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Thema: "Ziel des Projektes ist es, die Employability der Erwerbstätigen zu fördern" - Ist das "es" im einleitenden Satzteil richtigt? Oder muss es nicht ohne "es" richtiger heißen "Ziel des Projekts ist, die ..."

  1. #1
    joggel Gast

    Standard "Ziel des Projektes ist es, die Employability der Erwerbstätigen zu fördern" - Ist das "es" im einleitenden Satzteil richtigt? Oder muss es nicht ohne "es" richtiger heißen "Ziel des Projekts ist, die ..."

    Wie ich auf die Frage gestoßen bin:
    das ist eine langjährige Leidensgeschichte ...

    Der Satz ist nur ein Beispiel, auf das ich gerade gestoßen bin, für den Gebrauch von "es" in einleitenden Sätzen. Mich stört dieses "es" ungemein. Was ist grammatikalisch richtig - "Ziel ist es, ..." oder "Ziel ist, ..."?

  2. #2
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    Standard Korrelat-es

    Die Beantwortung Ihrer Frage ist Teil eines Forschungsprojekts zur Verständlichkeit von grammatischen Erklärungen. Wir bitten Sie deshalb darum, im Anschluss an die Lektüre der Antwort die Tools zur Bewertung (Fragebogen, Sternchenfunktion, Antwortoption) zu nutzen.

    Sprachsystem

    Ihre Frage bezieht sich auf den Gebrauch von es in zusammengesetzen Sätzen, in denen es im Hauptsatz steht und auf den Nebensatz verweist. In dieser Funktion wird das es als Korrelat bezeichnet:

    Beispiel

    (1) Es ist schön, dass du da bist.
    (2) Ich schätze es sehr, dass du da bist.

    In (1) ist es Korrelat zum Subjektsatz (dass du da bist), in (2) zum Objektsatz (dass du da bist). Die am häufigsten diskutierte Frage ist dabei in der Tat, wie die Setzung solcher es-Korrelate gesteuert wird bzw. wann es im Hauptsatz stehen muss/kann oder gar nicht stehen darf. Die grammatische Fachliteratur zu dieser Problematik ist sehr umfangreich und es gibt sowohl theoretische Arbeiten als auch solche, die Auszählungen vornehmen und dabei Regeln zu rekonsturieren versuchen. Die Untersuchungen zeigen insgesamt, dass man kaum hundertprozentige Regeln findet, sondern eher von Tendenzen sprechen kann, und dass die Setzung von Korrelaten von mehreren Faktoren abhängt. So muss u.a. berücksichtigt werden, was für ein Verb im Hauptsatz steht oder ob der im Nebensatz bezeichnete Sachverhalt kontrastiert wird:

    Beispiel

    (3) Ich halte es für sinnvoll, die anderen vorher zu informieren.
    (4) Ich vermute, dass Otto noch kommt.
    (5) Dass wir alle Fragen beantworten können, stimmt nicht. Wahr ist eher, dass wir viele Fragen beantworten können.

    Die Beispiele (3) und (4) sind der Dudengrammatik entnommen (2009, S. 1055). Dort kann man dazu lesen, dass bei dem Verb halten normalerweise ein Korrelat gesetzt wird, während bei dem Verb vermuten normalerweise kein Korrelat steht. Wie man sieht, wird hier vorsichtig formuliert („normalerweise“). Was (5) angeht, so heißt es in einschlägigen Untersuchungen zu es, dass der Kontrast (hier: zwischen „stimmt nicht“ und „wahr ist eher“) dafür verantwortlich ist, dass im Hauptsatz Wahr ist eher kein Korrelat-es steht. Als einschlägiger Faktor wird oft auch Vorerwähntheit angeführt. Dabei geht es darum, ob der im Nebensatz bezeichnete Inhalt vorher schon erwähnt wurde. Ist dem so, so wirkt dies korrelatbegünstigend. Relevant ist zudem im Allgemeinen, wo das jeweilige Korrelat im Hauptsatz steht. Denn im so genannten Vorfeld, d.h. vor dem finiten Verb am Satzanfang (s. (1)), ist es grundsätzlich immer möglich, was praktisch heißt, dass die Frage nach der Setzung des Korrelat-es hauptsächlich die Fälle betrifft, in denen das es im so genannten Mittelfeld, also nach dem Finitum, steht bzw. nicht steht, vgl. (2) und (3) bzw. (4) und (5).
    Für Ihr Beispiel muss vor dem Hintergrund des oben Gesagten zunächst Folgendes berücksichtigt werden: Der Hauptsatz enthält ein Kopulaverb (ist), es ist also ein Kopulasatz, und das Korrelat steht im Mittelfeld. Zu Kopulasätzen gibt es zwar Ergebnisse aus der Forschung, die auf den oben erwähnten Faktoren aufbauen. Allerdings handelt es sich dabei in den allermeisten Fällen um Beispiele mit Adjektiven wie schön in (1) oder wahr in (5). In Ihrem Beispiel steht jedoch eine Nominalgruppe (Ziel des Projektes). An dieser Stelle lohnt sich ein Blick auf den Sprachgebrauch.
     


    Sprachgebrauch

    Um zu überprüfen, ob die Variante mit oder die ohne es im Sprachgebrauch präferiert wird, wurde mithilfe von COSMAS II, der digitalen Belegsammlung des Instituts für Deutsche Sprache (IDS), nach beiden Varianten gesucht. Dabei ergab sich folgendes Ergebnis:

    Beispiel

    mit es: ca. 39.100 Treffer
    ohne es: ca. 7600 Treffer

    Die es-haltige Variante ist also ungefähr fünfmal häufiger zu finden als die es-lose. Dabei wurde die Suche so gestaltet, dass die Struktur Ihres Beispiels grundsätzlich beibehalten wurde. Lediglich an der Stelle des Artikels des wurde auch der eingefügt, um auch feminine und pluralische Substantive im Genitivattribut zu erfassen (Bsp.: Ziel der Initiative/Ziel der Forscher ist es). Diese Entscheidung, Ihre Originalstruktur beizubehalten, ist darauf zurückzuführen, dass davon ausgegangen werden kann, dass das Beispiel in Ihrer Frage stark musterhaft sein kann, dass es also eine stark konventionalisierte „Floskel“ Ziel (+ Genitivattribut) ist es, […] gibt, die hauptsächlich in Projektbeschreibungen, -anträgen sowie in wissenschaftlichen Texten zu sehen ist und in solchen Texten häufig vorkommt. Sucht man bspw. nach Ziel ist es, […] (ohne Genitivattribute wie des Projektes), so bekommt man an die 150.000 Treffer. Auch die bei Gattungsnamen ansonsten unübliche Artikellosigkeit (Ziel statt das Ziel) ist ein Zeichen für einen festen Ausdruck. Die Korpusrecherche zeigt zudem, dass auch die Wahl des Substantivs im Kopulasatz wichtig ist. Sucht man bspw. nach Problem statt Ziel (Bsp.: Das Problem ist, dass […]), so gibt es gar keine Treffer mit es, wohl aber solche ohne (35.000).
    Insgesamt kann man also mit Bezug auf Ihr Beispiel sagen, dass in Kopulasätzen mit einem Substantiv die Wahl des jeweiligen Substantivs sowie Musterhaftigkeit entscheidend sein können. Für Ihr Beispiel gilt dabei nach den Belegen im verwendeten schriftsprachlichen Korpus, dass der Sprachgebrauch die Variante mit es bevorzugt.
     

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    Geändert von Dániel Czicza (03.12.2015 um 08:15 Uhr)

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