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Thema: Warum wird bei männlichen Namen das Genitiv-s weggelassen? Ist das überhaupt richtig?

  1. #1
    Unregistriert Gast

    Standard Warum wird bei männlichen Namen das Genitiv-s weggelassen? Ist das überhaupt richtig?

    Wie ich auf die Frage gestoßen bin:
    Gespräch mit einem Freund. Ich bemerkte, dass man 'des Martin' anstelle von 'des Martins' verwendet.

    Mit folgendem Nachschlagewerk versuchte ich dieser Frage auf den Grund zu gehen:
    Im Internet sind zu konfuse Antworten.

    Heißt es "Das Buch des Martin" oder das Buch des "Martins". Ich sehe eigentlich immer nur die erstere Variante. Zudem ist es doch bei Goethes "die Leiden des jungen Werther" genauso. Warum fällt das weg? Ist das überhaupt richtig?
    Danke im Voraus!

  2. #2
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    Gießen
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    271

    Standard Nominalgruppenflexion bei Eigennamen

    Sprachsystem

    Zur Beantwortung dieser Frage ist es hilfreich, verschiedene Arten von Eigennamen zu unterscheiden, denn je nach Art des Eigennamens verhält es sich unterschiedlich mit dem Genitiv–s. Der Grammatikduden unterscheidet zwei Arten von Eigennamen. Die erste Art bilden diejenigen Eigennamen mit festem Artikelgebrauch. Beispiele für Eigennamen mit festem Artikel sind Flussnamen. Bei ihnen wird der Genitiv durch eine entsprechende Endung markiert:

    Beispiel

    der Neckar -> des Neckars
    der Nil -> des Nils


    In diese Kategorie fällt der Name Martin jedoch nicht. Er gehört zur zweiten Art von Eigennamen, nämlich zu denjenigen, die ohne Artikel verwendet können. Sie stehen nur in bestimmten Konstruktionen mit Artikel, was als sekundärer Artikelgebrauch bezeichnet wird. Zu diesen zählen insbesondere Personennamen, Geographische Eigennamen und Firmennamen. Beispiele dafür wären folgende Eigennamen:

    Beispiel

    Anna, Martin
    Lübeck, Australien
    Apple


    Neben dieser Differenzierung von verschiedenen Eigennamen ist die Betrachtung der Nominalgruppenflexion hilfreich. Diese ist deshalb relevant, weil die Bestandteile der Nominalgruppe aufeinander abgestimmt werden, d.h sie müssen in Kasus, Numerus und Genus übereinstimmen. Ihre Frage wirft das Problem auf, ob an jedem Bestandteil der Nominalgruppe die grammatikalischen Kategorien realisiert sein müssen oder nicht.

    Ob artikellose Eigennamen das Genitiv-s haben müssen, ist abhängig von ihrer Stellung in der Nominalgruppe. Wird der Eigenname als ein vorangestelltes Genitivattribut verwendet, dann muss das Genitiv-s stehen:

    Beispiel

    Martins Buch


    Bei Ihrem Beispiel ist der Fall jedoch etwas anders. Hier ist das Genitivattribut nachgestellt und das Genitiv-s kann stehen, es muss aber nicht. Ihre eine Variante des Beispiels lautet:

    Beispiel

    das Buch des Martins


    Es lässt sich hier sowohl am Artikel, als auch am Eigennamen selbst ablesen, dass es sich um eine Nominalgruppe handelt, die im Genitiv Singular Maskulinum steht. Das heißt an jedem Bestandteil der Nominalgruppe werden die grammatikalischen Merkmale realisiert.

    Geläufig ist aber auch Ihre andere Variante des Beispiels:

    Beispiel

    das Buch des Martin


    Hier lassen sich die grammatischen Merkmale nur am Artikel erkennen, da das Genitiv-s nicht am Eigennamen markiert ist. Diese Tendenz, grammatische Merkmale nur an einem Bestandteil der Nominalgruppe zu markieren, wird als Monoflexion bezeichnet.

    Und auch Ihr Beispiel zu Goethes „Die Leiden des jungen Werther“ scheint ein Indiz dafür zu sein, dass das Genitiv-s immer häufiger weggelassen wird. Im Original von 1774 heißt der Titel des Briefromans noch „Die Leiden des jungen Werthers“, wobei der Name Werther noch mit dem Genitiv-s gekennzeichnet ist. In der 2. Auflage des Romans wurde das Genitiv-s getilgt und der Titel lautete nun „Die Leiden des jungen Werther“. Es lässt sich also erkennen, dass dieser Zweifelsfall nicht erst seit Kurzem auftritt.

    Es ist demnach möglich, das Genitiv-s bei Eigennamen wegzulassen, wenn Eigennamen, die im Regelfall artikellos gebraucht werden, mit einem Artikel stehen, der Merkmalsträger ist.
     


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    Geändert von Jacqueline Weiß (26.10.2018 um 12:33 Uhr)

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