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Thema: heißt es "das kannst du besser, als mancher Erwachsene" oder "das kannst du besser als mancher Erwachsener"?

  1. #1
    Unregistriert Gast

    Standard heißt es "das kannst du besser, als mancher Erwachsene" oder "das kannst du besser als mancher Erwachsener"?

    Wie ich auf die Frage gestoßen bin:
    Formulierung in einem Lernentwicklungsbericht

    Mit folgendem Nachschlagewerk versuchte ich dieser Frage auf den Grund zu gehen:
    Rechtschreibduden

  2. #2
    Registriert seit
    03.07.2014
    Ort
    Gießen
    Beiträge
    271

    Standard manch + substantiviertes Adjektiv

    Die Beantwortung Ihrer Frage ist Teil eines Forschungsprojekts zur Verständlichkeit von grammatischen Erklärungen. Wir bitten Sie deshalb darum, im Anschluss an die Lektüre der Antwort die Tools zur Bewertung (Fragebogen, Sternchenfunktion, Antwortoption) zu nutzen.

    Sprachsystem

    Das von Ihnen gewählte Beispiel wirft zwei Fragen auf:
    1. Muss vor dem als ein Komma stehen?
    2. Wie muss die Flexionsendung von Erwachsener lauten?

    Diese zwei Fragen sollen nun nacheinander beantwortet werden.

    Ad.1: Die Frage, ob in Ihrem Beispiel vor als ein Komma stehen muss, lässt sich mit nein beantworten. Im amtlichen Regelwerk heißt es „Vergleiche mit als oder wie in Verbindung mit einer Wortgruppe oder einem Wort sind keine Nebensätze; entsprechend setzt man kein Komma.“ (Amtliches Regelwerk, §74) Da in Ihrem Beispiel ein solcher Vergleich vorliegt, steht vor als kein Komma.

    Ad.2: Mit Ihrem Beispiel wird die Frage aufgeworfen, welche Flexionsendung das Wort Erwachsener aufweisen muss. Diese Frage stellt sich, da das Wort Erwachsener ein substantiviertes Adjektiv ist. Substantivierte Adjektive zeichnen sich dadurch aus, dass sie adjektivisch flektiert werden, was bedeutet, dass es auch bei ihnen die Unterscheidung zwischen starker und schwacher Flexion gibt, wie die folgende Tabelle zeigt:

    starke Flexion schwache Flexion
    Nominativ Erwachsener Erwachsene
    Genitiv Erwachsenen Erwachsenen
    Dativ Erwachsenem Erwachsenen
    Akkusativ Erwachsenen Erwachsenen

    Ob die starke oder schwache Flexion zu wählen ist, hängt vom syntaktischen Umfeld des substantivierten Adjektivs ab. Steht vor ihm ein Artikelwort mit Endung, dann ist die schwache Flexion zu wählen. Steht hingegen kein Artikelwort mit Endung vor dem substantivierten Adjektiv, dann muss es stark flektiert werden.

    Um nun zu entscheiden, ob in Ihrem Beispiel die starke oder schwache Flexion gewählt werden muss, muss geklärt werden, ob das Wort manch als Artikelwort fungiert. In der Dudengrammatik heißt es dazu, dass manch sowohl als Artikelwort als auch Pronomen gebraucht werden kann. (Vgl. Dudengrammatik, Randnummer 427) Allerdings schwankt die Flexion nach manch im Sprachgebrauch. (Vgl. Dudengrammatik, Randnummer 1526) Im Regelfall wird ein substantiviertes Adjektiv nach manch stark flektiert, wenn manch keine Endung aufweist, wie in folgenden Beispielen:

    Beispiel

    manch Kranker
    mit manch Abgeordnetem


    Trägt manch hingegen eine Endung, dann wird das substantivierte Adjektiv im Singular in der Regel schwach flektiert:

    Beispiel

    mancher Beamte
    mit mancher Geliebten


    Wendet man diese Regel auf Ihr Beispiel an, dann lässt sich erkennen, dass manch die Flexionendung -er trägt und Erwachsener dementsprechend schwach flektiert wird. Dies spricht für die folgende Variante:

    Beispiel


    Das kannst du besser als mancher Erwachsene.


     


    Sprachgebrauch


    Wie sich die Flexion nach manch im Sprachgebrauch tatsächlich verhält, soll anhand einer Stichprobe untersucht werden. Dazu wird in Google und Cosmas II, der digitalen Belegsammlung des Instituts für Deutsche Sprache (IDS), sowohl nach der Variante mit stark flektiertem als auch nach der Variante mit schwach flektiertem substantiviertem Adjektiv gesucht. Die Trefferzahlen zeigt die folgende Tabelle:

    Treffer in Cosmas IITreffer in Google
    mancher Erwachsene ca. 359 Treffer ca. 12.100 Treffer
    mancher Erwachsener ca. 136 Treffer ca. 7.590 Treffer

    Hieraus lässt sich erkennen, dass entsprechend der Einschätzung der Dudengrammatik die schwache Flexion nach manch im Sprachgebrauch überwiegt. Allerdings wird durch diese Analyse des Sprachgebrauchs auch deutlich, dass es Schwankungen in der Flexion nach manch gibt, denn die Trefferzahlen für die stark flektierte Variante sind nicht gering. Das bedeutet, dass die Einstufung von manch als Artikelwort nur bedingt zutrifft. Wenn dies der Fall ist und manch nicht zwangsläufig ein Artikelwort ist, sondern vielmehr wie ein Adjektiv funktioniert, dann lässt sich darüber die starke Flexion erklären.

    Hinweis zu Googledaten: Die Sprachgebrauchsdaten werden mit dem wissenschaftlich fundierten Recherchesystem des Instituts für deutsche Sprache Mannheim COSMAS II erhoben und durch Googlebefunde ergänzt. Die ergänzende Googlesuche ist notwendig, da in der Textsammlung des IdS (DeReKo = Deutsches Referenzkorpus), obwohl diese inzwischen 24 Milliarden Wortformen umfasst, die gefragten Varianten häufig nur relativ selten vorkommen. Bei Google finden sich häufig deutlich mehr Treffer, die Zahlen sind aber aus den folgenden beiden Gründen mit Vorsicht zu genießen:

    1. Google unterscheidet nicht zwischen "echten" Sprachgebrauchstreffern und metasprachlichen Diskussionen. Die Frage zu downgeloadet/gedownloadet in unserem Forum bspw. ist auch ein Treffer bei Google. Insgesamt betrachtet machen die metasprachlichen Diskussionen aber in aller Regel den deutlich geringeren Anteil an den Gesamttreffern aus.

    2. Google bemüht sich um personalisierte und schnelle Suchergebnisse, die Treffergenauigkeit steht hier also nicht im Vordergrund. Dennoch - und deshalb wird hier trotz der genannten Einschränkungen auf Google zurückgegriffen - lassen sich doch Eindrücke über allgemeine Gebrauchstendenzen gewinnen.
     


    Fazit: In Ihrem Beispiel ist sowohl die starke als auch die schwache Flexion nach manch denkbar. Zwar überwiegt im Sprachgebrauch die schwache Flexion, allerdings scheint der Status von manch als Artikelwort nicht fest zu sein, sodass sich dadurch auch die starke Flexion erklären lässt.

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