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Thema: du bandest oder du bandst?

  1. #1
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    Standard du bandest oder du bandst?

    Wie ich auf die Frage gestoßen bin:
    Unterricht

    Mit folgendem Nachschlagewerk versuchte ich dieser Frage auf den Grund zu gehen:
    Duden online, Duden Grammatik

    Schreibt man ein e zwischen dem Dentalstamm und der Endung -st im Präteritum? Beispiele: du bandest oder du bandst, du fochtest oder du fochtst.
    Beide Formen findet man zurück bei Konjugationshilfen im Internet (im Duden online sogar nur die Form mit e!). Ich dachte, dass nur bei Verben die auf einem Zischlaut enden ein e eingschoben wird im Präteritum: du lasest, du wuschest.

  2. #2
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    Standard

    Die Beantwortung Ihrer Frage ist Teil eines Forschungsprojekts zur Verständlichkeit von grammatischen Erklärungen. Wir bitten Sie deshalb darum, im Anschluss an die Lektüre der Antwort die Tools zur Bewertung (Fragebogen, Sternchenfunktion, Antwortoption) zu nutzen.

    Sprachsystem

    In ihrer Frage geht es darum, wie die 2. Person Singular Präteritum Aktiv Indikativ von binden gebildet wird. Um die Frage beantworten zu können, muss der Stamm des Verbs genauer betrachtet werden. Den Stamm eines Verbs findet man heraus, indem man die Infinitivendung –en wegstreicht:

    Beispiel

    bind-en


    Demnach ist der Stamm von binden bind. Zur Beantwortung der Frage, ob ein –e an diesen Stamm angehängt werden muss, findet sich nun in der Dudengrammatik die Regel, dass Verben, deren Stamm auf –d enden, den Vokal Schwa (unbetontes e) einschieben vor der Endung –st. (Vgl. Randnummer 617) Dies zeigen die folgenden Beispiele:

    Beispiel

    reden -> du red-e-st
    gründen -> du gründ-e-st
    binden -> du bind-e-st


    Dieser e-Einschub ist unter anderem deswegen nötig, um die Aussprache zu erleichtern. Bildet man beispielsweise die 3. Person Singular Präsens Aktiv Indikativ ohne diesen Einschub würde die Form lauten:

    Beispiel

    er/sie/es *bindt


    Versucht man dieses Wort auszusprechen, stellt man leicht fest, dass dies kaum möglich ist. Mit dem Einschub eines unbetonten Es hingegen wird es möglich eine Form zu bilden, die gut aussprechbar ist. Außerdem dient der Einschub dazu, dass Verbalstamm und Endungen nicht miteinander verschmelzen. Das Vermeiden dieser Verschmelzung hat den Vorteil, dass der Stamm morphologisch erhalten bleibt und dadurch deutlich erkennbar bleibt, welche Wortformen zu einem Lexem gehören. (Vgl. Dudengrammatik, Randnummer 617)


    Die zuvor angeführten Beispiele zeigen den e-Einschub für die 2.Person Singular Präsens Aktiv Indikativ. Es stellt sich nun die Frage, ob dieser Einschub auch im Präteritum erhalten bleibt. Dabei ist zu beachten, dass das Besondere an diesem Verb ist, dass binden stark flektiert wird. Dies lässt sich daran erkennen, dass der Stammvokal sich zwischen dem Infinitiv, der 1. Person Singular Präteritum Aktiv Indikativ und dem Partizip II ändert:

    Beispiel

    binden – ich band – gebunden


    In der Dudengrammatik heißt es nun, dass bei starken Verben in der 2. Person Singular Präteritum beide Endungsvarianten auftreten, also einmal ohne und einmal mit e-Einschub. (Vgl. Randnummer 642) Als Beispiel wird dafür genannt:

    Beispiel

    fandest vs. fandst


    Laut Dudengrammatik lässt sich aufgrund des geringen Auftretens solcher Verben in der Schriftsprache kein Rückschluss auf die relative Häufigkeit der beiden Varianten ziehen, sodass die Dudengrammatik feststellt, dass beide Varianten im Sprachgebrauch vorkommen.
     


    Sprachgebrauch


    Zur Überprüfung dieser These der Dudengrammatik haben wir eine kleine Stichprobe des Sprachgebrauchs erhoben. Bei dieser wurde in der Suchmaschine Google und in dem Korpusrecherchesystem Cosmas II nach Treffen für die beiden Varianten gesucht. Das Ergebnis zeigt die folgende Tabelle:

    GoogleCosmas II
    du bandstca. 1.570 Treffer0 Treffer
    du bandestca. 4.000 Treffer 1 Treffer

    Im Sprachgebrauch geht die Tendenz in Richtung bandest, was sich möglicherweise durch die leichtere Aussprache erklären lässt. Diese Tendenz zum e-Einschub lässt sich ebenso deutlich auch bei einem vergleichbaren Verb erkennen, wie die nachfolgende Tabelle zeigt:

    GoogleCosmas II
    du fandstca. 15.100 Treffer6 Treffer
    du fandestca. 41.400 Treffer26 Treffer

    Bei Betrachtung dieser zwei Stichproben zeigt sich, dass sich die Einschätzung der Dudengrammatik, dass beide Varianten vorkommen, bestätigt. Dennoch lässt sich hier eine klare Tendenz zum e-Einschub im Sprachgebrauch erkennen.
     


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