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Thema: Endungen m/n

  1. #1

    Standard Endungen m/n

    Ich hätte 3 Sätze, bei denen ich mir bei den Endungen unsicher bin:

    -Nur bei klare____m/n, warme___/nm, sonnig____/nm Wetter

    -Bei solch törichte____m/n Geschwätz

    -Auf dessen erschöpfte___m/n Gesicht sich Enttäuschung breit machte.


    Gefühlsmäßig hätte ich beim 1 Satz gesagt: klarem,warmen, sonnigen Wetter
    2 Satz: Bei solch törichtem Geschwätz, Satz 3 Auf dessen erschöpftem Gesicht...

    Jedoch weiß ich dazu leider keine genauen Grammatikregeln.

    Herzlichen Dank für Eure Antwort.
    Geändert von Lars Bepler (01.09.2016 um 12:40 Uhr)

  2. #2

    Standard Schwache oder starke Adjektivdeklination

    Die Beantwortung Ihrer Frage ist Teil eines Forschungsprojekts zur Verständlichkeit von grammatischen Erklärungen. Wir bitten Sie deshalb darum, im Anschluss an die Lektüre der Antwort die Tools zur Bewertung (Fragebogen, Sternchenfunktion, Antwortoption) zu nutzen.

    Sprachsystem

    Ihre Zweifelsfälle betreffen die Auswahl zwischen schwacher und starker Adjektivdeklination. Je nach Deklination können Adjektive unterschiedliche Endungen erhalten:

    Deklinationstabelle 1 für schwach deklinierte Adjektive (Neutrum, Singular)
    Nominativ (dieses) klare Wetter
    Genitiv (dieses) klaren Wetters
    Dativ (diesem) klaren Wetter
    Akkusativ (dieses) klare Wetter

    Deklinationstabelle 2 für stark deklinierte Adjektive (Neutrum, Singular)
    Nominativ klares Wetter
    Genitiv klaren Wetters
    Dativ klarem Wetter
    Akkusativ klares Wetter
    Um beim ersten Fall zu entscheiden, ob das Adjektiv schwach oder stark dekliniert wird, bedient man sich zweier Prinzipien: Monoflexion beschreibt, dass es in einer Nominalgruppe nur einen Hauptmerkmalträger gibt, der den Kasus markiert. Wenn das Adjektiv Hauptmerkmalträger ist, wird es stark dekliniert. Da in der Nominalgruppe ihres ersten Beispiels kein Artikel vorhanden ist (man spricht auch von einem Nullartikel), kann das Adjektiv nur Hauptmerkmalträger sein. Parallelflexion beschreibt, dass bei einer Reihung alle Adjektive entweder schwach oder stark flektiert werden. Wenn man dies auf den ersten Fall anwendet, kommt man zu folgendem Ergebnis:

    Fall I
    nur bei klarem, warmem, sonnigem Wetter (Dativ, stark)
    nur bei (diesem) klaren, warmen, sonnigen Wetter (Dativ, schwach)
    Im Fall I, für den die Deklinationstabellen oben angelegt wurden, stehen in Ihrem Beispiel die Dative der Deklinationen zur Auswahl. Nach den genannten Prinzipien (es ist kein Artikel vorhanden, die Adjektive werden parallel flektiert) würden alle drei Adjektive stark dekliniert werden. Gerade im Singular Dativ Neutrum tritt jedoch häufig Wechselflexion auf, vor allem bei einem Unterordnungsverhältnis:
    Sie entließen den Patienten in gebessertem psychischen Zustand.
    (Der psychische Zustand hat sich gebessert.)
    Parallelflexion bedeutet in der Regel Gleichrangigkeit. Diese ist durch die Einsetzbarkeit von und zu überprüfen und in Ihrem Beispiel gegeben:

    *Sie entließen den Patienten in gebessertem und psychischen Zustand.
    nur bei klarem und warmem und sonnigem Wetter
    Fall II
    bei solch törichtem Geschwätz (Dativ, stark)
    bei solch (einem) törichten Geschwätz (Dativ, schwach)
    In Fall II steht vor dem Adjektiv solch, ein Pronomen, das hier wie ein unbestimmter Artikel gebraucht wird (wie so ein). Bei unbestimmten Artikeln gilt, dass das Adjektiv Hauptmerkmalträger ist, wenn die nominalen Kategorien wie der Kasus nicht am Artikel markiert sind. Das trifft auf dieses Beispiel zu, weshalb das Adjektiv stark flektiert wird.
    Da es sich bei der Kombination aus solch und Adjektive um einen speziellen Fall handelt und durchaus Schwankungen zwischen schwacher und starker Adjektivdeklination im Sprachgebrauch existieren können, schauen wir uns diesen unterhalb der sprachsystematischen Erklärung nochmal genauer an.

    Fall III
    auf dessen erschöpftem Gesicht sich Enttäuschung breit machte (Dativ, stark)
    auf dessen (fahlem) erschöpften Gesicht sich Enttäuschung breit machte (Dativ, schwach)
    In Fall III steht vor dem Adjektiv die Genitivform dessen. Hierbei handelt es sich um ein Pronomen, das als vorangestelltes Genitivattribut fungiert, und nicht um einen Artikel. Aus dem Grund wird das Adjektiv in dem Fall stark flektiert wird. Auch hier liegt aufgrund von dessen ein spezieller Fall vor, bei dem wir noch eine Analyse des Sprachgebrauchs hinzuziehen, um zwischen schwacher und starker Adjektivdeklination auszuwählen.
     


    Sprachgebrauch

    Die Sprachgebrauchsanalyse basierend auf dem Korpus COSMAS II des Instituts für deutsche Sprache in Mannheim anhand der Beispiele solch hohen Niveau und solch hohem Niveau zeigt:
    solch hohem Niveau: 110 Treffer
    solch hohen Niveau: 0 Treffer
    Die schwache Deklination des Adjektivs nach solch tritt folglich im Sprachgebrauch nicht auf. Im Fall III zeigt die Sprachgebrauchsanalyse anhand der Beispiele mit dessen deutschem und mit dessen deutschen:
    mit dessen deutschem: 8 Treffer
    mit dessen deutschen: 0 Treffer
    Da die geringen Trefferzahlen nicht besonders aussagekräftig sind, erweitern wir diese mit den Ergebnissen basierend auf dem Korpus der Wochenzeitung „DIE ZEIT“ und „DIE ZEIT online“ im DWDS-Korpus:
    dessen großem: 11 Treffer
    dessen deutschem: 11 Treffer
    dessen hohem: 4 Treffer
    dessen gutem: 4 Treffer
    dessen großen: 6 Treffer
    dessen deutschen: 0 Treffer
    dessen hohen: 0 Treffer
    dessen guten: 0 Treffer
    Die Trefferzahlen sind zwar weiterhin gering, jedoch lässt sich die Tendenz erkennen, dass die starke Adjektivdeklination überwiegt. Dass die Wahl des Sprachbenutzers auch auf die schwache Adjektivdeklination nach der Genitivform dessen fällt, lässt sich vermutlich dadurch erklären, dass dessen für einen bestimmten Artikel gehalten werden könnte.
     


    Fazit
    Ob ein Adjektiv schwach oder stark dekliniert wird, hängt davon ab, ob ein bestimmter Artikel oder (bei unbestimmten und Nullartikeln) das Adjektiv selbst Hauptmerkmalträger ist. Im ersten Fall werden die drei gleichrangigen Adjektive folglich nach dem Prinzip der Parallelflexion alle stark dekliniert. Im zweiten Fall wird solch wie ein unbestimmter Artikel gebraucht, weshalb das Adjektiv Hauptmerkmalträger ist und stark flektiert wird. Die Sprachgebrauchsanalyse hat bestätigt, dass die starke Deklination bevorzugt wird. Im Fall III überwiegt ebenfalls die starke Adjektivdeklination; die schwache Adjektivdeklination lässt sich dadurch erklären, dass die Genitivform dessen vermutlich fälschlicherweise als bestimmter Artikel gelesen wird.
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    Geändert von Lars Bepler (10.06.2017 um 21:38 Uhr)

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