Ihre Frage betrifft einerseits das Thema textueller Verweise durch Personalpronomina, andererseits geht es dabei um die Wirkung spezifischer Konstruktionen auf Grammatik und Bedeutung. Interessant ist zudem, dass gerade das sonst als Pronomen bekannte
es häufig in Konstruktionen begegnet, in denen es nicht über die bei Personalpronomina übliche
Verweisfunktion verfügt oder in denen der Verweis nicht klar zu bestimmen ist:
Beispiel
(1) Wir gehen heute nicht spazieren.
Es regnet nämlich.
(2) Wir saßen im Wohnzimmer. Plötzlich klopfte
es.
Im ersten Beispiel geht
es eine feste Verbindung mit dem Verb (
regnet) ein, ohne dass es auf irgendeine Einheit im vorangehenden Kontext Bezug nimmt – wie es sonst bei Personalpronomina in der Regel der Fall ist. Im zweiten Beispiel steht das Klopfen als Ereignis im Mittelpunkt. Es ist dabei irrelevant, wer klopft, das neutrale
es ist hier also die ideale Wahl.
In Ihrem Beispiel „Wo ist der Balkon? Er ist dort.“ verweist das Pronomen
er auf die Nominalphrase
der Balkon, die ihm vorangeht. Ein solcher Verweis muss auch für Ihre fraglichen Beispiele mit
es vorausgesetzt werden:
Beispiel
Auf der Straße lag
ein Gegenstand.
Es war ein Ball,
es war keine Mango.
Auffällig ist hier, dass
es mit ein Gegenstand im Genus (dem grammatischen Geschlecht)
nicht abgestimmt ist. Genau darin besteht der wichtige Unterschied zu dem Beispiel mit
er und
der Balkon. Dass
ein Ball und
keine Mango mit
es auch nicht übereinstimmen, ist also bezüglich Ihrer Fragestellung nicht relevant, da
es nicht auf
ein Ball und
keine Mango, sondern – wie
er auf
der Balkon – auf die im vorangehenden Kontext stehende Nominalphrase
ein Gegenstand Bezug nimmt. Dabei ist die fehlende Abgestimmtheit auf eine spezifische Konstruktion mit
es zurückzuführen.
Bei den beiden Sätzen
Es war ein Ball und
Es war keine Mango handelt es sich um sogenannte Kopulasätze. Dabei verbindet das Kopulaverb
sein jeweils das am Satzanfang stehende Subjekt
es mit dem Prädikativ (Prädikatsnomen)
ein Ball bzw.
keine Mango. Solche
Kopulasätze mit es haben die besondere Funktion, einen Gegenstand oder eine Person zu identifizieren oder zu charakterisieren, wobei das zu Identifizierende/Charakterisierende (im obigen Beispiel:
ein Gegenstand) durch das
es zunächst einmal neutral eingeführt wird – im wahrsten Sinne des Wortes, denn hier wird tatsächlich auf die Neutrumform des Pronomens zurückgegriffen und nicht etwa auf die Form, die hinsichtlich des Genus mit der vorangehenden Nominalphrase abgestimmt ist (also nicht *
Er war ein Ball). Die Konstruktion mit
es +
sein + Nominalphrase überschreibt also sozusagen die im
Balkon-Beispiel geltende allgemeine Regel des textuellen Verweises. Die Funktion des Identifizierens und Charakterisierens geht hier vor der Regel des textuellen Verweises, derzufolge
ein Gegenstand ja wieder mit dem Pronomen
er hätte aufgegriffen werden müssen.
In diesem Zusammenhang ist zu sagen, dass Ihr Hinweis auf eine Art
Betonung mit einer kleinen Korrektur richtig ist, indem
es in solchen Konstruktionen zunächst auf etwas Bekanntes neutral verweisen kann, wobei dieses Bekannte dann durch das Prädikativ (
ein Ball, keine Mango) identifiziert oder charakterisiert wird, das in diesem Sinne tatsächlich wichtiger, also betonter ist.
Ihre Idee der
Ersetzung von das durch es ist völlig richtig, denn die erwähnten
das-Sätze
Das ist ein Ball und
Das ist keine Mango sind von der Grundfunktion der Identifizierung und Charakterisierung her analog zu den
es-Sätzen. Der Unterschied besteht allerdings darin, dass
das in der Regel in Gesprächssituationen bevorzugt wird, etwa wenn gleichzeitig mit der Äußerung auf den jeweiligen Gegenstand (z. B. mit dem Finger) gezeigt wird, oder wenn das zu Identifizierende/Charakterisierende um zusätzliche Informationen ergänzt werden soll, vgl.
Das da oben im Regal ist eine Mango (nicht *
Es da oben im Regal ist eine Mango).
Von Dániel Czicza