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Thema: ... er bellte, dass er endlich aufwachen würde oder aufwache

  1. #1
    Unregistriert Gast

    Standard ... er bellte, dass er endlich aufwachen würde oder aufwache

    Wie ich auf die Frage gestoßen bin:
    Schularbeit

  2. #2
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    Standard FuturPräteritumI im dass-Satz

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    Ihr Zweifel bezieht sich augenscheinlich auf die Verwendung des Modus Konjunktiv oder unter Umständen auf ein eher selteneres Tempus im Indikativ, das FuturPräteritumI. Zunächst wird auf die Möglichkeit des Konjunktivs eingegangen. Die folgenden Varianten schlagen Sie vor:

    Beispiel


    (1) Er bellte, dass er endlich aufwachen würde.
    (2) Er bellte, dass er endlich aufwache.


    Bei (1) handelt es sich um eine Periphrase aus würde als Hilfsverb und dem Vollverb im Infinitiv. Aufwache ist ein Konjunktiv I, der auch Konjunktiv Präsens genannt wird, wobei sich Präsens lediglich auf die Wortformenbildung bezieht und keine temporale Funktion hat. Die vorgeschlagenen Varianten sind Teil eines finalen Nebensatzes. Das bedeutet, dass der Nebensatz auf einen Zweck oder ein Ziel hin ausgerichtet ist. Das Ziel besteht hier darin, jemanden durch Bellen aufzuwecken.

    Formal können beide Formen des Konjunktivs gebraucht werden. Da die Satzumgebung aber keine der beiden Formen vorschreibt, ist es fraglich, ob überhaupt ein Konjunktiv an dieser Stelle benutzt werden sollte. Immerhin besteht ja keine Notwendigkeit vom Indikativ als Normalmodus abzuweichen. Klassisch fallen dem Konjunktiv zwei Funktionen zu: Der Konjunktiv II (3) drückt i.d.R. Irrealität, Potenzialität oder auch Eventualität aus, während der Konjunktiv I (4) zur Redewiedergabe, also zum Referat, benutzt wird.

    Beispiel


    (3) Er gäbe alles für eine schnelle Lösung.
    (4) Man sagt, er gebe alles für eine Lösung.


    Bei Ihrem Beispiel scheint weder Irrealität noch Redewiedergabe vorzuliegen, weswegen die Verwendung des Konjunktivs nicht geboten ist. Typischerweise würde man den Konjunktiv II, der durch die würde-Periphrase ersetzt werden kann, in einem Hauptsatz mit konditionalem Nebensatz verwenden (5). Hierbei wird durch den Konditionalsatz eine Bedingung ausgedrückt, die aber nicht erfüllt wird, weswegen durch den Konjunktiv Irrealität angezeigt wird.

    Beispiel


    (5) Wenn er bellen würde, würde er aufwachen.


    Möglicherweise lässt sich Ihr Vorschlag der Konjunktivverwendung durch die Ähnlichkeit zu einem konsekutiven Nebensatz, der eine Folge des Sachverhalts des übergeordneten Satz angibt, erklären. Konsekutivsätze können nämlich nach zu / nicht so + Adjektiv durch die Subjunktoren als dass oder dass eingeleitet werden (vgl. Duden 4: 522, Randnummer 760).

    Beispiel


    (6) Er bellt nicht so laut, dass er aufwachen würde.
    (7) Er bellt zu laut, als dass er weiterschlafen könnte.


    Gegeben dem Fall, dass im Nebensatz der Konjunktiv ausgedrückt werden soll, sind der Konjunktiv II oder die würde-Periphrase möglich. Allerdings ist noch eine weitere Sichtweise denkbar, die eingangs erwähnt wurde. So könnte es sich bei der Konstruktion aus würde + Infinitiv auch um das FuturPräteritumI handeln, dass formal nicht von der konjunktivischen würde-Periphrase zu unterscheiden ist. Folglich liegt ein funktionaler Unterschied vor, da dieses Tempus, das im Indikativ steht, Zukünftiges in der Vergangenheit ausdrückt (vgl. Thieroff, Rolf (1992). Das finite Verb im Deutschen: Tempus – Modus – Distanz). Das bedeutet, dass sich von einem Standpunkt in der Vergangenheit auf etwas Zukünftiges bezogen werden soll. Dabei findet es vorwiegend in der erlebten Rede Verwendung. Von der Figur, aus deren Sicht erzählt wird, wird gedanklich ein zukünftiges Geschehen gedanklich vorweggenommen.

    Beispiel


    (8) „Ein wenig Brennholz steckte schon in dem gußeisernen Öfchen; das würde Erwin selbst anzünden, wenn er kam […]“ (Thieroff 1992: 150).
    (9) „Ich spürte, immer näher rückte der Augenblick, wo ich, […] alles sagen würde, was ich wußte […]“ (ebd.).


    In beiden Fällen wird durch würde + Infinitiv offenbar nicht Irrealität oder Potenzialität ausgedrückt. Vielmehr wird fest davon ausgegangen, dass sich das Beschriebene tatsächlich ereignen wird. Abgesehen von der erlebten Rede finden sich aber noch Belege für andere Verwendungsweisen des FuturPräteritumI. So stellt Thieroff fest, dass auch „in solchen, mit daß eingeleiteten Nebensätzen, die nicht erlebte Rede sein können, […] [eindeutig] ein FuturPräteritumI im Indikativ vor[liegt]“ (1992: 151).

    Beispiel


    (10) „Er war in Sorgen, dasz [sic] er Hungers sterben würde“ (ebd.).


    Fazit: Im vorliegenden Fall lässt sich funktional die Verwendung des Konjunktiv I oder der würde-Periphrase in konjunktivischer Bedeutung kaum erklären. Daher bestünde eine Möglichkeit darin, den finalen Nebensatz im Indikativ zu belassen: Er bellte, dass er endlich aufwacht. Allerdings gibt es auch Argumente dafür, von einem FuturPräteritumI auszugehen, sodass würde + Infinitiv zulässig wäre: Er bellte, dass er endlich aufwachen würde. Entsprechend erscheint nur die Form aufwache im Beispielsatz nicht sinnvoll.
     


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