Der Konjunktiv ist ein Modus und zählt damit zu den Merkmalen eines Verbs. Im Unterschied zum Indikativ wird ein Sachverhalt durch den Konjunktiv nicht als tatsächlich gegeben dargestellt, sondern ist vom Sprecher in gewisser Weise gekennzeichnet.
Im Konjunktiv gibt es unterschiedliche Formen, die als
Konjunktiv I und
Konjunktiv II bezeichnet werden. Der Konjunktiv I wird dabei aus dem Präsensstamm eines Verbs gebildet, der Konjunktiv II aus dem Stamm des Präteritums. In vielen Fällen sind die Formen des Konjunktivs unterspezifiziert. Das bedeutet, dass die Formen im Konjunktiv den Formen im Indikativ entsprechen und somit kein Unterschied zwischen diesen Formen festzustellen ist. Zudem gibt es den sogenannten
würde-Konjunktiv, der laut dem Wörterbuch der sprachlichen Zweifelsfälle (Duden 9) als Kennzeichen der gesprochenen Sprache gilt. Unter bestimmten Bedingungen hat sich der würde-Konjunktiv aber auch in der geschriebenen Standardsprache durchgesetzt. Neben der Bildung unterscheiden sich die Konjunktivformen auch im Gebrauch. Nach der Dudengrammatik (Duden 4) werden die Konjunktivformen unter folgenden Bedingungen gebraucht.
Konjunktiv I- Indirekte Redewiedergabe
- Ausdruck einer Aufforderung, eines Wunsches
- Irreale Vergleichssätze
Konjunktiv II- Ausdruck von etwas Irrealem, Vorgestelltem oder Möglichem
- Indirekte Redewiedergabe, vor allem dann, wenn die Formen des Konjunktiv I nicht eindeutig sind
- Ausdruck der Höflichkeit und der Unverbindlichkeit
Würde-Konjunktiv- Bezug zur Zukunft, futuristischer Gebrauch
- Erlebte Rede
- anstelle von altertümlich wirkenden Konjunktivformen
- Indirekte Rede, wenn Formen des Konjunktiv I nicht eindeutig sind
Zu den Beispielen:
Die folgenden Aussagen zum Gebrauch des Konjunktivs in den einzelnen Beispielen beziehen sich vorwiegend auf die Angaben aus der Dudengrammatik. Im Sprachgebrauch treten jedoch auch immer Formen und Verwendungsweisen auf, die (noch) nicht als standardsprachlich gelten, was den Zweifel bezüglich der Formen hervorrufen kann. Diese müssen nicht zwangsläufig
„falsch“ sein, werden bei den folgenden Erläuterungen aber nicht weiter berücksichtigt.
1. Könntest du dir vorstellen, wie du an deinem Zielort am Strand spazieren gehst, was wiederum bedeutet/ bedeuten würde, dass dein Flugzeug nicht abgestürzt sein kann/sein könnte.
Um etwas Irreales oder Vorgestelltes auszudrücken, wird laut der Dudengrammatik in der Regel der Konjunktiv II verwendet, der mit dem Stamm des Präteritums gebildet wird. Sowohl für das Verb gehen als auch für das Verb bedeuten müssten dementsprechend die Formen im Konjunktiv II gebraucht werden, sodass der Satz Könntest du dir vorstellen, wie du an deinem Zielort am Strand spazieren gingest, was wiederum bedeutete… lautet. Jedoch ist bedeutete keine eindeutige Form des Konjunktivs II, da diese auch in der 1. und 3. Person Singular den Indikativ Präteritum ausdrücken kann. Zudem kann anstelle von altertümlich wirkenden Konjunktivformen auch der würde-Konjunktiv verwendet werden, was an dieser Stelle ebenfalls die Form bedeuten würde legitimiert. In beiden Fällen dient der Konjunktiv II dazu, etwas Irreales bzw. Vorgeselltes auszudrücken. Da diese Funktion auch von dem einleitenden Könntest du dir vorstellen… übernommen wird, wäre auch der Indikativ an dieser Stelle denkbar. Gleiches gilt für …dass dein Flugzeug nicht abgestürzt sein kann/ sein könnte, wobei entweder wieder der Konjunktiv II sein könnte als Ausdruck von etwas Irrealem verwendet werden kann, aufgrund der Faktizität diese Aussage aber auch im Indikativ sein kann stehen könnte.
2. Wir fühlen uns in diesem Moment einfach nicht bereit, obwohl uns unser Instinkt sagt, dass dies die Entscheidungen sind/seien, die uns unseren Zielen näher bringen/bringen würden/ brächten.
Im übertragenen Sinne handelt es sich bei diesem Beispiel um einen Satz mit indirekter Rede, bei der nach der Dudengrammatik die indirekte Rede durch den Konjunktiv I ausgedrückt werden kann. Für dass dies die Entscheidungen sind/seien folgt daher, dass seien hier als Konjunktiv I verwendet werden kann. An dieser Stelle sei jedoch auch angemerkt, dass die Wiedergabe von indirekter Rede nicht zwangsläufig im Konjunktiv erfolgen muss. Nach dem Wörterbuch der sprachlichen Zweifelsfälle (Duden 9) ist der Gebrauch des Konjunktivs bei der indirekten Rede nicht notwendig, wenn bereits gekennzeichnet ist, dass es sich um eine Redewiedergabe handelt. So kann beispielsweise bei einem redeeinleitenden Ausdruck wie …sagt, dass… auch der Indikativ (sind) verwendet werden.
Für die uns unseren Zielen näher bringen/bringen würden/brächten gilt ebenfalls, dass die indirekte Rede durch den Konjunktiv I gekennzeichnet werden kann. Da der Konjunktiv I von bringen in der 3. Person Plural dem Indikativ bringen entspricht, kann nach der Dudengrammatik an dieser Stelle auf den Konjunktiv II brächten oder den würde-Konjunktiv (bringen würden) ausgewichen werden. Für den Konjunktiv II würde ebenfalls sprechen, dass mit der Aussage eine gewisse Potentialität verbunden ist, also dass neben der inhaltlichen Aussage auch die Einstellung des Sprechers zur Aussage ausgedrückt werden kann. Jedoch kann die Form brächte im Konjunktiv II gehoben wirken weshalb auch der würde-Konjunktiv an dieser Stelle eine Alternative sein kann.
3. …dass morgen dieser Tag gekommen sei
Bei dem Ausdruck …dass morgen dieser Tag gekommen sei handelt es sich um eine Aussage in der Zukunft, weshalb an dieser Stelle Futur I (kommen wird) oder Futur II (gekommen sein wird) verwendet werden kann. Ob auch der Ausdruck …dass morgen dieser Tag gekommen sei verwendet werden kann, hängt vom jeweiligen sprachlichen Kontext ab. Charakteristisch ist hier die Verbindung von morgen und der Zeitform des Perfekt. Diese Verbindung wird auch im Indikativ verwendet, setzt aber voraus, dass der Konjunktiv Perfekt gekommen sei Bezugstempus für ein weiteres Ereignis in der Zukunft ist. Beispielsweise in einem Satz wie Er glaubte daran, dass morgen dieser Tag gekommen sei, bei dem der Konjunktiv eine ähnliche Funktion wie bei der indirekten Redewiedergabe hat, wäre dieser Ausdruck denkbar. Prinzipiell gelten dabei die Regeln der Verwendung, die für den Konjunktiv I oben erläutert wurden. Das schließt jedoch nicht aus, dass dieser auch abweichend davon verwendet werden kann.
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