Ergebnis 1 bis 2 von 2

Thema: Vergangenheit in der Zukunft anwenden ?

  1. #1
    Andi50 Gast

    Standard Vergangenheit in der Zukunft anwenden ?

    Wie ich auf die Frage gestoßen bin:
    Private Korrespondenz

    Letztens formulierte ich folgenden Satz: Morgen "wollte" jemand kommen, der......
    Das "wollte" bezieht sich auf eine "vorherige Absprache". Ist dies grundsätzlich falsch im Zusammenhang mit: Morgen will jemand kommen ? Oder ist das "wollte" eine Möglichkeit ?

    Vielen Dank

  2. #2

    Standard Präteritum ohne Vergangenheitsbezug

    Die Beantwortung Ihrer Frage ist Teil eines Forschungsprojekts zur Verständlichkeit von grammatischen Erklärungen. Wir bitten Sie deshalb darum, im Anschluss an die Lektüre der Antwort die Tools zur Bewertung (Fragebogen, Sternchenfunktion, Antwortoption) zu nutzen.

    Sprachsystem


    In Ihrer Frage geht es um den Gebrauch des Präteritums („wollte“) in Ihrem Fallbeispiel. Sie fragen sich, ob Sie ein nachzeitiges Temporaladverb („morgen“) mit dem Tempus Präteritum in Verbindung bringen können. Insgesamt geht es also um den Tempusgebrauch.

    „Das einfache Präteritum lässt sich […] als ein auf Vergangenheitsbezug spezialisiertes Tempus charakterisieren“ (Dudengrammatik, §709). Das Präteritum ist also relativ klar auf die Vergangenheit festgelegt.

    Beispiel

    Er kam nach Hause.
    Gestern regnete es.

    Allerdings gibt es auch Beispiele (wie z.B. Ihr Fallbeispiel), die offenbar von dieser Grundregel abweichen.

    Beispiel

    Wer bekam das Bier?

    Diese Abweichungen benötigen eine spezielle Kontextualisierung. In diesem Beispiel würde eine Kellnerin/ein Kellner im Lokal Getränke an den Tisch bringen und an die Personen verteilen. Es muss in der Vergangenheit einen Moment gegeben haben, in dem die entsprechende Person ein Bier bestellt hat: Implizit gibt es also einen Verweis auf die Vergangenheit.

    Das oben beschriebene Beispiel funktioniert ähnlich wie Ihr Fallbeispiel:

    Beispiel

    Morgen wollte jemand kommen

    Das Temporaladverb „morgen“, das einen Zukunftsbezug herstellt, wird in Ihrem Fallbeispiel in Verbindung mit dem Präteritum gebraucht. Hieraus resultiert die Verwirrung: Während das Präteritum einen Vergangenheitsbezug nahelegt, kennzeichnet das Temporaladverb „morgen“ einen Zukunftsbezug.

    Diese scheinbare Abweichung kann man auch hier durch einen speziellen Kontext erklären. Es kann einen Moment in der Vergangenheit gegeben haben, in dem Person X die Absprache traf, an Tag Y zu kommen (aus Sprechzeitpunkt am folgenden Tag). Insgesamt kann man dementsprechend auch hier einen impliziten Verweis auf die Vergangenheit erschließen.
    Um Ihre Frage abschließend zu beantworten, stellt „wollte“ also eine potentielle Möglichkeit der Gestaltung Ihrer Formulierung dar.


    Die Verbindung von Präteritum und Temporaladverbien, die keinen Vergangenheitsbezug darstellen, gibt es besonders in literarischen Texten. Ein berühmtes Beispiel lautet:

    Beispiel

    Morgen war Weihnachten.

    Auch hier wird das Präteritum in Verbindung mit einem Nachzeitigkeit signalisierenden Temporaladverb verwendet. Diese in literarischen Texten existente Konstruktion wird episches Präteritum genannt. Das Präteritum verliert hier quasi seine grammatische Funktion und wird als Erzähltempus gebraucht, das die Fiktionalität unterstreicht.

     

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