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Thema: Personalpronomen oder Possessivpronom ?

  1. #1
    Unregistriert Gast

    Standard Personalpronomen oder Possessivpronom ?

    Wie ich auf die Frage gestoßen bin:
    Märchenbuch

    Mit folgendem Nachschlagewerk versuchte ich dieser Frage auf den Grund zu gehen:
    Internet und Pons Grammatik

    " ihr lieben Kinder" oder " ihr zahmen Täubchen" bei Aschenputtel
    Meine Frage ist , ist das "Ihr" - " ihr zahmen Täubchen" Personalpronomen oder Possessivpronomen ?
    Und ist es dann auch richtig dekliniert ?

  2. #2
    Registriert seit
    04.07.2014
    Ort
    Gießen
    Beiträge
    85

    Standard Personalpronomen vs. possessives Artikelwort

    Die Beantwortung Ihrer Frage ist Teil eines Forschungsprojekts zur Verständlichkeit von grammatischen Erklärungen. Wir bitten Sie deshalb darum, im Anschluss an die Lektüre der Antwort die Tools zur Bewertung (Fragebogen, Sternchenfunktion, Antwortoption) zu nutzen.

    Sprachsystem


    Ihr Frage bezieht sich auf die Wortart von ihr in den folgenden Beispielen:

    Beispiel


    (1) Ihr lieben Kinder
    (2) Ihr zahmen Täubchen


    Sie möchten wissen, ob es sich hier um ein Personalpronomen oder ein Possessivpronomen, das man auch als possessives Artikelwort bezeichnet, handelt. Hierfür ist es entscheidend, die Beziehung zwischen ihr und lieben Kinder oder zahmen Täubchen zu klären. Bei der grammatischen Analyse fällt auf, dass je zwei nominale Einheiten vorliegen, wobei lieben Kinder und zahmen Täubchen jeweils als Attribute (= Beifügung) von ihr abhängen und es erweitern. Außerdem stimmen die Attribute in Kasus und Numerus mit dem Bezugsausdruck überein, sind also kongruent zu ihm. Solche postnominalen Nominalgruppen, die meist kongruent zu ihrem Bezugsausdruck sind, bezeichnet man genauer als Appositionen. In diesem Fall wären entsprechend die Nominalgruppen lieben Kinder und zahmen Täubchen, die hier postpronominal stehen, Appositionen zum Personalpronomen ihr.

    Dass es sich hier um kein possessives Artikelwort handelt, ist allein am Pronomen nicht zu erkennen, da ihr sowohl Personalpronomen als auch possessives Artikelwort sein kann. Wie die nachstehenden Beispiele zeigen, sind die 2. Person Plural des Personalpronomens (3) sowie die 3. Person Singular Femininum und 3. Person Plural des possessiven Artikelworts (4) formal identisch.

    Beispiel


    (3) Ihr könnt doch nicht „Pegida“ befürworten. (2. Person Plural)
    (4) Ihr Protest ist uns unbegreiflich. (3. Person Singular Femininum oder 3. Person Plural)



    Allerdings gibt uns die Wortumgebung Hinweise darauf, um welche Wortart es sich bei den Ausgangsbeispielen handeln muss. Adjektive, die auf die Personalpronomen ihr und wir folgen, werden i.d.R. schwach flektiert (vgl. Duden 4: 962-963, Randnummer 1529). Das bedeutet, dass in unserem Fall die Adjektive auf -en enden und nicht auf -e, was anzeigen würde, dass sie stark flektiert werden.

    schwache Flexion starke Flexion
    (ihr) lieben Kinder liebe Kinder
    (ihr) zahmen Täubchen zahme Täubchen


    Zum Vergleich sähe die Flexion der Adjektive folgendermaßen aus, wenn ihr in diesem Zusammenhang ein possessives Artikelwort wäre (5 und 6).

    Beispiel


    (5) ihr liebes Kind
    (6) ihr zahmes Täubchen


    Um den Unterschied zwischen Personalpronomen und possessivem Artikelwort noch weiter zu verdeutlichen, werden die Konstruktionen in Sätze eingebettet (7 und 8).

    Beispiel


    (7) Ihr lieben Kinder, kommt schnell rein!
    (8) Ihre lieben Kinder kommen schnell rein.


    In (7) dient ihr, das in der 2. Person Plural steht, eindeutig dazu, die Kinder anzusprechen, während in (8) ihre, das sowohl die 3. Person Singular Femininum als auch die 3. Person Plural ausdrücken kann, ein possessives Verhältnis ausdrückt. Außerdem ist in (7) lieben Kinder Attribut zu ihr und in (8) ist ihre Attribut zu lieben Kinder.

    Ihre weitere Frage, ob ihr richtig flektiert sei, erübrigt sich im Grunde, da wir festgestellt haben, dass es sich um Personalpronomen handelt, die nicht an einen Bezugsausdruck angepasst werden. Artikelwörter hingegen, passen sich in Kasus, Numerus und Genus ihrem Bezugsausdruck an, sie sind also kongruent zu dem Substantiv, auf das sie sich beziehen (vgl. Duden 4: 276-277, Randnummer 368).

    Beispiel


    (9) Sie isst ihre (die) Suppe nicht.
    (10) Niemand kennt ihren (den) Plan.


    In (9) und (10) sieht man, dass ihr in seiner jeweiligen Form erstens die Position eines Artikels besetzt, da es durch den bestimmten Artikel, der in Klammern angegeben ist, ausgetauscht werden könnte. Zweitens ist es in beiden Fällen kongruent zum unterstrichenen Substantiv.
     

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