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Thema: Warum "brüllen" Löwen und warum "schreien" Affen?

  1. #1
    Unregistriert Gast

    Standard Warum "brüllen" Löwen und warum "schreien" Affen?

    Wie ich auf die Frage gestoßen bin:
    Mein fast 4jähriger Sohn hat sie mir gestellt.

    dringend! Ich muss ihm antworten! Danke!

  2. #2
    Registriert seit
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    Gießen
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    85

    Standard Kollokationen bei Tierlauten

    Die Beantwortung Ihrer Frage ist Teil eines Forschungsprojekts zur Verständlichkeit von grammatischen Erklärungen. Wir bitten Sie deshalb darum, im Anschluss an die Lektüre der Antwort die Tools zur Bewertung (Fragebogen, Sternchenfunktion, Antwortoption) zu nutzen.

    Sprachgebrauch


    Die Frage, warum man i. d. R. davon spricht, dass Löwen brüllen und Affen hingegen schreien, ist kein grammatischer Zweifelsfall und fällt damit im Grunde nicht in unser Aufgabenfeld. Vielmehr gehört jene in den Bereich der Semantik, welche eine andere Teildisziplin der Sprachwissenschaft ist, die sich mit der Bedeutung sprachlicher Zeichen beschäftigt. Dennoch werde ich ausnahmsweise versuchen, eine kurze Antwort zu geben.

    Das anhand der Tierlaute beschriebene Phänomen, bei dem einige Ausdrücke erwartbar gemeinsam auftreten, bezeichnet man als Kollokation. Diese Kookkurrenzen (= gemeinsames Auftreten) weisen teilweise Ähnlichkeit zu idiomatischen Ausdrücken (= feste Verbindungen) auf. So benutzt man auch die einzelnen Worte in Wendungen wie nicht von gestern sein und die Zähne zusammenbeißen typischerweise immer in diesen Kombinationen. Nachstehend kommen weitere Beispiele zu Kollokationen aus dem Bereich der Tierlaute.

    Beispiel


    (1) Wolf – heulen
    (2) Hund – bellen
    (3) Vogel – zwitschern
    (4) Frosch – quaken


    Allerdings treten Kollokationen auch in völlig anderen Kontexten auf. Beispielsweise bezeichnet man das Wetter an einem wolkenlosen Tag als heiter und nicht als fröhlich, obwohl die Begriffe eine sehr ähnliche Bedeutung haben. Doch heiter ist für die Witterungsbeschreibung eben das Wort, das dem üblichen Gebrauch entspricht. Weshalb genau aber bestimmte Ausdrücke ausgerechnet mit bestimmten anderen auftreten, ist meist schwierig zu rekonstruieren, da hierbei komplexe Normbildungsprozesse ablaufen, die sich dadurch auszeichnen, dass sie sich ohne bewusste Steuerung vollziehen.

    Bei unserem Tierlautbeispiel scheint es aber recht nachvollziehbar zu sein, warum man das Erzeugen von Lauten jeweils unterschiedlich bezeichnet. Immerhin ist es ja nicht so, dass stets derselbe Laut lediglich von verschiedenen Tieren ausgestoßen wird. Man hört ja durchaus deutliche Unterschiede zwischen dem Geschrei eines Affen und dem Gebrüll eines Löwen, weswegen es hilfreich sein dürfte, die Wortbedeutung von brüllen und schreien einmal zu vergleichen. Da nun brüllen im Deutschen Universalwörterbuch (DUW) als „einen dumpfen, durchdringenden Laut ausstoßen“ (352) beschrieben wird, während unter schreien „sehr laut, oft unartikuliert rufen“ (1554) verstanden wird, fällt auf, dass die Zuordnung zum jeweiligen Tiergeräusch recht treffend ist. Da außerdem Menschen den Affen hinsichtlich ihrer Artverwandtschaft wesentlich näherstehen als Löwen, ergibt es doch Sinn, dass man Affen einen im Grunde menschlicheren Ausdruck für ihre Laute zugesteht.

    In manchen Fällen besteht sogar noch eine weit stärkere Bindung zwischen Tier und Tierlautbezeichnung, da einige Bezeichnungen onomatopoetisch (= lautmalerisch) sind. Beispiel 4, der quakende Frosch, veranschaulicht das Prinzip recht gut, da hier das Verb quaken dem tatsächlichen Laut des Tiers nachempfunden ist. Doch nicht nur Tierlautverben, sondern auch Verben wie klatschen, piepsen und hupen ahmen die tatsächlichen Geräusche mehr oder weniger nach und zählen damit ebenfalls zu den Onomatopoetika (Sg. Onomatopoetikon = klangnachahmendes Wort).
     

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