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Thema: Schreibweise von "Kalt-warm-Kontrast"

  1. #1
    Unregistriert Gast

    Standard Schreibweise von "Kalt-warm-Kontrast"

    Wie ich auf die Frage gestoßen bin:
    Buchmanuskript, das ich als Lektorin bearbeite.

    Mit folgendem Nachschlagewerk versuchte ich dieser Frage auf den Grund zu gehen:
    Duden 1, 9, Deutsches Universalwörterbuch, Duden Sprachberatung

    Sehr geehrte Damen und Herren,

    ich bin mir nicht ganz sicher bei der Schreibweise dieses Begriffs. Ich gehe eigentlich davon aus, dass "warm" hier kleingeschrieben werden muss, weil es ein nicht substantiviertes Adjektiv ist - so meine Auffassung.

    Die Duden Sprachberatung verwies mich zunächst auf die Beispiele "Schwarz-Weiß-Fotografie" und "Hell-Dunkel-Adaption", war dann aber doch mit mir der Ansicht, dass "warm" eigentlich nicht substantiviert ist (und meiner Meinung nach auch gar nicht substantiviert werden kann, oder? Das "Warm" gibt es nicht, das Dunkel bzw. Weiß aber schon.)

    Liege ich hier mit meiner Einschätzung richtig?

    Mit freundlichen Grüßen

  2. #2
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    Standard

    Da es sich bei einer Frage zur Rechtschreibung um keinen den Sprachgebrauch betreffenden grammatischen Zweifelsfall handelt, wird hier auf unser auf Zweifelsfälle ausgerichtetes Antwortschema mit den Icons verzichtet. Wir möchten Sie dennoch bitten, unseren kurzen Fragebogen zur Bewertung unserer Antwort auszufüllen.

    In Ihrer Frage geht es darum, ob die Bestandteile des Kompositums Kalt-W/warm-Kontrast groß oder kleingeschrieben werden müssen. Generell verweisen Sie zu Recht auf zwei verschiedene Regeln:

    1. Adjektive werden im Regelfall kleingeschrieben.
    2. Substantivierte Adjektive werden großgeschrieben. (Amtliches Regelwerk §57)


    In Bezug auf diese zwei Regeln fragen Sie, ob hier von einer Substantivierung des Adjektivs warm gesprochen werden kann. Dabei bereitet diese Hypothese tatsächlich Schwierigkeiten, da das Substantiv zu warm nicht *Warm sondern Wärme ist. Dies müsste allerdings dann auch bei dem ersten Wortbestandteil Probleme bereiten, denn es heißt auch nicht *Kalt, sondern Kälte. Demnach scheint die zweite aufgeführte Regel hier nicht zu greifen. Allerdings finden sich im amtlichen Regelwerk noch weitere Erklärungen, wann Adjektive groß- bzw. kleingeschrieben werden:

    3. Großgeschrieben werden Adjektive dann, „wenn sie am Anfang einer Zusammensetzung mit Bindestrich stehen, die als Ganzes die Eigenschaften eines Substantivs hat.“ (Amtliches Regelwerk §55)

    Aufgrund dieser Regel, muss zumindest der Wortbestandteil kalt in Ihrem Beispiel großgeschrieben werden, da das gesamte zusammengesetzte Wort ein Substantiv ist, dessen Anfang kalt bildet.

    Ob allerdings auch die weiteren Bestandteile des Kompositums entsprechend großgeschrieben werden, wird im Amtlichen Regelwerk nicht explizit geklärt. Zwar gibt es weitere Regeln zur Groß- bzw. Kleinschreibung von Adjektiven, diese berücksichtigen jedoch nicht den Sonderfall des Kompositums. Die entsprechenden weiteren Regeln sind:

    4. In substantivischen Wortgruppen, die zu festen Verbindungen geworden, aber keine Eigennamen sind, schreibt man Adjektive klein. (Amtliches Regelwerk §63)

    5. In bestimmten substantivischen Wortgruppen werden Adjektive großgeschrieben, obwohl keine Eigennamen vorliegen. (Amtliches Regelwerk §64)


    Bei Ihrem Beispiel greift von diesen am ehesten §64. Dort heißt es genauer: „Die Großschreibung von Adjektiven, die mit dem Substantiv zusammen für eine begriffliche Einheit stehen, ist auch in Fachsprachen außerhalb der Biologie und bei Verbindungen mit terminologischem Charakter belegt, zum Beispiel: Gelbe Karte, Goldener Schnitt, Kleine Anfrage; Erste Hilfe“

    Bei der Bezeichnung Kalt-Warm-Kontrast würde es sich demnach um einen festen terminologischen Ausdruck aus der Fachsprache der Kunst handeln. Besonders um diesen terminologischen Charakter hervorzuheben und zu unterscheiden von der wörtlichen Bedeutung von kalt/warm, empfiehlt sich demnach die Großschreibung. Allerdings sei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass diese Regel nicht explizit auf den Fall des Kompositums eingeht. Es ist lediglich die Regel, mit der sich am ehesten die Frage beantworten lässt und die zudem die Tendenzen im Sprachgebrauch einfängt. (Vgl. Abschnitt Sprachgebrauch)

    Eine mögliche Hypothese, die das Vorherige untermauern könnte, ist die, dass es bei einem Bindestrichkompositum inkonsequent wirkt, wenn der erste und letzte Wortbestandteil großgeschrieben, der mittlere hingegen kleingeschrieben wird. Zwar gibt es Komposita, bei denen dies richtigerweise zutrifft (z.B. In-den-Tag-hinein-Leben), aber in diesen Fällen haben die einzelnen Wortbestandteile einen unterschiedlichen Status. Anders verhält es sich jedoch mit Ihrem Beispiel: Da kalt und warm von ihrer Funktion ähnlich sind, wirkt es irritierend, dass eines groß, das andere hingegen kleingeschrieben wird. Da kalt aber aufgrund seiner Stellung am Wortanfang großgeschrieben werden muss, scheint es naheliegend warm entsprechend anzupassen, was für die Variante Kalt-Warm-Kontrast spricht.

    Überprüft man anhand von Cosmas II, der digitalen Belegsammlung des Instituts für Deutsche Sprache (IDS), welche Variante im Sprachgebrauch präferiert wird, gelangt man zum folgenden Ergebnis:

    Treffer in Cosmas II
    Kalt-Warm-Kontrast 10 Treffer
    Kalt-warm-Kontrast 0 Treffer

    Da die Trefferzahlen hier generell gering sind, wurde mithilfe der Suchmaschine Google nach weiteren Treffern gesucht. Da Google nicht zwischen Groß- und Kleinschreibung unterscheidet wurden die ersten 50 Treffer der insgesamt ca. 6.070 Treffer für Kalt-Warm-Kontrast näher untersucht. Dabei ergab sich folgendes Bild:

    Treffer in Google
    Kalt-Warm-Kontrast 45 Treffer
    Kalt-warm-Kontrast 3 Treffer
    Kaltwarm-Kontrast 1Treffer
    kalt-warm-Kontrast 1Treffer

    Es zeigt sich demnach, dass im Sprachgebrauch die Variante Kalt-Warm-Kontrast präferiert wird.

    Hinweis zu Googledaten: Die Sprachgebrauchsdaten werden mit dem wissenschaftlich fundierten Recherchesystem des Instituts für deutsche Sprache Mannheim COSMAS II erhoben und durch Googlebefunde ergänzt. Die ergänzende Googlesuche ist notwendig, da in der Textsammlung des IdS (DeReKo = Deutsches Referenzkorpus), obwohl diese inzwischen 24 Milliarden Wortformen umfasst, die gefragten Varianten häufig nur relativ selten vorkommen. Bei Google finden sich häufig deutlich mehr Treffer, die Zahlen sind aber aus den folgenden beiden Gründen mit Vorsicht zu genießen:

    1. Google unterscheidet nicht zwischen "echten" Sprachgebrauchstreffern und metasprachlichen Diskussionen. Die Frage zu downgeloadet/gedownloadet in unserem Forum bspw. ist auch ein Treffer bei Google. Insgesamt betrachtet machen die metasprachlichen Diskussionen aber in aller Regel den deutlich geringeren Anteil an den Gesamttreffern aus.

    2. Google bemüht sich um personalisierte und schnelle Suchergebnisse, die Treffergenauigkeit steht hier also nicht im Vordergrund. Dennoch - und deshalb wird hier trotz der genannten Einschränkungen auf Google zurückgegriffen - lassen sich doch Eindrücke über allgemeine Gebrauchstendenzen gewinnen.

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    Geändert von Jacqueline Weiß (22.09.2015 um 13:18 Uhr)

  3. #3
    Unregistriert Gast

    Standard

    Sehr geehrte Frau Weiß,

    herzlichen Dank für Ihre ausführliche Antwort!

    Im Grunde rätsle ich noch, ob "kalt" und "warm" hier nicht doch einen substantivischen Wert annehmen - denn mein erster Impuls war auch, beides großzuschreiben.

    Bei der Auffassung "Adjektiv" fände ich es überzeugender, hier §55 des Regelwerks anzuwenden, den Sie zitieren. Hier wird ja explizit davon gesprochen, dass Adjektive am Anfang eines Bindestrichkompositums großgeschrieben werden - d.h. also: nicht innerhalb des neu entstehenden Substantivs. Nach diesem Prinzip hatte ich dann entschieden, aber die Zweifel blieben.

    In der Duden Grammatik, 6. Auflage 1998, geht es in Randziffer 508 um Adjektive, die klein geschrieben werden, "obwohl sie formale Merkmale der Substantivierung aufweisen: Strafanzeige gegen unbekannt, von klein auf ...". Haben wir es hier vielleicht mit einem ähnlichen Fall zu tun? Im Rechtschreib-Duden, 26. Aufl. 2013 heißt es "auf kalt und warm reagieren".

    Oder ist das nun doch etwas ganz anderes?

    Ich würde mich freuen, Ihre Einschätzung dazu zu hören.

    Mit freundlichen Grüßen

  4. #4
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    Standard

    In Ihrer Nachfrage werden insgesamt drei Teilfragen aufgeworfen:
    1. Kann es sich bei den Wortbestandteilen kalt und warm um Substantivierungen handeln?
    2. Welcher Paragraph des amtlichen Regelwerks trifft auf die Rechtschreibung von Kalt-Warm-Kontrast am ehesten zu?
    3. In welchen Fällen werden Adjektive klein geschrieben, obwohl sie formal einem Substantiv gleichen.


    Ad 1: In Ihrem Beispiel von einer Substantivierung stellt insofern ein Problem dar, als dass es keine Marker gibt, die darauf hinweisen, dass hier eine Substantivierung vorliegen könnte. Zu diesen zählen laut dem Amtlichen Regelwerk die folgenden:

    a) ein vorangestellter Artikel
    b) ein vorangestelltes adjektivisches Attribut, Pronomen oder Zahlwort
    c) die Übernahme der Funktion als kasusbestimmtes Satzglied oder kasusbestimmtes
    Attribut

    Dass diese Marker nicht vorliegen, liegt vor allem daran, dass kalt und warm Wortbestandteile eines Kompositums sind und eben nicht alleine auftreten. Würden sie alleine auftreten, dann könnte anhand dieser Merkmale bestimmt werden, ob hier eine Substantivierung vorliegt. Man würde dabei feststellen können, dass weder das Wort Kalt noch Warm mit einer der drei genannten Marker im Deutschen auftritt, weswegen nicht erklärt werden könnte, warum es sich dann im Vorkommen im Kompositum um eine Substantivierung handeln sollte. Es lässt sich jedoch durch aussagen, dass warm und kalt durch ihr Vorkommen im Kompositum ‚substantivischen Wert‘ erlangen. Dies geschieht allerdings durch das Vorkommen im Kompositum und betrifft nicht die isolierte Verwendung dieser beiden Adjektive.

    Ad 2: Sie haben Recht, dass bei der Schreibung des Wortes Kalt-Warm-Kontrast der Paragraph 55 des Amtlichen Regelwerks greift. Mit diesem kann erklärt werden, dass der Wortbestandteil Kalt zu Beginn des Wortes groß geschrieben wird. Das Problem besteht allerdings darin, dass sich über diese Regel alleine nicht erklären lässt, ob der Wortbestandteil warm in der Mitte des Wortes groß- oder kleingeschrieben werden muss. Deswegen wurde versucht, über eine andere Regel eine mögliche Erklärung zu bieten, auch wenn diese nicht den Sonderfall des Kompositums berücksichtigt.

    Ad 3: Sie verweisen in Ihrem Beispiel auf eine Regel, die sich ebenfalls im Amtlichen Regelwerk wiederfinden lässt, nämlich auf den Paragraphen 58, der lautet „In folgenden Fällen schreibt man Adjektive, Partizipien und Pronomen klein, obwohl sie formale Merkmale der Substantivierung aufweisen.“ Dabei verweisen Sie auf das Beispiel auf kalt und warm reagieren. Hier wird vom Allgemeinen Regelwerk die Kleinschreibung vorgeschrieben. Dies wirkt zunächst irritierend, da kalt und warm in diesem Fall tatsächlich so wirken als ob es sich bei ihnen um ein Substantiv handelt. Dies liegt daran, dass vor dem Wort kalt/warm die Präposition auf steht, die standardsprachlich eine Nominalgruppe fordert, mit der angegeben wird, auf was reagiert wird. Eine solche Präposition ist dementsprechend ein Substantivmarker.

    Nun stellt sich die Frage, warum hier kalt und warm zwar formal Substantiven ähnlich sind, aber nicht großgeschrieben werden. Dabei greift hier der § 58 des Amtlichen Regelwerks, bei dem konkretisiert wird, wann formal an Substantiv erinnernde Adjektive klein geschrieben werden, nämlich in „bestimmte[n] feste[n] Verbindungen aus Präposition und nichtdekliniertem Adjektiv ohne vorangehenden Artikel“. Aufgrund dieser Regel müsste es lauten:

    Beispiel

    auf kalt und warm reagieren


    Dass dieser Fall anders funktioniert als Ihr Beispiel, liegt an mehreren Faktoren: Zum einen liegen in dem hier angeführten Beispiel zwei unterschiedliche Worte vor, die nicht zu einem verbunden worden sind. Zum anderen gibt es hier eine Präposition, die sich auf die zwei Wörter bezieht, durch die zumindest formal deutlich wird, dass sie die Funktion von Substantiven an dieser Stelle übernehmen. Bei dem Kompositum hingegen wird nicht klar, ob sie die Funktion eines Substantivs übernehmen oder lediglich ein Zusammenschluss von Adjektiv und Substantiv sind, wie in den folgenden Beispielen:

    Beispiel

    Magermilch
    Falschgeld
    Gebrauchtwagen


    In diesen Beispielen würde man nicht davon ausgehen, dass der erste Wortbestandteil substantiviert wurde, da es hier keinerlei Anzeichen für eine Substantivierung gibt. Dies könnte analog auch auf Ihr Beispiel Kalt-Warm-Kontrast zu treffen und deckt sich dann mit den unter 1 genannten Aspekten.

  5. #5
    Unregistriert Gast

    Standard

    Sehr geehrte Frau Weiß,

    vielen Dank für Ihre Antwort!

    Mit freundlichen Grüßen

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