Um Ihre Frage zu beantworten, gilt es zunächst einmal festzustellen, was das Wörtchen
wo „darf“ und was nicht, d. h. welche Funktionen es in einem Satz übernehmen kann. So würde man das Fragewort
wo, mit dem nach einem Ort gefragt wird, der Wortart Adverb zuordnen.
Beispiel
(1) „
Wo wohnen Sie?“ – „In Gießen.“ > Fragehauptsatz
(2) „Ich frage mich,
wo sie wohnt.“ > Fragenebensatz (indirekter Fragesatz)
In Ihren Beispielen
die Situation, wo ... und
der Moment, wo ... liegen allerdings weder direkte noch indirekte Fragesätze vor, sondern Relativsätze.
Relativsätze sind Nebensätze, die sich auf ein Element des übergeordneten Satz beziehen und nähere Informationen zu diesem liefern. Typischerweise werden sie durch Relativpronomina (vor allem
der, die, das und
welcher, welche, welches) eingeleitet.
Beispiel
(3) Er las
das Buch,
das/
welches ich ihm geschenkt hatte. (vgl. Duden 2009: 1030)
(4) Walhalla ist
der Ort,
an den/
an welchen Odin die gefallenen Krieger beruft.
Geht dem Relativpronomen wie in Beispiel (4) eine Präposition voraus, können Präposition und Relativpronomen sehr oft auch durch ein
Adverb ersetzt werden, das dann deren
Funktion als Relativsatzeinleiter übernimmt.
Beispiel
(4a) Walhalla ist
der Ort,
wohin Odin die gefallenen Krieger beruft.
Dementsprechend kann auch das Adverb
wo die Funktion des Relativsatzeinleiters übernehmen (Peter Eisenberg nennt es dann ein Relativadverb, vgl. Eisenberg 2006: 277).
Beispiel
(5) Heimat ist für mich
der Ort,
wo man Kindheit und Jugend verbringt (oder:
an dem man Kindheit und Jugend verbringt)
Dass man sich mit einem solchen mit
wo eingeleiteten Relativsatz auf einen Ort beziehen kann, ist daher vermutlich unumstritten. Aber auch der
Bezug auf einen Zeitpunkt oder eine Zeitspanne wird von aktuellen Nachschlagewerken zur deutschen Grammatik anerkannt.
Beispiel
(6)
der Augenblick,
wo er sie sah (oder:
in dem/
als er sie sah)
(7)
die Zeit,
wo das Wünschen noch geholfen hat (oder:
in der/
als das Wünschen noch geholfen hat) (vgl. Wahrig „Fehlerfreies und gutes Deutsch“)
Demzufolge sind auch Verwendungsweisen wie
die Situation, wo ... und
der Moment, wo ... nicht falsch.
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