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Thema: mir oder mich?

  1. #1
    Unregistriert Gast

    Standard mir oder mich?

    Wie ich auf die Frage gestoßen bin:
    Dauerdisskussion mit der 80 jährigen Oma

    Wie waren die Regeln der Grammatik in der Volksschule in den 1940 Jahren zu der Aussage:
    Das geht mich nichts an.
    Die Oma sagt immer es sei damals immer in der Schule gelehrt worden:
    Das geht mir nix an.
    Hat sich die deutsche Sprache in der Zeit so verändert?

  2. #2
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    Gießen
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    85

    Standard "angehen" mit Dativ oder Akkusativ

    Sprachsystem


    Ihre Frage bezieht sich auf die Rektion des Partikelverbs angehen in der Bedeutung „etwas betrifft jemanden irgendwieviel“ (grammis 2.0, Grammatisches Wörterbuch) bzw. „jmds. Sache sein“ (DUW: 145, „angehen“, 8.]. Sie möchten wissen, ob das Verb den Dativ (1) oder den Akkusativ (2) regiert. Dabei bezieht sich Ihr Zweifel auf die nachstehenden Varianten:

    Beispiel


    (1) *Das geht mir nichts an.
    (2) Das geht mich nichts an.


    In ähnlicher Form wurde Ihre Frage zur Rektion von angehen schon einmal gestellt, weswegen es sich ebenfalls empfiehlt, die Anwort, zu der der nachstehende Link führt, zu lesen:

    http://www.grammatikfragen.de/showth...ektion+angehen

    Aus dem grammatischen Wörterbuch von grammis 2.0 geht hervor, dass im Satzbauplan kein Dativobjekt vorgesehen ist. So wird von angehen nur ein Akkusativobjekt gefordert, was anhand weiterer Beispiele aus grammis 2.0 gezeigt wird (3 & 4).

    Beispiel


    (3) Diese Frage geht auch uns an.
    (4) Die Rettung der Natur geht jeden an.


    Die Verwendung von angehen mit dem Dativ ist im Gegenwartsdeutschen also unüblich.
     


    Sprachgebrauch


    Nachdem sich gezeigt hat, dass die Variante von angehen mit Dativ aus sprachsystematischer Sicht nicht vorgesehen ist, soll in diesem Abschnitt mithilfe der digitalen Belegsammlung COSMAS II und der Suchmaschine Google, geschaut werden, wie viele Treffer sich für die unterschiedlichen Varianten ergeben. Zum Vergleich werden die Sätze das geht dich nichts an für den Akkusativ und *das geht dir nicht an für den Dativ benutzt.

    GoogleCosmas II
    Das geht dich nichts an. (Akkusativ) ca. 50 100 Treffer 40 Treffer
    Das geht dir nichts an. (Dativ) ca. 7 880 Treffer0 Treffer

    Es zeigt sich an dem Ergebnis deutlich, dass die Dativvariante seltener vorkommt, zumal sich einige der Treffer der Suche mit Google dadurch erklären, dass Unsicherheiten bezüglich der richtigen Variante häufiger in Foren diskutiert werden. Nichtsdestotrotz sollte die recht hohe Zahl an Treffern nicht unterschätzt werden. In vielen Fällen erkennt man nämlich, dass die Dativvariante auch außerhalb von Diskussionen über ihre Richtigkeit verwandt wird. Die Beispiele (5) und (6) illustrieren, dass der Dativ in den jeweiligen Kontexten offensichtlich ganz selbstverständlich gebraucht wird:

    Beispiel


    (5) Wenn ich ihn darauf angesprochen habe, kam entweder nichts, oder du hast Fantasie und am Schluss sogar das geht dir nichts an, es ist mein Leben. (Internetbeleg)
    (6) Und hier heißt es immer und immer wieder: Halte dich heraus, Das geht dir nichts an. - Genau genommen fördere ich, folge ich diesen Ratgebern, die Gewalt in der Erziehung und die späteren Folgen. (Internetbeleg)


    Die ausgewählten Beispiele stammen zwar nicht von professionellen Schreibern, aber wurden mit Sicherheit von Muttersprachlern verfasst. Die Kontexte sind in beiden Fällen eher informell, was zeigt, dass die Dativvariante ganz natürlich gewählt wird. Entsprechend scheint der Fall im Sprachgebrauch weniger klar als im Sprachsystem.
     


    Sprachgeschichte


    Scheinbar nicht erst seit dem Ende des 20. Jahrhunderts gilt die Verwendung von angehen mit dem Dativ als inkorrekt, wie aus dem entsprechenden Lemma des Deutschen Wörterbuchs von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm hervorgeht: „Die gelindeste bedeutung empfängt aber dieses angehen, wenn es attinere, pertinere, betreffen aussagt, und dazu findet sich früher fehlerhaft ein dat., heute nur ein acc“. Allerdings wir hier darauf verwiesen, dass es noch früher als zu Zeiten der Erstellung des Wörterbuchs auch üblich war, den Dativ zu verwenden, wie die aus dem Lemma entnommenen Beispiele zeigen.

    Beispiel


    (7) „was nicht mir, das geht auch dir nicht an.“ Brockes 1, 444
    (8) „es gehn der sanften braut verrauchte herzensschwächen dem klugen bräutigam nichts an.“ Gotter 3, 303
    (9) „was geht der (huic) [Dat. Mask. Sg.] die mutter an, die selbst mutter werden kann?“ Lessing 1, 73
    (10) „aber was gehen dem christen dieses mannes hypothesen und erklärungen und beweise an?“ Lessing 10, 10.


    Jedoch war es auch bei Lessing, der die Beispiele (9) und (10) beisteuerte, keinesfalls so, dass nur die Dativvariante benutzt wurde, was das folgende Beispiel (11) belegt:

    Beispiel


    (11) „was geht dich meine unschuld an?“ Lessing 2, 29


    Daraus können wir schließen, dass wohl beide Varianten einmal nebeneinander bestanden und sich die Akkusativvariante durchsetzen konnte. Da aber schon im Grimmwörterbuch die Dativvariante als falsch bezeichnet wird, ist anzunehmen, dass jene in den 1940er Jahren standardsprachlich schon nicht mehr akzeptiert wurde.
     

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