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Thema: Märchen des Orients oder Märchen des Orient

  1. #1
    Unregistriert Gast

    Standard Märchen des Orients oder Märchen des Orient

    Mit folgendem Nachschlagewerk versuchte ich dieser Frage auf den Grund zu gehen:
    nein

    Ich bin Märchenerzählerin und erstelle gerade ein Plakat, daher ist mir die korrekte Schreibweise richitg

  2. #2
    Registriert seit
    03.07.2014
    Ort
    Gießen
    Beiträge
    271

    Standard Monoflexion

    Die Beantwortung Ihrer Frage ist Teil eines Forschungsprojekts zur Verständlichkeit von grammatischen Erklärungen. Wir bitten Sie deshalb darum, im Anschluss an die Lektüre der Antwort die Tools zur Bewertung (Fragebogen, Sternchenfunktion, Antwortoption) zu nutzen.

    Sprachsystem


    In Ihrer Frage geht es darum, wie der Genitiv von Orient gebildet wird. Dazu kann allgemein festgehalten werden, dass der Genitiv von Orient Orients lautet. Das bedeutet, dass die Nominalgruppe lauten würde:

    Beispiel

    Märchen des Orients


    Allerdings gibt es im Deutschen einen Trend dahingehend, „dass die Kasusendungen von Substantiven innerhalb von Nominalgruppen abgebaut werden“. (Duden 9, S. 1000) Dies wird auch als Trend hin zur Monoflexion bezeichnet. Monoflexion bedeutet dabei, dass die grammatischen Merkmale einer Nominalgruppe nur an einem Bestandteil dieser markiert werden. Während es früher üblich war, dass bspw. der Genitiv sowohl am Artikel als auch am Substantiv markiert wird, neigen Sprachbenutzer heute dazu ihn nur noch an einem Bestandteil zu kennzeichnen. (Vgl. Dudengrammatik, Randnummer 1530) Die Voraussetzung dafür ist jedoch, dass mindestens ein Bestandteil der Nominalgruppe die grammatischen Merkmale eindeutig realisiert. Dies ist in ihrem Beispiel der Fall, da der Artikel des bereits hinreichend deutlich macht, dass hier eine Nominalgruppe im Genitiv Singular Maskulinum vorliegt. Durch diese eindeutige Markierung scheint es dem Trend entsprechend möglich zu sein, die Flexionsendung einzusparen. Allerdings gilt dieser Trend nicht für alle Nominalgruppen gleichermaßen und ist nicht immer standardsprachlich anerkannt. Laut Dudengrammatik überwiegt zwar bei (geographischen) Eigennamen im Maskulinum und Singular die Markierung des Genitivs mit der Endung –s, jedoch werden die endungslosen Formen nicht als falsch angesehen. (Vgl. Dudengrammatik, Randnummer 309) Das bedeutet, dass auch die folgende Variante möglich ist:

    Beispiel

    Märchen des Orient


     


    Sprachgebrauch


    Eine Stichprobe des Sprachgebrauchs soll nun Auskunft darüber geben, welche Variante von den Sprachbenutzern faktisch präferiert wird. Dazu wurde nach den von Ihnen vorgeschlagenen Varianten zum einen in Cosmas II, der digitalen Belegsammlung des Instituts für Deutsche Sprache (IDS), und zum andern mit der Suchmaschine Google gesucht. Dabei ergab sich folgende Trefferverteilung:

    Treffer in Cosmas IITreffer in Google
    des Orients ca. 3.700 Treffer ca. 437.000 Treffer
    des Orient ca. 147 Treffer ca. 53.500 Treffer

    Anhand dieser Tabelle lässt sich erkennen, dass beide Varianten im Sprachgebrauch vorkommen. Allerdings gibt es eine deutliche Präferenz für die Markierung des Genitiv-s, die demnach bei den Sprachbenutzern anerkannter ist.

    Hinweis zu Googledaten: Die Sprachgebrauchsdaten werden mit dem wissenschaftlich fundierten Recherchesystem des Instituts für deutsche Sprache Mannheim COSMAS II erhoben und durch Googlebefunde ergänzt. Die ergänzende Googlesuche ist notwendig, da in der Textsammlung des IdS (DeReKo = Deutsches Referenzkorpus), obwohl diese inzwischen 24 Milliarden Wortformen umfasst, die gefragten Varianten häufig nur relativ selten vorkommen. Bei Google finden sich häufig deutlich mehr Treffer, die Zahlen sind aber aus den folgenden beiden Gründen mit Vorsicht zu genießen:

    1. Google unterscheidet nicht zwischen "echten" Sprachgebrauchstreffern und metasprachlichen Diskussionen. Die Frage zu downgeloadet/gedownloadet in unserem Forum bspw. ist auch ein Treffer bei Google. Insgesamt betrachtet machen die metasprachlichen Diskussionen aber in aller Regel den deutlich geringeren Anteil an den Gesamttreffern aus.

    2. Google bemüht sich um personalisierte und schnelle Suchergebnisse, die Treffergenauigkeit steht hier also nicht im Vordergrund. Dennoch - und deshalb wird hier trotz der genannten Einschränkungen auf Google zurückgegriffen - lassen sich doch Eindrücke über allgemeine Gebrauchstendenzen gewinnen.
     



    Fazit: Beide Varianten lassen sich demnach sprachsystematisch begründen. Zwar lässt sich die Tendenz hin zur Monoflexion auch an Ihrem Beispiel erkennen, im Sprachgebrauch wird aber die Variante mit Genitiv-s bevorzugt.

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