Ich komme ins Kino mit.
    Fährst du nach Spanien mit?


    Wenn Sie sagen, dass die Beispiele 4 unüblich erscheinen, haben Sie recht. Das ist darauf zurückzuführen, dass es sich in Ihren Beispielen nicht um die Verben mitkommen und mitfahren handelt, sondern um die Verben kommen und fahren (Beispiel 5).

    Beispiel

    Beispiel 5:
    Ich komme ins Kino.
    Fährst du nach Spanien?


    Die Sätze (Beispiele 3) beinhalten also keine Partikelverben. Die Wortform mit ist hier nicht Partikel des Verbs, sondern als Adverb Teil der Präpositionalgruppen „ins Kino“ und „nach Spanien“. Dabei transportiert mit dieselbe Bedeutung, die es auch im Rahmen des Partikelverbs beisteuert: jemand nimmt Teil, jemand ist dabei.

    Diese Rolle als Adverb zu einer Präpositionalgruppe übernimmt mit häufig und zwar auch bei Verben, die kein entsprechendes Partikelverb mit mit bilden (Beispiele 6).

    Beispiel

    Beispiele 6:
    a. Doch wie der Berater wollte auch Favre über die Gespräche mit den Geschäftsführern Preetz und Ingo Schiller sowie Präsident Werner Gegenbauer , die ebenfalls mit in Stegersbach sind , nichts sagen . (Die Zeit, 12.07.2009; online)

    b. Aber das gehört halt mit zu meinem Job . (Die Zeit, 13.07.2009; online)
    c. Die Nachkommen des Künstlerbruders , mit dem zusammen Wolfgang nach dem Krieg » Neu-Bayreuth « gegründet hatte und der 1966 starb, wollten mit auf den Wagner-Thron . (Die Zeit, 11.07.2009, Nr. 29)


    Alle Verben in Rahmen der Beispiele 6 (kursiv) bilden kein Partikelverben mit mit (es gibt kein: mitsein, mitgehören, mitwollen). Dies zeigt, dass die Konstruktion der durch ein Adverb mit erweiterten Präpositionalgruppe losgelöst vom Konzept des Partikelverbs betrachtet werden kann.
    Zudem zeigt der Vergleich der Beispiele 3 und 4, dass es sich um Verben handelt, die eine leicht abgewandelte Bedeutung transportieren. Während in den Beispielen 3 kommen und fahren mit einer Ortsangabe ganz natürlich wirken - das Verb verlangt hier semantisch eine Ortsangabe -, ist diese in den Beispielen 4 nicht notwendig (vgl. Beispiele 7).

    Beispiel

    Beispiele 7:
    Ich kommen mit.
    Fährst du mit?


    Dass es sich in den von Ihnen geschilderten Beispielen (3) um die Verben kommen und fahren und um das die Präpositionalgruppen erweiternde Adverb mit handelt, kann man auch testen, indem man mit durch auch ersetzt (Beispiel 8).

    Beispiel

    Beispiel 8:
    Ich komme auch ins Kino.
    Fährst du auch nach Spanien?


    Das eine Adverb lässt sich hier durch ein anderes ersetzen.

    Da es sich bei mit in Ihren Beispielen also nicht um eine Verbpartikel handelt, sondern um ein Adverb zur Präpositionalgruppe, nimmt es im Verbzweitsatz auch nicht die Position am Satzende ein, sondern lässt sich in Abhängigkeit von der Präpositionalgruppe im Satz verschieben (Beispiel 9).

    Beispiel

    Beispiel 9:
    Ich würde auch noch mit ins Kino kommen.
    Mit ins Kino würde ich auch noch kommen.



     
    Geändert von Volker Emmrich (07.05.2014 um 10:55 Uhr)

Ähnliche Themen

  1. "Ende dieses Jahres" oder "Ende diesen Jahres"?
    Von Nicki08 im Forum Fragen zur Grammatik
    Antworten: 7
    Letzter Beitrag: 16.04.2019, 19:42
  2. Antworten: 1
    Letzter Beitrag: 29.08.2013, 11:03
  3. Antworten: 1
    Letzter Beitrag: 10.04.2013, 07:36
  4. Warum heißt das Kompositum MedikamenteNplan und nicht Medikamenteplan?
    Von Unregistriert im Forum Fragen zur Grammatik
    Antworten: 2
    Letzter Beitrag: 05.02.2013, 18:44
  5. Antworten: 1
    Letzter Beitrag: 24.01.2013, 16:40

Lesezeichen

Berechtigungen

  • Neue Themen erstellen: Nein
  • Themen beantworten: Nein
  • Anhänge hochladen: Nein
  • Beiträge bearbeiten: Nein