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Thema: Wie heißt es richtig: drangehängt oder drangehangen?

  1. #1
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    Standard Wie heißt es richtig: drangehängt oder drangehangen?

     

  2. #2
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    Gießen
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    Standard Konjugationsunterschied von "dranhängen"

    Die Beantwortung Ihrer Frage ist Teil eines Forschungsprojekts zur Verständlichkeit von grammatischen Erklärungen. Wir bitten Sie deshalb darum, im Anschluss an die Lektüre der Antwort die Tools zur Bewertung (Fragebogen, Sternchenfunktion, Antwortoption) zu nutzen.

    Sprachsystem


    Sie möchten wissen, wie das Partizip II des Partikelverbs dranhängen gebildet wird. Entsprechend bezieht sich Ihre Frage auf den Bereich der Flexionsmorphologie bzw. Morphosyntax. Vorab kann gesagt werden, dass es die Formen drangehängt sowie drangehangen beide gibt. Allerdings unterscheiden sie sich hinsichtlich ihrer grammatischen Umgebung und Bedeutung, was nun im Detail erklärt werden soll. Bei der Erklärung wird allerdings immer von hängen statt dranhängen die Rede sein, da sich die Ableitung hinsichtlich ihrer Flexion nicht anders verhält.

    Bei der Verbflexion kann man zwischen der schwachen Flexion (1), bei der der Stammvokal beibehalten wird, und der starken Flexion (2), bei der der Stammvokal wechselt, unterscheiden. Jedoch gibt es nicht nur Verben mit reinem Vokalwechsel (= Ablaut) bei allen Stammformen, sondern auch solche mit Mischkonjugation (3) (vgl. Duden 4: 433, Randnummer 602).

    Beispiel


    (1) reden: redet – redete – geredet
    (2) singen: singt – sang – gesungen
    (3) wissen: weiß – wusste – gewusst


    Das Verb hängen kann sowohl schwach (4) als auch stark (5) flektiert werden.

    Beispiel


    (4) hängen I: hängt – hängte – gehängt
    (5) hängen II: hängt – hing – gehangen


    Diese beiden Flexionsmuster unterscheiden sich allerdings nicht nur formal sondern auch funktional. Während nämlich das schwache Verb transitiv und kausativ ist, wird das starke Verb intransitiv benutzt. Dass ein Verb transitiv ist, bedeutet, dass es neben dem Subjekt als Mitspieler im Satz noch ein Akkusativobjekt fordert. Weiterhin drücken kausative Verben (= Bewirkungsverben) aus, dass das handelnde Subjekt einen Vorgang verursacht, in den das Objekt als Patiens involviert ist (vgl. Duden 4: 412; Randnummer 572).

    Beispiel


    (6) Waldemar hat sein Sakko über den Stuhl gehängt. (transitiv)
    (7) Waldemars Sakko hat über dem Stuhl gehangen. (intransitiv)


    In (6) ist es so, dass das handelnde Subjekt Waldemar eine Handlung ausführt, indem es das Akkusativobjekt sein Sakko über den Stuhl hängt. In (7) hingegen wird der Zustand beschrieben, dass das Sakko über dem Stuhl hängt. Wird hängen also transitiv gebraucht, liegt es als Handlungsverb vor und als Zustandsverb, wenn es intransitiv ist.
     


    Sprachgebrauch


    Dass Ihr Zweifelsfall keineswegs untypisch ist, zeigt der Eintrag zu hängen in Duden 9, in welchem es heißt: „In der Umgangssprache werden die Vergangenheitsformen des starken und des schwachen Verbs häufig durcheinandergebracht“ (Duden 9: 448). Dieser Hinweis dürfte auch für das Partizip II gelten und lässt darauf schließen, dass die Einteilung im tatsächlichen Sprachgebrauch nicht so eindeutig ist, wie es aus sprachsystematischer Sicht scheinen mag.

    Beispiel


    (1) In der Hütte werden die Rucksäcke und Jacken an die Garderobe gehangen und Mitbringsel aus dem Wald verstaut. (Internetbeleg)
    (2) Meine Mutter hatte die Vorhänge aus der Stube gewaschen und zum Trocknen auf die Wäschespinne gehangen. (Internetbeleg)
    (3) Es wurde nach meiner Hochzeit sofort gereinigt und in den Schrank gehangen. (Internetbeleg)


    Wie die Belege (1) bis (3) illustrieren, wird das intransitive Verb immer wieder anstelle des transitiven benutzt. Der umgekehrte Fall, also das Ersetzen des intransitiven gehangen durch das transitive gehängt, scheint weitaus seltener vorzukommen, da die stichprobenartige Internetrecherche keine Treffer ergab.

    Quantitativ aussagekräftige Ergebnisse für den transitiven oder intransitiven Gebrauch des starken oder schwachen Verbs zu bekommen, ist mit COSMAS II, der digitalen Belegsammlung des Instituts für Deutsche Sprache, nur eingeschränkt möglich, da die Anfrage recht komplex ist. Um die Trefferzahl zu erhöhen wurde das Verb aufhängen benutzt. Weiterhin entspricht die Anfrage (siehe Tabelle) der typischen Wortumgebung eines transitiven Verbs, da zwischen dem finiten Verb und aufgehängt/aufgehangen aufgrund der Verbvalenz, die Eigenschaft des Verbs, bestimmte Mitspieler im Satz zu fordern, nur ein Akkusativobjekt stehen kann. Die Suche im Archiv TAGGED-T lieferte folgende Ergebnisse:

    finites Hilfsverb + beliebiger Artikel + Substantiv + aufgehängt82 Treffer (ca. 96 %)
    finites Hilfsverb + beliebiger Artikel + Substantiv + aufgehangen 3 Treffer (ca. 4 %)

    Obwohl das Ergebnis der Anfrage die sprachsystematische Darstellung untermauert, zeigen die drei Treffer, die von der Regel abweichen, dass es selbst in Zeitungstexten, auf denen das Korpus basiert, zu Abweichungen kommen kann. Außerdem ist zu bedenken, dass die Suchanfrage mehr den Charakter einer Stichprobe hat und nicht als repräsentativ für die generelle Verwendung von hängen und all seinen Ableitungen als transitive oder intransitive Verben angesehen werden kann.

    Fazit: Um sagen zu können, ob das schwach flektierte Partizip II von hängen (gehängt) oder das stark flektierte Partizip II (gehangen) zu verwenden ist, muss der jeweilige Kontext bekannt sein. Beim transitiven Verb wird regelhaft die schwach flektierte Form benutzt und die starke beim intransitiven. Es zeigt sich aber anhand von Internetbelegen, dass es hier Varianz gibt, die damit zusammenhängen könnte, dass es manchen Sprachnutzern nicht bewusst ist, dass es zwei Konjugationsmuster des vermeintlich gleichen Verbs gibt, die sich hinsichtlich ihrer Bedeutung unterscheiden.
     


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    Geändert von Dennis Koch (27.04.2015 um 15:36 Uhr)

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